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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Du auch nicht. Du hast am Telefon gesagt, Du würdest Dich im nächsten Semester nicht wieder für einen Abendkurs einschreiben, dabei weißt Du genau, daß dies die einzige Möglichkeit war, einmal länger zusammen zu sein. Wenn Du denkst, ich würde diese Entscheidung so einfach hinnehmen, dann kennst Du mich offenbar noch nicht richtig. Ich bestehe jedenfalls darauf, Dich wiederzusehen — und sei es nur zu einer letzten Aussprache. Wenn Du auch nur ein wenig Gerechtigkeitsgefühl hast, wirst Du einsehen, daß diese Forderung nur gerecht ist. Aber selbst wenn nicht, sollte Dich zumindest Dein gesunder Menschenverstand veranlassen, darauf einzugehen; Du weißt, ich kann Dir, wenn ich will, jede Menge Schwierigkeiten machen. Treib mich also nicht zum Äußersten! Niemand weiß bisher von unserer Beziehung, und wenn es nach mir geht, braucht auch in Zukunft niemand davon zu erfahren. Ich habe mich in Anwesenheit Dritter Dir gegenüber immer sehr zurückhaltend gegeben, so zurückhaltend, daß bis zum Schluß keine Deiner Kolleginnen auch nur das Geringste geahnt hat — und zwar auf Deinen Wunsch hin. Mir selber wäre es völlig egal gewesen, ob die Leute etwas mitbekommen hätten oder nicht, Du warst immer diejenige, die Angst hatte, daß etwas herauskäme — das solltest Du bei Deiner Entscheidung bedenken. Ich schlage vor, wir treffen uns am nächsten Montag. Sag Deiner Chefin, du müßtest zum Zahnarzt, oder laß Dir irgend etwas anderes einfallen. Ich werde wie immer um zehn vor eins mit dem Auto vor der Summertown-Bücherei stehen. Dann haben wir vierzig Minuten Zeit. Nicht viel, aber besser als nichts. Sieh zu, daß Du kommen kannst — in unser beider Interesse. Vielleicht hätte ich damit rechnen sollen, daß sich Deine Gefühle im Laufe der Zeit etwas abkühlen werden... Während meiner Schulzeit habe ich irgendwo einmal gelesen, daß jede Liebesbeziehung ungleichgewichtig sei: einer gebe immer die Küsse, und einer halte immer nur die Wange hin. Wenn ich in unserer Beziehung derjenige bin, der küßt, so macht mir das nichts — Hauptsache, ich kann Dich sehen. Ich kann mich allerdings noch sehr gut an Zeiten erinnern, wo Du es warst, die darauf drängte, daß wir uns trafen, und so manches Mal konnte es Dir mit dem Ausziehen gar nicht schnell genug gehen, und das lag nicht allein daran, daß unsere Zeit so knapp war. Ich rechne also am Montag mit Dir und hoffe für Dich, daß Du es möglich machst. Beim Durchlesen des Briefes fällt mir gerade auf, daß manche Sätze hei Dir den Eindruck erwecken könnten, als wollte ich Dir drohen. Ich hoffe, du glaubst mir, wenn ich Dir sage, daß Dich in Angst und Schrecken zu sehen das letzte ist, was ich will. Es ist nicht meine Art, viele Worte um meine Gefühle zu machen - vielleicht ist das ein Fehler! Ich kann nur sagen, daß ich Dich liebe seit dem Moment, als ich zum erstenmal Deine Haare golden in der Sonne leuchten sah. Also bis Montag - -denk dran, daß ich warte!

    Morse las den Brief langsam durch; ab und zu huschte ein befriedigtes Lächeln über seine Züge, so, als gehe ihm ein Licht auf.
    Kaum hatte er den Brief beiseitegelegt, platzte Lewis heraus:
    «Was halten Sie davon, Sir?»
    Morse lehnte sich bedächtig in seinem Sessel zurück. Die Ellenbogen auf die Armlehnen gestützt, die Fingerspitzen aneinandergelegt, sagte er nachdenklich: «Was halten Sie denn von dem Brief, Lewis? Was sagt er Ihnen, schießen Sie mal los!»
    Gewöhnlich haßte Lewis Momente wie diesen. Aber da er sich diese Frage nach der Lektüre des Briefes bereits selbst gestellt hatte, geriet er nicht allzu sehr ins Schleudern, sondern begann zügig mit seiner Analyse — er hoffte nur, daß Morse sie billigen würde.
    «Also zunächst einmal beweist der Brief meiner Meinung nach eindeutig, daß Margaret Bowman ihrem Mann untreu gewesen ist. Und zwar schon seit längerer Zeit, denn ihr Liebhaber erwähnt in seinem Brief einen Abendkurs, der ihr offensichtlich als Alibi gedient hat, ihn zu treffen. Ich nehme an, daß es sich um einen Kurs im letzten Herbstsemester gehandelt hat, und die Kurse beginnen im September. Kennengelernt haben sie sich aber vermutlich schon früher, denke ich, weil er zum Schluß schreibt, daß er ihre Haare in der Sonne golden habe leuchten sehen.» Lewis’ Ton ließ durchblicken, daß er von derlei Schmeicheleien nicht viel hielt. «Soviel zu Punkt eins. Das zweite ist sein Alter. Es heißt in dem Brief, sie habe ihm drei Jahre voraus; ich habe daraufhin

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