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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sich, daß er sogar auffallend entgegenkommend war. Er hatte gefragt, ob er noch zu Ende essen dürfe (Nein), seine Zigaretten mitnehmen könne (Ja), ob es möglich sei, ihn in seinem eigenen Wagen fahren zu lassen (wiederum Nein) und gebeten, sich seinen Dufflecoat anziehen und einen Schal umbinden zu dürfen, dies war ihm gestattet worden. Er hatte sich mit keinem Wort beschwert, weder verlangt, einen Haftbefehl zu sehen, noch seinen Anwalt zu sprechen, nicht auf sein Recht als freier Bürger eines freien Landes gepocht und auch Lord Longford nicht erwähnt. Morse begann sich insgeheim zu schämen für die reichlich melodramatische Inszenierung, die er da in Gang gesetzt hatte. Aber schließlich - es hätte ja auch ganz anders kommen können.

    Zurück im Präsidium, begann Lewis mit der Vernehmung.
    «Sie heißen Edward Wilkins?»
    «Ja. Edward James Wilkins.»
    «Wann sind Sie geboren?»
    «Am 20. September 1953.»
    «Wo?»
    «In Oxford. Diamond Close siebzehn.»
    «Also in dem Haus, in dem Sie jetzt leben?»
    «Ja, ich habe hier schon mit meiner Mutter gewohnt.»
    «Welche Schule haben Sie besucht?»
    «Ich habe angefangen auf der Hobson Road-Grundschule.»
    «Und danach?»
    «Danach bin ich zur Oxford Boys’ School gegangen.»
    «Wurde dort eine Aufnahmeprüfung verlangt?»
    «Ja.»
    «Wann sind Sie dort abgegangen?»
    «1969.»
    «Haben Sie irgendwelche Fächer mit Examen abgeschlossen?»
    «Ja. Mathematik, Physik und Technisches Zeichnen.»
    «Hatten Sie keinen Kurs in Englischer Literatur?»
    «Doch, aber ich habe keinen Abschluß geschafft.»
    «Wurde in dem Kurs auch Milton gelesen?» schaltete sich Morse ein.
    «Ja. Comus .»
    «Was haben Sie nach der Schule gemacht?» Es war wieder Lewis, der fragte.
    «Ich habe bei der Eisengießerei Lucy in Jericho eine Lehre begonnen.»
    «Und danach?»
    «Ich habe sie nicht beendet. Nach achtzehn Monaten bin ich gegangen; die Baufirma Mackenzie hatte mir ein Angebot gemacht.»
    «Sie arbeiten noch immer bei Mackenzie?»
    «Ja.»
    «Und was genau tun Sie da?»
    «Ich bin Kranführer.»
    «Heißt das, Sie sitzen im Führerhaus und schwenken die Lasten durch die Gegend?»
    «Wenn Sie es so ausdrücken wollen - ja.»
    «Ihre Firma hat letztes Jahr bei der University of Oxford Delegacy of Local Examinations, ich glaube, Oxford Locals ist der gebräuchliche Ausdruck, das Dach erneuert, oder?»
    «Ja. Die Arbeiten dauerten von Mai bis Oktober.»
    «Waren Sie die ganze Zeit dabei?»
    «Ja.»
    «Wirklich die ganze Zeit?»
    «Wie?»
    «Hatten Sie keine Ferien?»
    «O doch, natürlich. Vierzehn Tage. Tut mir leid, daran hatte ich im Moment nicht gedacht.»
    «Und wann?»
    «Von Ende Juli bis Anfang August.»
    «Sind Sie weggefahren?»
    «Ja.»
    «Wohin?»
    «Rauf in den Norden.»
    «Könnten Sie uns das vielleicht ein bißchen genauer sagen?»
    «In den Lake District.»
    «Der Lake District ist groß...»
    «Ich war in Derwentwater.»
    «Haben Sie Ansichtskarten verschickt?»
    «Ja — ein paar.»
    «An Freunde — hier in Oxford vielleicht?»
    «An wen sonst?»
    «Das müssen Sie besser wissen als ich, Mr. Wilkins — ich habe keine Ahnung, wem Sie schreiben, sonst hätte ich Sie ja wohl kaum gefragt, oder?»
    Es war das erste Mal während der Vernehmung, daß in dem nüchternen, ziemlich kalten Raum an der Rückseite des Präsidiums so etwas wie Spannung spürbar wurde. Um so spürbarer, als Lewis jetzt absichtsvoll schwieg (wie Morse es ihm vorher für Gelegenheiten wie diese empfohlen hatte), so daß die Spannung sich bis ins beinahe Unerträgliche zu steigern schien.
    Sergeant Phillips, der sich auf Morses Geheiß neben der Tür hatte postieren müssen, hatte noch nie vorher einem Verhör beigewohnt und spürte, je länger das Schweigen anhielt, wachsendes Unbehagen. Er beobachtete, wie Wilkins, offensichtlich unter Druck, zweimal, wohl um seine Zigaretten herauszunehmen, nach seiner Gesäßtasche faßte, sich aber im letzten Moment jedesmal wieder beherrschte. Er war ein grobknochiger, blonder Mann mit offenen Gesichtszügen. Phillips fand ihn sympathisch; er konnte sich nur schwer vorstellen, daß dieser Mann tatsächlich ein Mörder sein sollte, wußte aber auch, daß sowohl Morse als auch Lewis große Erfahrung hatten, was Mordfälle anging, und so hörte er, kaum daß Lewis erneut zu fragen begonnen hatte, wieder gebannt zu.
    «Wann sind Sie Margaret Bowman zum erstenmal begegnet?»
    «Sie wissen, daß Margaret und ich uns kennen?»
    «Wie Sie hören, ja!»
    «Wir

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