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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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liebe seit dem Moment, als ich zum erstenmal Deine Haare golden in der Sonne leuchten sah.> Sie hatten durchaus recht, Lewis, als Sie aus diesem Satz schlossen, daß sie sich vermutlich irgendwann im letzten Sommer kennengelernt haben. Aber der Satz sagt noch mehr und wesentlich Wichtigeres aus. Er verrät uns nämlich, aus welchem Blickwinkel er sie gesehen hatte, als ihm die Schönheit ihrer Haare aufgefallen war: er sah sie von oben !»
    Lewis dachte einen Moment nach, dann sagte er: «Sie meinen also, wenn ich Sie recht verstanden habe, daß er sie vom Dach aus gesehen hat?»
    «Möglich, ja», sagte Morse mit einem geheimnisvollen und gleichzeitig irritierend selbstzufriedenen Lächeln. «Ja, er könnte auf dem Dach gewesen sein. Aber vielleicht auch noch höher...»
    «Noch höher?» fragte Lewis verständnislos.
    «Ja. Wie ich Ihnen eben schon sagte, mußte im letzten Sommer das Dach der Delegacy repariert werden. Und das heißt, daß eine Menge Lasten nach oben zu transportieren waren...»
    «Ein Kran!» rief Lewis triumphierend.
    «Wäre denkbar, oder?»
    «Ja, hatten sie nun einen Kran oder nicht?»
    «Keine Ahnung.»
    «Erinnern Sie sich, daß ich neulich schon vermutete, unser könnte ein Kranführer sein?»
    «So?» fragte Morse und grinste.
    «Aber ja! Wissen Sie nicht mehr, wie...?»
    «Sie haben vielleicht die richtige Vermutung gehabt, Lewis, aber wenn, dann aus den falschen Gründen. Und dafür können Sie nun wirklich keine Anerkennung beanspruchen.»
    Lewis grinste ebenfalls. «Soll ich Miss Gibson anrufen und sie fragen?»
    «Glauben Sie, daß Sie die jetzt noch erreichen? Es ist schon nach halb sechs.»
    «Manche Leute bleiben, wenn es notwendig ist, länger — so wie ich zum Beispiel.»

    Die Amtsleiterin war tatsächlich noch da. Ja, bei den Dacherneuerungsarbeiten sei ein Kran eingesetzt gewesen — ein riesiges, gelbes Ungetüm. Soweit sie sich erinnere, sei er gleich zu Beginn der Arbeiten im Mai aufgestellt worden und erst mit Beendigung der Reparatur im Oktober wieder verschwunden... Nein, sie habe nichts dagegen, daß Morse und er die alten Hausausweise durchsähen; sie könnten, wenn sie wollten, gleich kommen.
    Morse stand auf und zog sich seinen Mantel an. «Jetzt bin ich ja mal wirklich gespannt, Lewis. Der Sicherheitsbeamte hat mir heute nachmittag erklärt, daß Handwerker, Lieferanten und so weiter, die regelmäßig zur Delegacy kommen, genau wie die Angestellten eine Art Dauerausweis erhalten, damit nicht jedesmal extra ein Besucherausweis ausgestellt werden muß. Und das heißt, daß eigentlich auch die Arbeiter, die letzten Sommer und Herbst das Dach repariert haben, einen Hausausweis bekommen haben müßten — und Hausausweise, die nicht mehr gebraucht werden, werden an die Delegacy zurückgegeben... Wenn ich mir vorstelle: Da haben wir hier gesessen und uns das Hirn zermartert, wie wir finden könnten, dabei hätten wir bloß dort die Kartei mit den alten Ausweisen durchsehen müssen — die haben sogar ein Foto drauf! Wenn mir vor einer Stunde einer gesagt hätte, daß die Lösung des Falles so dicht bevorstünde, dann hätte ich ihn ausgelacht... Kommen Sie, Lewis, was ist mit Ihnen? Wir wollen los!»
    Doch Lewis machte keine Anstalten, sich zu erheben, und schüttelte nur müde den Kopf. Auf seinem großflächigen, ehrlichen Gesicht lag ein Ausdruck von Trauer: «Ach, wissen Sie, Sir, ich finde es schon schade. Da haben wir uns, wie Sie eben sagten, das Hirn zermartert und wissen sogar schon seinen Vornamen... Und früher oder später hätten wir auch herausgekriegt, wo er wohnt, und wenn wir erst einmal seine Adresse gehabt hätten, dann hätten wir auf die Hausausweise pfeifen können — ob mit oder ohne Foto... dann hätten wir nämlich den Fall allein durch Nachdenken gelöst.»
    Morse hatte sich, während er Lewis zuhörte, auf die Schreibtischecke gesetzt. Als der Sergeant fertig war, nickte er nachdenklich. «Ja, irgendwie ist es schon schade, da stimme ich Ihnen zu. Und es ist in der Tat erstaunlich, zu welch großartigen Ergebnissen der Mensch mittels seines Verstandes gelangen kann. Aber immer wieder gibt es auch bestimmte Dinge, wie zum Beispiel menschliche Leidenschaft, die sich den Gesetzen der Logik entziehen, und da kann es einem passieren, daß man sich eine schöne Theorie zurechtgelegt hat und plötzlich feststellen muß, daß die Annahmen bei näherer Prüfung nicht standhalten, weil man von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.»
    Morses

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