Inspiration – Du sollst mein sein!
Pathologin in der Gerichtsmedizin auch auf Dr. Kellerman einen positiven Einfluss, oder im Leichenschauhaus herrschte im Moment eine totale Flaute, denn der Obduktionsbericht von Stephanie Delainys Leiche war diesmal so schnell auf Ricks Tisch angekommen, dass sich Kellerman ganz entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten wohl gleich nach der Untersuchung an die Schreibarbeit gemacht haben musste.
Flüchtig überflog Rick die erste Seite mit den Personenangaben und blätterte schnell weiter zu dem interessanteren Teil des Berichts. Der Todeszeitpunkt war nur eine Bestätigung von Dr. Kellermans Schätzung, die er bereits direkt am Tatort abgegeben hatte. Auch ansonsten gab es keine Überraschungen. Wie vermutet, war sie vergewaltigt worden. Gestorben war sie letztendlich an einem Messerstich ins Herz, der Klingenbreite und -länge nach verursacht von einem handelsüblichen, einseitig geschliffenen Messer, wie es in jeder Küche zu finden war. Spermaspuren gab es keine, der Täter hatte wahrscheinlich ein Kondom benutzt.
Frustriert fuhr sich Rick mit beiden Händen durch seine Haare. Nicht einmal die vage Hoffnung blieb, dass der Pathologe bei seiner Untersuchung irgendetwas übersehen haben könnte. Mochte Dr. Kellerman auch ein ungenießbarer Zeitgenosse sein, bei seiner Arbeit war er extrem genau und gründlich. Rick musste sich mit der Erkenntnis abfinden, dass es keine Spuren an der Leiche gab, die ihn und seine Kollegen einen Schritt näher an diesen Wahnsinnigen bringen würden.
8
Alles in ihm jubilierte, während er die Szene wieder und wieder abspielte.
Diesmal war es wirklich perfekt gelaufen. Seine Idee, das zweite Opfer aus dem direkten Umfeld seines ersten misslungenen Versuchs zu holen, grenzte an Genialität. Nein … es grenzte nicht an Genialität, es war einfach genial .
Endlich war er ihrer würdig, hatte sie nicht enttäuscht. Endlich hatte er bewiesen, dass auch er zu vollkommener Perfektion fähig war. Es war an der Zeit, seiner Schönsten die Früchte seiner Arbeit zu offenbaren. Der Weg zu ihr war nicht weit. Kurz überlegte er, dass er damit ein hohes Wagnis einging, denn möglicherweise war sie zu Hause oder einer ihrer Nachbarn war neugierig genug, um ihn zu beobachten. Doch er beschloss, dass es das Risiko wert war. Sie sollte erfahren, dass er ihr Ehre gemacht hatte – gleich heute.
Kurze Zeit später stand er vor ihrer Tür, strich sehnsüchtig über das Holz. Streichelte unendlich sanft das blütenweiße Kuvert, das er dann langsam und sorgfältig in den schmalen Schlitz zwischen Tür und Rahmen steckte.
* * *
Entsetzt blickte Bellinda im trüben Licht des Treppenhauses auf den unschuldig weißen Umschlag, der direkt neben dem Türknauf zwischen Tür und Rahmen steckte. Nur mit großer Mühe konnte sie sich beherrschen, nicht laut aufzuschreien.
Gestern erst hatte sie sich mit ihren Freundinnen darüber unterhalten, von ihren Sorgen berichtet, sich förmlich über das Ausbleiben dieser widerlichen Briefchen aufgeregt. Hatte sich von Christines Vernunft beruhigen lassen. Und jetzt das!
Schaudernd und mit spitzen Fingern zog sie ihn heraus. Wie bei den beiden ersten Malen stand nur ihr Name in deutlichen Lettern auf dem weißen Papier. Kein Hinweis auf den Absender, wieder einmal nicht. Nichts, was dabei helfen würde, ihren merkwürdigen Verehrer zu entlarven. Doch zumindest war jetzt klar, dass er über sie viel mehr wusste als vermutet, denn diesmal hatte er seinen Brief bei ihr zu Hause abgeliefert.
Mit zitternden Händen öffnete sie ihre Wohnungstür und schlüpfte so schnell wie möglich hinein. Bevor sie auch nur nach dem Lichtschalter tastete, ließ sie alle drei Sicherheitsschlösser einrasten. Erst dann schaltete sie das Flurlicht ein. Das sonst so entspannend auf sie wirkende Apartment erschien ihr unheimlich und gefährlich. Schnell lief sie durch alle Zimmer und ruhte nicht eher, bis auch der letzte Winkel hell erleuchtet war.
Niemand außer ihr war da, alle Fenster und die Tür waren fest verschlossen. Sie war sicher vor diesem Monster.
Mit schlotternden Knien ließ sich Bellinda in ihren Sessel fallen und legte den Umschlag auf den Tisch davor. Ihr graute bei dem Gedanken, den Brief lesen zu müssen, und trotzdem riss sie das Papier aus seinem Umschlag. Sie war sich völlig im Klaren darüber, dass sie es ohnehin nicht aushalten würde, den Brief nicht zu lesen – trotz der Angst vor seinem Inhalt.
Kurz schloss sie die Augen und atmete tief durch, wappnete sich
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