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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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hatte, wie er eine unschuldige Frau verstümmelte, um einen korrupten Politiker zu schützen, wie er hierhergekommen war, um für Paul Wise die Kastanien aus dem Feuer zu holen und Tina zu exekutieren. Ich wollte ihn umbringen, ihn in Stücke reißen. So lange auf ihn einprügeln, bis er leblos unten auf dem Pflaster lag. Wie das Stück Dreck, das er war.
    Die Pistole glitt ihm aus der Hand und fiel polternd zu Boden. Ich nahm es kaum wahr. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen, genoss sogar den brennenden Schmerz meiner geschundenen Knöchel.
    »Hör auf, Sean, hör auf. Du bringst ihn um!«
    Das war Tina. Sie stand plötzlich hinter mir, ihre Nase blutete, ihre Worte klangen halb verschluckt. Sie packte mich am Arm.
    »Wir brauchen ihn lebend. Er ist unsere einzige Verbindung zu Wise.«
    In diesem Moment fiel die ganze Wut von mir ab, ich ließ Captain Bob los, torkelte zwei Schritte rückwärts, dann versagte mein kaputtes Bein den Dienst, und ich fiel hilflos zu Boden.
    Das Letzte, was ich sah, ehe mir die Augen zufielen und ich das Bewusstsein verlor, war, wie Tina die Skimaske vom Schädel meines Bosses zog und eine blutige, entstellte Masse enthüllte.
    Es war vorbei. Endgültig.

EPILOG
    Während das Flugzeug auf die Starterlaubnis wartete, machte Tina es sich in ihrem Sitz so bequem wie möglich und nippte an ihrem Orangensaft. Sie hatte seit fast einem Monat keinen Alkohol mehr angerührt, und inzwischen vermisste sie ihn nicht einmal mehr. Allerdings wusste sie, dass sie noch lange nicht über den Berg war. Alkohol hat die Tendenz zurückzuschlagen, wenn man es am wenigsten vermutet, doch im Augenblick verschwendete sie keinen Gedanken daran. Zigaretten dagegen waren eine andere Geschichte. Sie hatte es zwar geschafft, ihre Tagesration von zwanzig auf zehn zu reduzieren, mehr aber auch nicht. Doch, so beruhigte sie sich, auch ein normaler Mensch durfte ein Laster haben.
    Seit der Verhaftung von Robin Samuel-Smith waren sechs Wochen vergangen, mittlerweile hatte man ihn wegen versuchten Mordes angeklagt, und Captain Bob wartete im Hochsicherheitstrakt von Belmarsh auf seine Verhandlung. Gleichzeitig mit seiner Verhaftung war Tinas Suspendierung aufgehoben worden; man war höheren Orts wohl zu der Überzeugung gelangt, dass es in der Öffentlichkeit auf wenig Verständnis stoßen würde, eine Polizistin zu bestrafen, die entscheidend dabei mitgeholfen hatte, einen der spektakulärsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre aufzuklären.
    Sean Egan dagegen, der ihr wahrscheinlich zweimal das Leben gerettet hatte und gewiss ebenso daran beteiligt gewesen war, der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, hatte sich tatsächlich in den Ruhestand versetzen lassen. Sie war ihm seit jener Nacht nur ein einziges Mal begegnet, als sie sich in einem Starbucks auf einen Kaffee verabredet hatten. Da hatte er ihr erzählt, er wolle dem Land eine Weile den Rücken kehren und seine Cousins in Neuseeland besuchen. Er hatte noch versucht, sie vor seiner Abreise zu einem Date zu überreden, aber irgendwie wusste sie, dass es nicht funktionieren konnte. Am Ende wären sie sich zu ähnlich. Sie waren beide dickschädelig und impulsiv, und wahrscheinlich würden sie sich früher oder später an die Gurgel gehen, wenn sie denn überhaupt zusammenkämen. Als sie ihm das sagte, hatte er gelacht und eingestanden, dass sie wahrscheinlich Recht hätte.
    Am Ende hatte sich Tina ein Beispiel an Egan genommen und unbezahlten Erholungsurlaub beantragt, der sofort bewilligt wurde. Sie vermutete, ihre Chefs waren insgeheim froh, sich eine Weile nicht mit ihr herumschlagen zu müssen.
    Und so saß sie nun hier und freute sich auf ihren vierwöchigen Rucksack-Trip durch Costa Rica und Panama. Sie hatte sich sogar ein Business-Class-Ticket gegönnt, obwohl es einen satten Teil ihrer Ersparnisse verschlang, aber sie hatte das Gefühl, es verdient zu haben.
    Die Stewardess brachte die Zeitungen, Tina wählte eine Ausgabe der Times, und als sie das Foto auf der Titelseite sah, gestattete sie sich ein befriedigtes Lächeln. Es zeigte einen kleinen, kahl werdenden Mann, der einen unvorteilhaften cremefarbenen Anzug trug. Obwohl er eigentlich spitzmaushafte Züge hatte, wirkten seine Wangen schlaff und aufgedunsen, und die zum Schutz gegen die Blitzlichter der Paparazzi erhobene Hand verlieh seiner Erscheinung etwas Gehetztes. Paul Wise stand unter gewaltigem Druck. Die Regierung hatte den Skandal überstanden, der in Gestalt von Anthony Gore über

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