Inspiration – Du sollst mein sein!
sich selbst die Schuld an den Morden gab. Sie hatte die Skripte geschrieben, hatte damit irgendeinen Verrückten zu verstiegenen Phantasien gereizt, also war sie ihrer Meinung nach auch der Auslöser von allem, was dieser Kerl tat.
Nur gut, dass sie den Brief ihres Bewunderers nicht gelesen hatte. Sonst würde sie Miguel jetzt in die Wüste schicken. Die versteckte Drohung, die hinter dem Postskriptum steckte, war zu offensichtlich, um sie zu übersehen.
Natürlich war das alles Unsinn. Miguel hatte es ihr immer wieder eingehämmert. Doch es ging einfach nicht in Bellindas Kopf. Sooft er ihr ins Gewissen geredet hatte, sooft er das Gefühl hatte, endlich seien seine erklärenden Worte angekommen, genauso oft war sie danach zu ihrer Selbstkasteiung zurückgekehrt. Sie kam davon einfach nicht los und trieb sich damit selbst in den Ruin. Wüsste sie, dass sich die Bedrohung nun auch auf Miguel richtete, dann hätte sie ihn keine Minute länger in ihrer Nähe geduldet.
Bellinda immer noch mit einem Arm fest an sich gedrückt, griff er nach seinem Handy und rief seinen Bruder an. Eigentlich hatte er warten wollen, bis Bellinda sich wieder etwas gefangen hatte. Doch ihr Zusammenbruch ließ ihm keine andere Wahl, als zusätzliche Hilfe zu holen.
»Rick? Miguel hier. Schnapp dir deinen Partner, schwing dich in deine Nobelkarosse und komm her. Er hat schon wieder geschrieben. Ja, auch diesmal mit Fotos … nein, ihr geht es gar nicht gut. Und außerdem ist unser Freund erstaunlich gut informiert, was hier so passiert. Hör mal, wenn du herkommst, kannst du dann Dr. Wheeler mitbringen? Ich glaube, Bellinda kann sowohl einen Arzt als auch eine Gesprächspartnerin gebrauchen, die Ähnliches erlebt hat. … Ja, genau, ich denke, dass die beiden sich gegenseitig helfen können. In Ordnung … ja, bis gleich.«
Bellinda hob langsam das verweinte Gesicht von seiner Brust und sah ihn verwirrt an. »Eine Ärztin? Ich bin nur mit den Nerven etwas runter, ich brauch keinen Arzt. Und wieso hat sie Ähnliches erlebt? Wird sie auch von irgendeinem Stalker verfolgt?« Es erstaunte Miguel immer wieder, wie sie selbst in den schlimmsten Momenten alles um sich herum registrierte. Wie kaputt und angespannt Bellinda auch sein mochte, ihr Geist war immer wach, ihre Ohren waren immer offen. Er strich ihr sanft über die tränennasse Wange.
»Dr. Wheeler ist die Schwester seines zweiten Opfers. Du erinnerst dich an Geraldine Wheeler, die Senatorentochter? Vor ein paar Tagen hat der Kerl dann versucht, auch Dr. Wheeler zu entführen. Rick ist durch Zufall gerade auf dem Weg zu ihr gewesen und konnte dazwischengehen. Leider hat er den Mistkerl aber nicht erwischt, sonst wäre das Ganze schon zu Ende. Du glaubst gar nicht, wie sehr Rick sich darüber aufregt, dass er ihn nicht in die Finger gekriegt hat. Und vor allem, dass er nicht einmal sagen kann, wie der Mann aussieht. Rick gibt sich auch die Schuld an allem, vielleicht solltet ihr einen Club gründen. Na, jedenfalls ist Dr. Wheeler Ärztin und im Moment in einem sicheren Haus untergebracht. Nur Rick weiß, wo. Ich dachte mir, dass es dir vielleicht hilft, wenn du mit jemandem reden kannst, der auch gerade etwas Schreckliches erlebt hat. Außerdem kann es nicht schaden, wenn ein Arzt mal einen Blick auf dich wirft.«
Bellinda seufzte ergeben, was Miguel sofort aufmerken ließ. Bellinda war so sehr darauf bedacht, keine Schwächen zu zeigen. Hilfe von anderen zu akzeptieren fiel ihr unendlich schwer. Dass sie nun einfach »Ja« und »Amen« zu allem sagte, was er vorschlug, trieb ihm die Sorgenfalten auf die Stirn. Offenbar war sie noch angeschlagener, als er dachte.
»Komm, setz dich erst mal hin. Rick hat versprochen, sich zu beeilen. Ich lass dich jetzt mal für ein paar Minuten hier allein sitzen, schaffst du das? Keine Angst, ich geh nicht aus der Wohnung raus. Ich muss mir nur etwas ansehen, bin gleich wieder bei dir, ja? Und bitte, lass die Finger von dem Brief.«
Bellinda sah ihn mit großen Augen an, nickte aber. Sie sank in die Sofaecke, zog die Beine an und umfasste sie mit ihren Armen. Schließlich sank ihr Kinn auf die angezogenen Knie, und sie starrte blicklos vor sich hin. Langsam begann sie sich hin- und herzuwiegen, als wolle sie sich in Trance versetzen.
Miguel warf noch einen besorgten Blick auf das Häufchen Elend auf der Couch und wandte sich schließlich einer Sache zu, die ihn beschäftigte, seit er den Brief gelesen hatte. Das Postskriptum von Bellindas Bewunderer
Weitere Kostenlose Bücher