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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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er sich eine neue Zigarette an und fuhr in seiner Aufzählung fort.
    «Achtzehntens — Todesursache? Vermutlich ein einziger, kräftig geführter Schlag quer über das Gesicht, der das rechte obere Schläfenbein, das Nasenbein und das linke Jochbein zertrümmert hat.»
    Morse schwieg.
    «Neunzehntens — er war bestimmt kein Bauarbeiter; viel zu gepflegte Fingernägel und auch keine Schwielen an den Händen.»
    «Na, endlich kommst du mal zum Wesentlichen!»
    «Nein, ich glaube, da gibst du dich falschen Hoffnungen hin-das war schon der vorletzte Punkt.»
    «Das heißt, daß ich jetzt erfahre, wer er ist?» sagte Morse sarkastisch. Der Pathologe schüttelte den Kopf. «Zwanzigstens-er hatte Plattfüße.»
    «Du meinst, er hat Plattfüße.»
    Der Gerichtsmediziner lächelte müde. «Ich danke dir für den Hinweis, Morse, du hast recht: er hatte Plattfüße, solange er lebte, und der Tod hat daran nichts geändert.»
    «Und was schließt du daraus, Max?»
    «Daß er womöglich Polizist war, Morse, was sonst?» Der Pathologe erhob sich abrupt, so daß etwas Asche von seiner Zigarette auf seine Weste fiel. «Ich schicke dir den schriftlichen Bericht, sobald ich ihn fertig habe — aber heute wird das nichts mehr.» Er sah auf die Uhr. «Kommst du noch mit in den Gardenerl Wir hätten noch eine halbe Stunde, ich bin mit dem Wagen da.»
    Einen Moment lang glaubte Lewis, daß Morse der Versuchung widerstehen würde, doch er hatte sich getäuscht.

Kapitel Elf

MITTWOCH, 1 . JANUAR

    Wenn ich trinke, denke ich; und wenn ich denke, trinke ich.
    Rabelais

    «Für mich Gin und Campari, Morse, und hol dir selbst auch einen. Nur gut, daß mein Hausarzt mich hier nicht sieht, er findet, ichsollte mit dem Alkohol aufhören.»
    Kurz darauf saßen sich die beiden einander in der Lounge-Bar gegenüber, Morse mit nachdenklich gerunzelter Stirn, der Gerichtsmediziner seinen langen, schweren Schädel in die linke Hand stützend und versonnen vor sich hin starrend.
    «Todeszeit!» sagte Morse nach einer Weile heftig. «Na, komm schon, zier dich nicht so, Max!»
    «Ein guter Drink, Morse, findest du nicht?»
    «Mir scheint, die Thanatologie ist seit damals, als du studiert hast, auch nicht einen Millimeter vorangekommen!»
    «Ha! Jetzt versuchst du, dir meine klassische Bildung zunutze zu machen!»
    «Aber Max, es ist doch so: Heutzutage kann man, wenn man will, von jedem x-beliebigen Satelliten aus einer Fliege dabei zusehen, wie sie sich in einem Delikatessen-Geschäft in Harlem die Hände über einem Stück Blutwurst reibt, und du behauptest allen Ernstes, nicht in der Lage zu sein...»
    «Das Zimmer war kalt wie eine Kirche, Morse, du kannst wirklich nicht erwarten...»
    «Was weißt du von Kirchen!»
    «Nichts, stimmt.»
    Sie saßen eine Weile schweigend da; Morse starrte abwesend in das offene Kaminfeuer. Dann und wann rutschte ein Stück Kiefer und versprühte einen goldenen Funkenregen. Neben dem Kamin stapelte sich im Sommer geschlagenes Holz.
    «Hast du bemerkt, daß hinter der Dependance vor kurzem erst Bäume gefällt worden sind, Max?»
    «Nein.»
    Morse nahm einen Schluck von seinem Gin. «Hm. Gar nicht schlecht, der Geschmack, daran könnte ich mich direkt gewöhnen.»
    «Du meinst, daß der Mörder mit einem Ast zugeschlagen hat...? Könnte sein. Ungefähr sechzig Zentimeter lang, liegt gut in der Hand, fünf bis sechs Zentimeter Durchmesser...»
    «Aber du hast nicht zufällig Holzsplitter bemerkt?»
    «Nein.»
    «Könnte er auch eine Flasche benutzt haben?»
    «Also ich habe bis jetzt keine Scherben entdecken können...»
    «Das will nicht viel heißen. Flaschen halten manchmal unheimlich viel aus. Diese Leute, die Kriegsschiffe taufen müssen, müssen sich jedesmal ganz schön anstrengen, damit die Champagnerflasche auch wirklich an der Bordwand zersplittert.»
    «Ich hoffe, wir finden irgend etwas , das dir weiterhilft, Morse.»
    «Wann kann ich den Bericht haben?»
    «Also heute nacht nicht mehr.»
    «Hat er stark geblutet?»
    «Ja, ziemlich. Aber es ist mehr gesickert als gespritzt.»
    «Es hat also keinen Sinn, die Gäste zu fragen, ob ihnen nicht zufällig ein Mann begegnet ist, der das Hemd voll Blut hatte?»
    «Und wieso nicht eine Frau, Morse — mit Blut auf der Bluse?»
    «Wäre möglich, ja.»
    Der Gerichtsmediziner nickte vage und blickte ins Feuer: «Armer Kerl... Denkst du eigentlich manchmal an den Tod? Mors, mortis, Femininum — ist dir das noch präsent?»
    «Ziemlich unwahrscheinlich, daß ich

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