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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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fertigzumachen?«
    Sie nickte entschlossen. »Mehr denn je.«
    »Dann schauen wir doch mal, wie er auf die Tatsache reagiert, dass wir seine Heimvideos gefunden haben.« Er legte den Arm um sie. »Sie hatten großen Anteil daran, ihn dingfest zu machen. Wollen Sie ihn damit konfrontieren, wenn wir so weit sind?«
    Aber konnte es wirklich so einfach sein? Andrew Kent war ihnen auf dem Silbertablett serviert worden. Die Mordwaffe im Schlafzimmer, sein Mac randvoll mit belastenden Indizien. Doch obwohl der Gedanke heftig an ihr nagte, schob sie ihn beiseite, weil sie so doch nur die offensichtliche Erklärung ignorierte: nämlich, dass Kent wie alle kaltblütigen Verbrecher angefangen hatte, seinen eigenen Hype zu glauben, sich für unverwundbar zu halten, und dann nachlässig geworden war.
    »Auf jeden Fall«, erwiderte sie. »Ich will sehen, wie das Schwein sich windet.«

SECHS
    Die Kleinigkeit, die ich für Wolfe erledigen sollte, bestand aus einem Waffenkauf bei einem Unterwelthändler in Canning Town. Obwohl er Tommy angewiesen hatte, mich hinzufahren, hatte er keinen Zweifel daran gelassen, dass ich alleine reingehen und die Waffen erwerben musste. Seine Überlegung war einfach, aber klar: Mit dem Kauf der Waffen beging ich ein Kapitalverbrechen und konnte folglich kein Bulle sein. Doch seine Überlegung hatte einen Haken. Mir Tommy mitzugeben, ließ mir keine Wahl, denn wenn ich dann kniff, wäre meine Tarnung aufgeflogen. Allerdings war ich nicht sicher, ob mein Führungsoffizier im CO10 das genauso sah. DI Robin Samuel-Smith, oder Captain Bob, wie ihn alle nannten, hielt sich gerne strikt an die Vorschriften. Aber darüber konnte ich mir später den Kopf zerbrechen.
    Wolfe drückte mir einen Umschlag in die Hand, der fünf Riesen enthielt; davon sollte ich zwei automatische Remington Pumpguns und eine Handfeuerwaffe kaufen. Außerdem gab er mir meine Sachen zurück, auch die zum Aufnahmegerät umfunktionierte Armbanduhr, und sagte, dass der Händler mich seit einer halben Stunde erwarte.
    Nun waren wir mit Tommys Wagen unterwegs nach Canning Town. Auf dem Rücksitz saß mit heraushängender Zunge Tommy Junior, ein ungesund aussehender Mischlingsköter, der nur noch eineinhalb Ohren besaß und nach alten Regenmänteln roch. Man erzählte sich, Tommy habe ihn aus den Händen einer Bande Teenager befreit, die ihm die Pfoten zusammengebunden hatten und in das schlammige Wasser des Regent’s Canal werfen wollten. Tommy hatte stattdessen einen der Hools ins Wasser geworfen, und als dessen Kumpel ein Messer zog, diesem mit einem ausziehbaren Schlagstock die Nase gebrochen und ihn mit einem Tritt hinterherbefördert. Die anderen waren daraufhin klug genug, sofort abzuhauen.
    Tommy Junior liebte sein Herrchen heiß und innig und begegnete allen anderen nicht ganz überraschend mit Argwohn. Mich schien er besonders zu verabscheuen, weil ich mich in den vergangenen drei Monaten allzu oft auf dem Vordersitz breitgemacht hatte, der eigentlich ihm zustand.
    Einen Monat lang hatte ich mich am Rande der Unterwelt von North London herumgetrieben, mit Kleinkriminellen in kleinen Pubs in abgelegenen Straßen gezecht und mich überall empfohlen als den Ex-Knacki Sean Tatelli, der einen anständigen Job suchte. Schließlich stellte mich jemand Tommy vor. Das war jetzt drei Monate her, und seitdem hatte ich eine Menge Zeit mit Tommy verbracht. Die erste Zeit hatten wir nichts anderes gemacht, als zusammen loszuziehen und ein paar Biere zu nehmen. Wie viele Berufsverbrecher war Tommy ein angenehmer Zechkumpan, der jede Menge interessanter Storys auf Lager hatte. Allmählich fasste er Vertrauen zu mir, und ich durfte kleinere Jobs für ihn ausführen. Dabei ließ er immer durchblicken, dass es demnächst vielleicht mehr zu verdienen gäbe. Heute schließlich tauchte er in der Wohnung auf, die ich für meine Undercover-Einsätze benutzte, und erzählte mir, er habe einen Job für mich. Diesmal einen richtigen.
    »Weißt du, wen wir abgreifen sollen?«, fragte ich, während wir durchs West End fuhren, damit ich Captain Bob etwas zu berichten hatte.
    »Nein, weiß ich nicht«, erwiderte er mit diesem melancholischen Ausdruck, den er selbst dann beibehielt, wenn er eine witzige Anekdote erzählte. »Ich arbeite nicht mehr so viel für Wolfe wie früher, aber du sagst, er hat dir hundert Riesen angeboten? Tja, mir hat er hundertfünfzig geboten, schätze also, er und Haddock machen jeder mindestens zweihundert, wahrscheinlich sogar mehr.

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