Intelligenz unerwünscht
Werkstück kann 187.000 Jahre alt sein; aber wenn es das ist, hat es niemals so lange im Wasser gelegen. Das hätten wir festgestellt. Es war nicht länger als höchstens vier Wochen den Salzfluten ausgesetzt, wahrscheinlich weitaus kürzer. Das bedeutet, daß dieses Lager …«
»… mit den Nachschubgütern von MV-ALPHA-VI angekommen ist«, fiel ich ihm ins Wort.
Er schaute mich unwillig an.
»Unterbrechen Sie mich bitte nicht. Es kann sein, ja! Es ist eine der beiden Möglichkeiten. Dabei bleibt allerdings die Frage offen, wie es in den Atlantik gekommen ist. Der Großtransmitter von ALPHA-VI hat sein Material bekanntlich auf dem australischen Kontinent und in der Antarktis abgesetzt. Das Diamantenlager ist aber mit Salzwasser in Berührung gekommen.«
»Das Robotgehirn GODAPOL, stationiert unter der australischen Festlandkruste, hatte die Aufgabe, die eintreffenden Nachschubgüter zu verteilen«, blieb ich bei meiner Auffassung. »Zahlreiche Wissenschaftler, unter ihnen auch Dr. Allison, sind der Auffassung, daß es dem von mir zerstörten Positronikkommandanten hier und da gelang, seine Nachschubgüter wie geplant weiterzureichen. Da Atlantis fraglos einmal existierte; und da wir aus den marsianischen Unterlagen wissen, daß es dort einst eine Großindustrie gab, kann es möglich sein, daß dieses Lager per Sekundärtransmitter an eine noch intakte Empfangsstation von Atlantis weiterbefördert wurde.«
Reling lachte plötzlich. Ich hatte mich in meiner eigenen Falle gefangen.
»Genau das könnte geschehen sein«, bestätigte er. »Damit haben Sie die zweite Version berührt, HC-9! Entweder ist das Lager von den Marsianern vor 187.000 Jahren auf dem Erdteil Atlantis fabriziert worden und mit dem Kleinkontinent versunken, oder es wurde vom GODAPOL-Gehirn weiterbefördert. Beide Möglichkeiten beweisen aber, daß dieses Werkstück nicht in irgendeiner vom Salzwasser umspülten Felsspalte gelandet ist, sondern in einem wasserdicht abgeschlossenen Raum. Dort wurde es gefunden, oder gestohlen, oder wie man es sonst nennen mag. Wir können es nicht feststellen, denn dieses speziell bearbeitete Material reagiert nicht auf die Kohlenstoff-Halbwertszeit-Diagnose der Physiker. Das Alter kann daher mit dem sonst so zuverlässigen Verfahren nicht ermittelt werden. Ich kann Ihnen aber anderweitig beweisen, daß dieses Diamantlager nicht vom Marsversorger ALPHA-VI stammt, sondern aus der marsianischen Kriegsproduktion vor 187.000 Jahren.«
Ich war fassungslos. Mein rascher Rundblick blieb ergebnislos. Die anwesenden Wissenschaftler, sicherlich nicht unbeteiligt an dieser Feststellung, verzogen keine Miene.
Im Hintergrund des Laborraumes blendete ein Bildschirm auf. Das Hauptleistenbild eines menschlichen Fingers war nur schwach erkennbar, aber man konnte sehen, daß es sich um einen Abdruck handelte. Er war ungewöhnlich breit und lief nach dem Nagel hin spitz aus.
»Es ist der Fingerabdruck eines Frühmenschen aus der Atlantis-Epoche«, behauptete Reling. »Das Diamantlager ist von einem Atlanter hergestellt oder bei der Endkontrolle angefaßt worden. Auf unserer heutigen Welt gibt es keinen Menschen, der einen solchen Fingerabdruck aufweist. HC-9, Ihre Frage ist damit beantwortet. Das Werkstück ist 187.000 Jahre alt, aber es lag nur kurze Zeit im Wasser. Es ist von Dr. Feinbinder gefunden und mitgenommen worden. Wie hätte es sonst in die Innentasche seines Tauchanzuges gelangen sollen?«
Ich stellte keine Fragen mehr. Als ich den Labortrakt verließ, schrieben wir den 25. April 2010,13.11 Uhr.
3.
Die Bordmaschine eines
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