Inspiration – Du sollst mein sein!
Dann kam wieder das kalte Wasser. Schließlich wurde er gepackt und in den leeren Innenraum des Wagens geworfen, zusammen mit dem nun leeren Wasserkanister und dem nassen Schrubber.
»So, mein Bester, jetzt bist du wenigstens nicht mehr ganz so dreckig. Wir müssen uns auch beeilen, die Zeit drängt etwas. Aber keine Sorge, ich habe alles hervorragend vorbereitet. Du wirst ein Finale erleben, wie du es dir nicht einmal in deinen schlimmsten Alpträumen hättest ausdenken können.«
Kichernd schloss der Unbekannte die Schiebetüren. Alex hörte die Fahrertür knirschen, als der Unbekannte einstieg. Dann startete der Motor, und der Wagen rollte los.
Hatte die kalte Dusche ihn wacher werden lassen, so schläferte ihn das monotone Geräusch des Motors wieder ein. Alex versank erneut in tiefe Dunkelheit und erwachte erst wieder auf einer schimmligen Matratze, die auf dem schmutzigen Boden einer alten Hütte lag, eingehüllt in Benzindunst.
»Was …?« Sein Murmeln ging in dem lauten brüllenden Lachen seines Peinigers unter. »Willst du noch ein paar letzte Worte loswerden? Lass es, mein Freund. Es gibt hier niemanden, der sie hören will. Tu mir lieber den Gefallen und brenn … brenn heiß und lange … und schrei, schrei für mich.«
Der Unbekannte sah sich befriedigt um. Es war richtig gewesen, die Szene zu verkürzen, umzustellen. Es kam nicht auf den Vorspann an, es ging um den Moment der Rache selbst. Wäre seine Muse hier gewesen, sie hätte ihm zugestimmt.
Alex sah nur noch ein kurzes Aufblitzen, als der Fremde ein Streichholz anriss und es sanft an den Rand der Benzinpfütze legte.
»Ja …«, murmelte der Unbekannte fasziniert von dem aufflackernden Inferno vor seinen Augen. »Ja … brenn für mich … schrei, schrei, so laut du kannst.«
Und Alex schrie …
15
Ma belle … meine innig Geliebte …
Ich bin deiner unwürdig … ein Wurm, den du mit deinen Worten adelst.
Deiner Führung zu folgen ist wie ein Ritterschlag. Deine Kunst in die Wirklichkeit zu führen ist mein Ausdruck tiefster Verehrung.
Die überwältigende Schönheit, die sich in der brachialen Gewalt deiner Schöpfung verbirgt, lässt mich vor Wonne erschauern. Das flackernde Licht, die Hitze, die reinigende Kraft …
Ich biete sie dir dar … dein Werk und mein Mut zur Vollendung, vereinigt in feuriger Realität.
Ich verneige mich vor dir, liege dir zu Füßen. Doch bedenke auch: Gott tötet willkürlich – das sollten wir auch tun!
Ich muss allerdings gestehen, diesmal habe ich dich übertroffen … in deiner Güte hast du es dem Unterlegenen zu leicht gemacht. Die Vollendung deiner Phantasie hätte nicht befriedigt, hätte ich sie nicht verändert, verkürzt. Du bist der Anfang … ich bin das Ende. Doch manchmal bin ich auch alles dazwischen.
Dennoch war es eine Offenbarung, eine Erleuchtung … denn ich weiß jetzt, dass du etwas Unglaubliches für mich tust:
Du forderst mich, stachelst mich an zu immer mehr Initiative. Ich liebe dich dafür … für mich klingt das nach »Traust du dich?«
In ewiger Verehrung
Dein Bewunderer
PS: Warum lässt du andere in unsere Zweisamkeit, zeigst ihnen deine intimsten Geheimnisse? Gehört das nicht uns allein?
Und wer ist dieser Mann an deiner Seite, der niemals weicht? Versuche nicht, mich zu betrügen …
Vier Tage waren vergangen, seitdem Christines Leichnam entdeckt worden war. Erst vier Tage, und schon wieder hatte er einen Brief geschrieben. Einen Brief und Fotos, diesmal ein Vorher- und ein Nachher-Bild, ohne die er offenbar nicht mehr auskam. Und er hatte darauf verzichtet, den Brief persönlich abzuliefern. Dieser hier war ganz normal mit der Post verschickt worden, abgestempelt in Long Beach, also weit ab von allen bisherigen Tatorten. Bei seiner bisherigen Vorgehensweise war es mehr als unwahrscheinlich, dass er den Brief im »Postamt um die Ecke« aufgegeben hatte. Also war das wohl auch wieder eine tote Spur.
Bellinda bebte von Kopf bis Fuß, bekam ihren Körper einfach nicht mehr unter Kontrolle. Ihr war eiskalt. Ihre eigenen Hände zitterten so sehr, dass sie kaum nach der tröstenden Hand greifen konnte, die ihr Miguel entgegenstreckte.
»Bitte, Miguel, sag mir, dass das nicht wahr ist. Er kann doch nicht schon wieder jemanden umgebracht haben. Ich kann das alles gar nicht fassen. Er wird doch nicht wirklich jedes Einzelne dieser verdammten Skripte nachstellen, oder? Sag mir, dass er das nicht tun wird. Versprich mir, dass sie ihn vorher kriegen. Bitte, hilf mir
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