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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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sich um seine Leute, und war erfahren genug zu wissen, wie hart es war, undercover zu arbeiten.
    Stattdessen ließ er mich schmoren, und nachdem ich eine Woche lang Blut geschwitzt hatte, nahm er mich erneut beiseite und berichtete mir, die Geschichte sei erledigt, das Kopfgeld existiere nicht mehr. Außerdem eröffnete er mir, er habe mich für eine Reihe von Therapiesitzungen bei einem Polizeipsychiater angemeldet, mit dem ich meine Probleme lösen könne, denn wenn ich die Linie noch einmal überschritte, wäre es das gewesen. Er würde dann nicht ruhen, bis man mich aus dem Dienst jagte.
    Es dauerte Jahre, bis ich herausfand, was wirklich passiert war. Offenbar hatte Dougie mit Captain Bob, meinem Boss bei der CO10, gesprochen, der mich anfänglich sofort abservieren wollte, doch MacLeod hatte ihn überredet, mir eine zweite Chance zu geben. Daraufhin hatten die beiden unter den einflussreicheren Gangstern der Londoner Unterwelt verbreiten lassen, wenn mir etwas zustieße, würden sie alle – und nicht nur Slade – ernsthafte Probleme mit der Polizei bekommen. Das war mehr oder weniger ein Bluff, aber er schien gewirkt zu haben, denn ich habe nie wieder etwas von Jason Slade oder einem seiner Handlanger gehört, außer, dass er immer noch die Drogenszene in Essex kontrollierte und den Behörden auf der Nase herumtanzte.
    Doch mein Verhältnis zu Dougie wurde nach der Geschichte mit Slade zusehends angespannter, obwohl ich mir alle Mühe gab, meine Schuld abzutragen. Ich verpasste keine Therapiesitzung und benahm mich auch ansonsten vorbildlich, doch allmählich musste ich mir eingestehen, dass es nie mehr wie früher sein würde, weshalb ich mich letztlich dafür entschied, ganz zur CO10 zu wechseln.
    Aber ich vermisste Dougie und die alte Holborn-Truppe, mit der ich den größten Teil meiner Dienstzeit verbracht hatte. Immer wenn es bei mir nicht so gut lief, schlich ich mich in das »Fox and Hounds«, den Pub an der Ecke, in dem wir nach der Schicht einen trinken gingen. Auch an diesem Abend verlangte es mich nach der alten Kameraderie, und da ich sowieso viel zu viel zu Hause herumhockte und darüber nachgrübelte, wie ich aus meiner jetzigen Situation wieder herauskommen sollte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Unterwegs hielt ich nur an, um die Pistole, die ich an diesem Tag benutzt hatte, in einem überquellenden Müllcontainer zu entsorgen – gereinigt, auseinandergenommen und ohne Schlagbolzen in ein paar alte Lumpen gewickelt.
    Als ich zum ersten Mal nach schrecklich langer Zeit meine alten Jagdgründe wieder betrat, war es halb sechs, und der Laden brummte bereits. An der Bar machte ich ein paar bekannte Gesichter aus, allerdings weniger, als ich gehofft hatte. Dougie war da, natürlich, er konnte immer einen Drink vertragen. Er unterhielt sich mit einer Gruppe von sechs oder sieben Leuten, zu denen erfreulicherweise auch Simon Tilley gehörte, der im selben Jahr wie ich nach Holborn versetzt worden war und der zu den wenigen zählte, mit denen ich im Laufe der Jahre Kontakt gehalten hatte.
    Das Problem der Undercover-Jobs war, dass man keine Beziehungen pflegen konnte, weder mit Kollegen noch privat. Es war fast ein Jahr her, seit ich mich von meiner letzten Freundin getrennt hatte und beinahe fünf, seit ich eine ernsthafte Beziehung geführt hatte. Manchmal überlegte ich deshalb, den Undercover-Job zu schmeißen, zur CID zurückzukehren oder mich wieder Dougie MacLeods Truppe anzuschließen. Aber ich wusste, früher oder später würde ich mich langweilen, weil ich die Erregung der Undercover-Arbeit vermissen würde.
    In diese Gedanken versunken, bahnte ich mir meinen Weg zur Bar, bestellte ein Bier und schob mich zu den Ex-Kollegen hinüber.
    Simon entdeckte mich auch gleich, kam mit einem Pint in der Hand auf mich zu und legte mir freundschaftlich den Arm um die Schulter. »Mensch, Alter, lange nicht gesehen. Was treibt dich hierher?«
    Ich sagte, ich wolle nur mal wieder vorbeischauen, und er zog mich weiter, zu seiner Gruppe. Dougie sah mich, lächelte mir ein wenig unbehaglich zu, streckte aber die Hand aus.
    »Sean. Wie läuft’s drüben bei CO10?«
    Ich sagte ihm, alles laufe gut, wir hätten ein paar hübsche Festnahmen zu verbuchen, und war froh, dass er offenbar nicht gehört hatte, dass ich langfristig krankgeschrieben war.
    Er nickte, wirkte jedoch abwesend. »Nun denn, freut mich, Sie zu sehen«, sagte er, aber er redete nur so daher, freute sich in keinster Weise, mich zu

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