Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
aussah wie jemand, der immer recht hatte.
    «Ist das alte Mädchen schon früher einmal hier gewesen?» fragte Morse.
    «Wie kommen Sie darauf, daß sie ein     «Na, mit dem Namen! Doris Arkwright — ich wette, die hat Anfang des Jahrhunderts als junges Mädchen irgendwo in Lancashire in einer Fabrik gearbeitet, und jetzt geht sie auf die Neunzig zu, will noch etwas vom Leben haben und macht mit ihrem alten Austin die Straßen unsicher.»
    Sarah öffnete den Mund, um zu protestieren, fand es dann aber doch klüger zu schweigen. Morse hatte sich eine Brille auf die Nase , gesetzt (ein billiges Krankenkassengestell, wie Sarah abschätzig feststellte) und las den Brief von Doris Arkwright zum zweitenmal.
    «Glauben Sie, sie hat etwas mit dem Mord zu tun?» fragte Sarah.
    «Tja...» Morse ließ sie ein paar spannungsgeladene Sekunden zappeln, dann nahm er die Brille ab und schaute sie spöttisch an. «Nein, ich halte es sogar für ausgeschlossen, aber vielleicht sind Sie da ja anderer Meinung, Miss Jonstone?»

Kapitel Zehn

MITTWOCH, 1 . JANUAR

    Er war früher einmal Arzt und ist jetzt Leichenbestatter; aber seine jetzige Tätigkeit unterscheidet sich kaum von seiner früheren.
    Martial

    Für Lewis brachte der Abend des Neujahrstages Routinearbeit — ebenso notwendig wie langweilig. Die Aufgeregtheit der letzten Stunden hatte sich gelegt, denn selbst Mord verliert nach einiger Zeit an Neuigkeitswert. Das Hotel, gestern noch so anheimelnd und festlich, wirkte heute unpersönlich und nicht mehr besonders einladend. Die hohen Räume lagen in kühles, helles Neonlicht getaucht, die Gäste standen oder saßen — allein oder zu mehreren — und warteten. Morse hatte Lewis gebeten, zusammen mit Phillips die Personalien und Anschriften der zurückgebliebenen Gäste zu überprüfen und mit so vielen wie möglich eine erste Befragung durchzuführen. Die, die er nicht mehr schaffe, könne Phillips übernehmen. Er möge versuchen, sich eine Art synoptischen Überblick über die Ereignisse des vergangenen Abends zu verschaffen, vor allem offen für Hinweise zu sein, welcher Art auch immer, ob sie bei diesem Fall möglicherweise mit einem psychopathischen Mörder zu rechnen hätten. Die noch ausstehenden Programmpunkte des Silvester-Arrangements waren natürlich abgesagt worden. Der Spieleraum lag verlassen, kein Klicken von Billardkugeln, kein Plop eines Pfeils auf der Darts-Scheibe durchbrach die bedrückende Ruhe. Der Mord hatte alles zum Stillstand gebracht.
    Lewis und seine Familie hatten Weihnachten und Silvester immer zu Hause, in dem Doppelhaus in Headington, das sie zur Hälfte bewohnten, gefeiert, und obwohl der Sergeant der letzte war, der geleugnet hätte, daß Familienleben durchaus nicht immer idyllisch ist, war er doch bisher nie auf die Idee gekommen, über die Feiertage zu verreisen. Nun jedoch, und das war unter den gegebenen Umständen schon etwas merkwürdig, dämmerten ihm zum erstenmal die Vorteile eines Weihnachten oder Silvester außer Haus: keine hektischen, in letzter Minute getätigten Einkäufe im Supermarkt, kein tagelanges Herumstehen in der Küche, um Soßen und Füllungen vorzubereiten, und, wenn schließlich alles vorbei war — keine Abwaschberge. Ja, er würde seiner Frau den Vorschlag machen, auch einmal über die Feiertage wegzufahren und alles hinter sich zu lassen, denn eines hatte sich bei der Befragung der Gäste so ganz nebenbei herausgestellt: Sie alle hatten sich wunderbar amüsiert — bis man die Leiche entdeckte.
    Wo Morse die ganze Zeit über steckte, war Lewis nicht ganz klar. Zu Beginn des Abends hatte er die Frau am Empfang befragt, und das hatte ihn eine ganze Zeitlang in Anspruch genommen, aber danach? — Lewis hatte keine Ahnung. Die Frau in der Rezeption hatte ihm übrigens gefallen. Er fand sie auf unaufdringliche Weisel hübsch, und er mochte, wie sie sprach — ruhig und die Worte mit Bedacht gewählt, ein angenehmer Kontrast zu der ruppigen Art, in der Morse sie befragte. Der Chef war, nachdem er den unglücklichen Phillips zusammengestaucht hatte, offenbar noch etwas gereizt gewesen und hatte seine schlechte Laune an allem und jedem ausgelassen. Und da hatte Sarah Jonstone — ganz unverdient, wie Lewis fand — eben auch ihr Teil abbekommen.
    Kurz nach 22 Uhr tauchte der Pathologe wieder im Hauptgebäude auf, die unvermeidliche Zigarette im Mundwinkel, in der einen Hand seinen schwarzen Arztkoffer, in der

Weitere Kostenlose Bücher