Inspiration – Du sollst mein sein!
die auf den Wiesen Ball spielten, machte den Joggern Platz, die resolut die Mitte des Weges für sich beanspruchten. Keine Sekunde fühlte sie sich unwohl oder beobachtet. Im Gegenteil, sie fühlte sich frei und ungebunden. Zumindest für eine kurze Weile …
Ohne dass es ihr auffiel, wurde der Park mit der Zeit immer leerer. Die Jogger verschwanden nach und nach, die Kinder gingen nach Hause. Spaziergänger wurden immer seltener. Schließlich war Corinne allein.
Als ihr die Ruhe um sich herum bewusst wurde, durchrieselte es sie plötzlich eisig. Irgendein lange verschütteter Instinkt riet ihr dringend, den Heimweg anzutreten, zumindest sofort belebtere Gegenden aufzusuchen. Einsamkeit an diesem Ort bedeutete unter Umständen Gefahr.
Die Erinnerung an den Überfall vor ihrer Wohnungstür war noch frisch genug, dass Corinne ihrem Gefühl sofort nachgab. Abrupt drehte sie sich um und begann fast zu laufen, um möglichst schnell zu ihrem Wagen zurück zu gelangen.
Als der dunkel gekleidete Mann plötzlich hinter einem großen dichtbelaubten Busch hervorkam und ihr locker entgegenlief, beschleunigten sich ihre Schritte unwillkürlich. Sie wollte an ihm vorbei, zurück in die Straßen der Stadt, weg aus diesem einsamen Park. Doch er hatte offenbar andere Pläne mit ihr.
Als Corinne auf seiner Höhe war, streckte er seinen Arm nach ihr aus. Seine Hand umklammerte ihren Oberarm wie eine Stahlfessel und riss sie zu ihm hin. Seine andere Hand presste etwas Weiches, Feuchtes auf ihren Mund und die Nase. Sie atmete den süßlichen Geruch von Chloroform … wie schon einmal.
Corinne wehrte sich, drehte sich in der Umklammerung hin und her, trat nach hinten und traf seine Beine. Er blieb absolut unbeeindruckt. Diesmal kam ihr niemand zu Hilfe, Rick Valdez war weit weg.
Während sie langsam das Bewusstsein verlor, dämmerte ihr die Erkenntnis, dass dieser kurze Ausbruch in die Freiheit womöglich die größte Dummheit ihres Lebens gewesen war … und möglicherweise die letzte.
* * *
Verständnislos blickte Rick in die verstört wirkenden Augen seiner Tante.
»Sie ist weg? Wohin ist sie denn gegangen? Hat sie sich nicht abgemeldet, wie wir es abgesprochen hatten?«
Lucia Graham stand das schlechte Gewissen förmlich auf die Stirn tätowiert. »Sie hat etwas gesagt, aber ich war gerade hinten im Garten und hab an meinen Rosen gearbeitet. Ich hab nur gehört, dass sie mal kurz etwas besorgen möchte.«
Ricks Gesichtsausdruck verdüsterte sich rapide, so dass sie entschuldigend die Hände hob. »Rick, versteh doch … sie ist eine erwachsene Frau. Ich kann sie doch nicht anbinden. Und genauso wenig kann einer von uns ihr permanent nachlaufen. Obwohl ich wünschte, ich hätte es getan. Jedenfalls war das vor sechs Stunden. Selbst wenn sie einfach mal ihre Ruhe vor mir und deinem Onkel haben wollte, sie müsste längst wieder zurück sein. Ich mache mir solche Vorwürfe …«
Ricks Nasenflügel blähten sich vor unterdrücktem Ärger. Am liebsten hätte er seine Tante angebrüllt, irgendetwas zerschlagen. Doch er beherrschte sich, wenn auch mühsam. Sie hatte ja recht, Corinne Wheeler war erwachsen und nicht in Gefangenschaft. Das Risiko, das sie mit dem Verlassen des Hauses einging, war ihr bewusst. Rick atmete erst einmal tief durch und versuchte, sich zu konzentrieren – was ihm durch die Sorge um Corinne nicht leichtfiel.
»Okay, Tante Lucia … lassen wir das jetzt mal. Hat sie irgendetwas gesagt, in welche Richtung sie gehen wollte? Irgendeinen Hinweis, wohin sie unterwegs war?« Lucia Graham schnüffelte leise in ihr Taschentuch. »Nein, hat sie nicht. Einfach nur, dass sie etwas besorgen müsse. Ich weiß ja, ich hätte nachfragen sollen, aber …« Rick hatte sich immerhin so weit gefasst, dass er ihr beruhigend die Schulter tätscheln konnte. »Ist schon gut, du hättest sie ohnehin nicht zurückhalten können.«
Mit einem letzten Blick auf seine verstörte Tante drehte er sich um und eilte hinaus zu seinem Dienstwagen, in der Hand schon das Handy.
»Cooper? Ich bin’s … wir haben ein Problem. Corinne Wheeler ist verschwunden. Nein, ich hab keine Ahnung, wohin. Nein, weiß ich auch nicht … aber wir müssen umgehend eine Suche in die Wege leiten. Kannst du bei Bellinda und Miguel übernehmen? Dann kümmere ich mich erst mal um das hier. Okay … danke dir.«
Kaum hatte er die Verbindung unterbrochen, wählte er erneut. »Miguel? Rick hier … Corinne Wheeler ist verschwunden, wenn mich mein Instinkt
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