Intelligenz unerwünscht
Bänder endeten vor dem Wohntrakt, der in verschiedene Ebenen unterteilt war. Hier schien die marsianische Lehrerschaft gewohnt zu haben. Die viel zu kleinen Möbel waren durch irdische Erzeugnisse ersetzt worden.
Wir passierten eine der üblichen Druck- und Entgiftungsschleusen. Vor uns lag eine halbrunde Tür aus meterstarkem MA-Metall. Nur eine schwere Atomladung hätte sie gewaltsam aufbrechen können.
Hannibal sah mich kurz an. Ich wußte warum, denn ich fühlte ebenfalls den Impulsstrom, der von dem marsianischen Schloß ausging. Dieses Panzerschott, das allein den Zutritt zur Schaltzentrale, den Programmierungsräumen und den Gemächern des ehemaligen Marskommandeurs erlaubte, reagierte wie die Schlösser in der Mondstadt Zonta auf einen telepathischen Öffnungsimpuls.
Dr. Bulmers wußte das selbstverständlich, aber er konnte nur die zusätzlich angebrachte Öffnungsmechanik bedienen. Er war kein Telepath!
Byenuera meldete uns an. Die mächtige Tür schwang auf. Dahinter erstreckte sich ein saalähnlicher Raum mit zahlreichen Bildschirmen an Decke und Wänden.
Jetzt konnten wir die Tiefsee wieder ausmachen. Weiter rechts erkannte ich die unterseeischen Felshänge der östlichen Azoreninsel Santa Maria.
Dr. Jerome A. Bulmers trug ebenfalls die blütenweiße, aus einem Stück gefertigte Kombination der hiesigen Akademiker.
Wir wußten, daß zur Zeit achtundvierzig Wissenschaftler und Techniker anwesend waren. Sie waren skrupellos genug, wegen persönlicher Vorteile diesen wissenschaftlich verbrämten Massenmord nicht nur zu dulden, sondern sogar zu unterstützen. Gleichzeitig wurden sie selbst aufgestockt, natürlich mit der vorgeschriebenen Behutsamkeit.
Bulmers war der neunundvierzigste Experte innerhalb dieses Stützpunktes. Auf dem Brustteil seiner Kombination leuchtete eine golden strahlende Sonne. Ich tastete ihn an und erfuhr, daß er in krankhafter Gier nach Anerkennung auf eine Bemerkung wegen dieser Sonnenabbildung wartete. Hätte ich ihn jetzt verspottet, wäre ich ein toter Mann gewesen.
Hannibal, Lahoa und Kenji schwiegen klugerweise. Ich blieb stehen, schaute wie gebannt auf das Sonnensymbol und schritt etwas weiter in den Raum hinein. Bulmers lauerte immer noch, aber das konnte nur ein Telepath erkennen. Äußerlich gab er sich völlig ausgeglichen. Ich schauspielerte wieder einmal um mein Leben.
»Sie – Sie haben uns getäuscht, Sir«, stieß ich wie fassungslos hervor. »Sie … Sie sind kein Erdgeborener! Die goldene Sonne war das Symbol des Mars und das Zeichen für die Söhne der Sonne. Wer sind Sie? Ein Überlebender des Mars oder ein Inkafürst? Bitte, sprechen Sie diesmal die Wahrheit, bitte!«
Ich schämte mich vor mir selbst, aber ich hatte ihn für mich gewonnen. Innerlich jubelte er vor Freude. Auf solche Worte hatte sein kranker Geist gewartet, sich danach gesehnt. In diesem Augenblick hätte ich ihm alle möglichen Zugeständnisse abringen können – wenn Byenuera nicht dabeigewesen wäre.
»Sie schmeicheln, Verehrtester!«
»Nein, Sir, wirklich nicht. Ich kenne dieses Zeichen. Es wurde auch von Admiral Saghon getragen.«
Dr. Pablo-Maria Byenuera warf mir einen ironisch-drohenden Blick zu. Er war ein guter Arzt. Er durchschaute mein Spiel und wußte, daß ich die psychische Labilität seines Chefs erkannt hatte und mich darauf einstellte.
»Bitte nehmen Sie doch Platz«, bat Bulmers fast herzlich. Jetzt lächelte er strahlend. »Mr. Bertonelli, senken Sie die Mündung ihrer scheußlichen Waffe. Sie ebenfalls, meine Herren. Es genügt, wenn Sie wachsam sind. Das, Herr Kapitän –« er
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