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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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Dunkelheit konnte ich erkennen, dass sein Gesicht anschwoll, was mich mit fast geiler Freude erfüllte.
    Er landete auf dem Rücken im Kies, doch als ich ihn am Kragen packte, um ihn wieder hochzureißen, knallte er mir einen linken Haken gegen die Schläfe, der mich vollkommen verblüffte.
    Ich ließ seine Jacke los und taumelte ein paar Schritte zurück, dabei schüttelte ich den Kopf, um wieder klar zu sehen. Slade war lange nicht so groggy, wie ich gedacht hatte, sondern blitzschnell wieder auf den Beinen. Er stürmte in klassischer Boxermanier auf mich zu und verpasste mir eine überraschende Rechts-links-rechts-Kombination, die mich fast zu Boden schickte, ehe ich mich gerade noch fing und die Arme hochriss.
    Meine Nase unter der Skimaske blutete, und plötzlich befiel mich Panik. Ich realisierte, wie bescheuert es gewesen war, ihm so aufzulauern. Entweder hätte ich eine richtige Waffe mitbringen sollen, die das Kräfteverhältnis klar zu meinen Gunsten beeinflusst hätte, oder besser noch wäre ich gar nicht erst hergekommen. Ich dagegen hatte mich zu einer Wischi-Waschi-Aktion hinreißen lassen, und jetzt würde ich dafür bezahlen.
    Ich war deutlich angeknockt und weich in den Knien, als Slade mich mit einem Ausdruck puren Hasses auf seinem zerschlagenen Gesicht an der Kehle packte und mir mit der anderen Hand die Maske vom Gesicht riss.
    Inzwischen war über ein Jahr vergangen, trotzdem sah ich, wie seine Augen in jäher Erkenntnis aufleuchteten, als er merkte, dass er mich von irgendwoher kannte. Und Sekundenbruchteile später kam die Überraschung hinzu, als er realisierte, von wo.
    In diesem Moment berappelte ich mich wieder und jagte ihm mein rechtes Knie mit voller Wucht in den Unterleib. Ich schaffte es tatsächlich, dass er einige Zentimeter vom Boden abhob und mit einem einzigen gequälten Aufschrei wieder landete. Da knallte ich ihm bereits einen kurzen Haken unters Kinn, und er ging zu Boden wie ein Sack Kartoffeln.
    Das war’s. Als ich die Chance zur Flucht erkannte, wich aller Ärger, alle Aggressivität – ich drehte mich einfach nur um und rannte davon. Irgendwann fragte ich mich, was jetzt wohl passieren würde, nachdem ich mir einen Gangster zum Feind gemacht hatte, den manche den »Säure-Mann« nannten.
    Eine Weile lang passierte gar nichts. Ich machte mich unsichtbar und hoffte, er würde den Vorfall vergessen. Damals arbeitete ich, wie viele Undercover-Cops, nur teilweise für die CO10, die übrige Dienstzeit verbrachte ich bei der Camden-CID, einigermaßen weit von Jasons Jagdgründen entfernt. Weit genug, hoffte ich, doch vielleicht zwei Wochen später nahm mich mein dortiger Chef Dougie MacLeod beiseite und fragte mich, ob es etwas gäbe, das ich ihm erzählen wollte.
    Dougie zählte zu den Vorgesetzten, die man besser nicht verarschte. Wie alle guten Cops konnte er Ärger aus einer Meile Entfernung riechen, und so saß er nur gelassen hinter seinem Schreibtisch und wartete darauf, dass ich redete. Er wusste etwas, das spürte ich sofort, und so gestand ich ihm alles, sagte, ich wisse nicht, was über mich gekommen wäre, und überließ mich seiner Gnade.
    Als ich geendet hatte, erklärte er mir, Jason Slade hätte nicht nur herausgefunden, wer ich war und wo ich arbeitete, sondern auch ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt. »Für das, was Sie mit ihm veranstaltet haben, will er Sie umbringen lassen, Sean. Ihre Boxereinlage hat seinem Ruf ziemlich geschadet, und diese Scharte will er jetzt wieder auswetzen.«
    Ich verspürte einen Hauch Befriedigung, die allerdings davon überschattet wurde, dass jemand für meine Ermordung bezahlen wollte. Zwar gibt es im Südosten Englands nicht allzu viele Auftragskiller, aber sicher mehr als genug, die Slades Angebot dankbar annehmen würden.
    »Und was soll mein Kopf kosten?«
    MacLeod schaute mich erbost an, doch dahinter, das spürte ich, amüsierte ihn das Ganze.
    »Zwanzig Riesen. Doppelt so viel, wie Sie wert sind.«
    Dann zeigte sich, was für ein guter Cop er war.
    Er hätte mir einen Vortrag über meine Dummheit halten können. Er hätte mich disziplinarisch belangen können. Er hätte sogar sagen können, das Ganze gehe ihn nichts an, ich solle selber sehen, wie ich mich da wieder herauswand. Das Ganze geschah nur wenige Jahre nach der Hooligan-Geschichte, die ebenfalls ziemlich schiefgegangen war, er hätte also allen Grund dazu gehabt, mich als notorischen Schläger zu betrachten. Doch so ein Cop war Dougie MacLeod nicht. Er kümmerte

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