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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ihrer Nähe finden sich keine Pfotenabdrücke der Hunde.
    Die Dobermänner wurden darauf ausgebildet, sich auf menschliche Eindringlinge zu konzentrieren und das Wild so weit wie möglich zu ignorieren. Ansonsten wären sie in einem Augenblick, der für die Sicherheit ihres Herrn von Belang ist, vielleicht abgelenkt. Sie gehen niemals auf Kaninchen, Eichhörnchen oder Opossums los – oder gar Rehe –, wenn nicht starker Hunger sie dazu treibt. Sie jagen sie nicht mal spielerisch.
    Dennoch schenken die Hunde anderen Tieren Beachtung, die ihre Wege kreuzen. Soweit ihre Ausbildung es zuläßt, geben sie ihrer Neugier nach.
    Sie hätten sich diesem Hirsch genähert und ihn eingekreist, als er hier stand. Entweder wäre das Tier vor Furcht wie gelähmt gewesen, oder es wäre davongelaufen. Und danach wären die Hunde die Einfahrt auf und ab gelaufen und hätten an der Fährte geschnüffelt.
    Doch zwischen den Hufeindrücken ist kein einziger Pfotenabdruck zu sehen.
    Mr. Vess reibt seine schmutzigen Fingerspitzen aneinander, erhebt sich zu voller Größe, dreht sich langsam einmal im Kreis und sucht dabei die Umgebung mit Blicken ab. Die Wiesen im Norden und die fernen Nadelwälder dahinter. Die Auffahrt, die nach Osten zu dem kahlen Hügel führt. Der Garten im Süden, dahinter weitere Wiesen und erneut Wald. Schließlich die Wiese hinter der Scheune, dann die Ausläufer der Hügel. Der Hirsch – falls es einer war – ist fort.
    Edgler Vess steht reglos da. Lauscht. Hält Ausschau. Atmet tief ein, nimmt Gerüche auf. Dann holt er eine Weile durch den offenen Mund Luft und versucht sie mit der Zunge zu schmekken. Er spürt die feuchte Luft wie die klamme Haut einer Leiche auf seinem Gesicht. All seine Sinne sind weit geöffnet, bis zum Maximum aufgeblendet, und die vom Regen frisch gewaschene Welt sickert in sie hinein.
    Aber er kann an diesem Morgen nichts Bedrohliches ausmachen.
    Als Vess das Nummernschild am Heck des Wohnmobils anbringt, trottet Tilsiter zu ihm. Der Hund drückt die Schnauze gegen den Nacken seines Herrn.
    Vess ermuntert den Dobermann, bei ihm zu bleiben. Als er mit dem Nummernschild fertig ist, schickt er Tilsiter zu der nahen Wildspur.
    Der Hund scheint die Fährte nicht zu sehen. Oder er sieht sie, hat aber nicht das geringste Interesse an ihr.
    Vess führt ihn zu der Spur, direkt auf die Abdrücke. Erneut zeigt er auf sie.
    Da Tilsiter offenbar verwirrt ist, legt Vess die Hand auf den Hinterkopf des Hundes und drückt seine Schnauze direkt in einen der Abdrücke.
    Der Dobermann nimmt endlich einen Geruch auf, schnüffelt eifrig, winselt vor Aufregung – und kommt dann zu dem Schluß, daß ihm nicht gefällt, was er riecht. Er windet sich unter der Hand seines Herrn hervor, weicht zurück und schaut verlegen drein.
    »Was ist los?« sagte Vess.
    Der Hund leckt seine Lefzen. Er wendet den Blick von Vess ab, schaut zu den Wiesen, der Auffahrt, dem Hof. Er sieht Vess wieder an, trottet dann aber los und setzt seinen Rundgang in südliche Richtung fort.
    Die Bäume tropfen noch immer. Nebel steigt auf. Die leergeregneten Wolken jagen gen Südosten.
    Mr. Vess entschließt sich, Chyna Shepherd sofort zu töten.
    Er wird sie in den Garten zerren, sie zwingen, sich bäuchlings auf das Gras zu legen, und ihr ein paar Kugeln in den Hinterkopf schießen. Er muß heute abend arbeiten, und davor muß er noch ein paar Stunden schlafen; also hat er leider keine Zeit, ein langsames Töten zu genießen.
    Wenn er dann später nach Hause kommt, kann er sie im Garten begraben, während die vier Hunde zusehen und die Insekten im hohen Gras singen und die größeren die kleineren verzehren. Er wird Ariel zwingen, alle Leichen zu küssen, bevor sie auf ewig im Boden verschwinden – und das alles im Licht des Mondes, falls er scheint.
    Jetzt aber schnell. Sie erledigen und schlafen.
    Als er zum Haus eilt, bemerkt er, daß er den Schraubenzieher noch in der Hand hält. Wenn er diesen Gegenstand statt der Pistole benutzt, wird es vielleicht interessanter, wenngleich es damit natürlich langsamer geht.
    Die steinerne Treppe hinauf auf die Veranda, wo der Finger der Anwältin aus Seattle in der kühlen, windstillen Luft stumm zwischen den Muscheln hängt.
    Er macht sich nicht die Mühe, seine Füße abzutreten, ein seltener Bruch mit einer geradezu zwanghaften Gewohnheit.
    Als er die Tür öffnet und ins Haus tritt, gesellt sich zum Quietschen des Scharniers das Geräusch seines zerrissenen Atems. Er schließt die Tür

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