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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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getürkt ist. In der Zwischenzeit haben wir genug Indizien, damit der Richter morgen die Fortdauer der Haft bestätigt. Deshalb denke ich, wir haben zur Feier des Tages alle einen ordentlichen Schluck verdient. Das ganze Team, Sie eingeschlossen, Tina.« Er rang sich ein freundliches Lächeln ab. »Dürfen wir heute Abend auch mit Ihrer Anwesenheit rechnen, Ms. Boyd?«
    Sein Ton ließ vermuten, er wolle sie nur ein wenig aufziehen, doch Tina hörte den sorgsam verpackten Unterton sehr deutlich. Sie ging selten, praktisch nie mit ihren Kollegen aus. Längst zog sie es vor, von der Arbeit direkt in ihre Wohnung zu fahren, wo sie allein lebte. Dort machte sie sich einen Happen zu essen, um sich dann vor dem Fernseher systematisch volllaufen zu lassen, vor ihren Kollegen und den Problemen der Welt verborgen. Doch sie war sich auch der Verantwortung, die sie als DI hatte, bewusst, nun, da sie eine Gruppe von Detectives kommandierte. Deshalb musste sie zumindest ihren guten Willen zeigen.
    »Na klar. Ich werde auf einen Drink vorbeischauen.«
    »Sehr schön. Ich freue mich, Sie einmal außer Dienst zu treffen.«
    Tina bezweifelte das. Wenn sie trank, dann kompromisslos. Und das war kein schöner Anblick. Aber natürlich erwiderte sie nichts.
    »Und verbreiten Sie keine schlechte Laune, indem Sie sich vor den anderen über Kents Alibi auslassen«, fügte er hinzu. »Das ist der verzweifelte Versuch eines Mannes, der quasi in flagranti erwischt wurde, eine letzte Nebelkerze zu zünden.«
    Sie nickte. »Okay, versprochen. Sie haben mich überzeugt.«
    Das Problem war nur, dass er das nicht hatte.

FÜNFZEHN
    Einer der übelsten Typen, mit dem ich es je zu tun gehabt habe, war ein aufstrebender Gangster aus Essex: Jason Slade. Er besaß eine Securityfirma, die in Diskotheken in Kent und Essex die Türsteher stellte und damit den Drogenhandel kontrollierte. Außerdem war er der Boss einer Diebesbande, die Luxuslimousinen stahl, umfrisierte und nach Russland und in den Nahen Osten exportierte. Ein hochprofitables Unternehmen, das nach Schätzungen der National Crime Squad jährlich mehrere Millionen Pfund einbrachte und einen Achtundzwanzigjährigen ohne irgendeine berufliche Qualifikation verdammt reich machte.
    Wie Tyrone Wolfe war auch Slade paranoid und bei seinen Geschäften extrem vorsichtig. Außerdem war er ein Sadist, der es genoss, die Leute zu foltern, die ihm in die Quere kamen, was schnell passierte. Ein Gerücht besagte, er habe einmal einem amourösen Rivalen das Auge mit einem Teelöffel herausgehebelt, während das Mädchen, um das es ging (und das sich gegen Slade entschieden hatte), zusehen musste. Ob die Geschichte der Wahrheit entsprach oder nicht – ich neige dazu, sie zu glauben –, sie festigte Slades Ruf sowohl als Mann, mit dem man sich besser nicht anlegte, und auch als einer, den man nur schwer belangen konnte, weil offenbar alle eine Heidenangst vor ihm hatten.
    Dann aber wurde einer aus seiner Gang mit einem Kilo Marihuana und hundert Grammtütchen Koks in einem gestohlenen Porsche 911 angehalten. Der Bursche war ein gut aussehender Windhund namens Tony Boyle, der sich wegen früherer Drogendelikte auf Bewährung befand und mindestens sieben Jahren Knast entgegensah. Kein Wunder, dass er sich auf einen Deal mit der Polizei einließ.
    Nun hatten wir eine Möglichkeit, an Slade heranzukommen. Da Boyles Aussage für eine Verurteilung nicht ausreichte, sollte er ihm eine Falle stellen. Offenbar hatte Slade Schwierigkeiten, einen verlässlichen Kokainlieferanten zu finden, der ihn mit genug Stoff für seinen Handel in den Diskotheken versorgte. Anscheinend musste er es zu überhöhten Preisen von Londoner Großdealern beziehen, unter anderem auch von Tyrone Wolfe. Boyle sollte mich und einen anderen Undercover-Cop seinem Boss als Koksimporteure vorstellen, die in der Lage wären, seine Probleme zu lösen.
    Es dauerte Wochen, bis nach zähen, in solchen Fällen nicht ungewöhnlichen Verhandlungen ein Treffen in einem billigen Motel vereinbart wurde. Es lag an der A127 nahe Southend. Das Ganze ist jetzt einige Jahre her, und damals waren die Aufnahmegeräte noch nicht so ausgeklügelt wie heute. Da es nur ein Treffen zum Kennenlernen war, waren wir nicht verdrahtet. Unser Plan war es, Slades Interesse zu wecken, den Testkauf einer Probe zu vereinbaren und ihn dann bei der Geldübergabe festzunehmen.
    Slade war einverstanden, sich ohne Boyle mit uns zu treffen, er war sogar allein, als wir fünfzehn

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