Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr
Sophie zurzeit nicht reden kann“, meinte Hanna. „Oder vielmehr, du hörst es. Und für dich wäre es auch besser, dich mal abzukühlen.“
Hanna schaffte es, Leonie zu beruhigen. In ihr sah es allerdings auch nicht ganz ruhig aus. Normalerweise störte sie Sophies Musik nicht. Aber bei der Lautstärke gab es kein Entkommen mehr, sogar wenn man Kopfhörer aufsetzte. Der Lärm ging ihr genauso gewaltig auf die Nerven wie Leonie. Trotz allem war sie überzeugt davon, dass die Vernünftigeren von ihnen, sprich sie und Nina, jetzt einen kühlen Kopf bewahren mussten. Dann war spätestens nach dem Abendessen alles vergessen.
Am Ball bleiben
Bis jetzt war der Streit noch mehr oder weniger eine reine Privatangelegenheit zwischen Hanna und Leonie auf der einen und Nina und Sophie auf der anderen Seite gewesen. Zumindest hatten sie sich noch so weit im Griff, sich nicht vor anderen Schülerinnen lautstark in die Haare zu kriegen. Aber beim Abendessen ließen sich die Spannungen nicht mehr verheimlichen. Als Hanna und Leonie zum Essen eintrafen, saßen Nina und Sophie bereits am Tisch. Die beiden würdigten Hanna und Leonie keines Blickes und sprachen kein Wort mit ihnen. Stattdessen unterhielten sie sich demonstrativ angeregt miteinander und behandelten die beiden anderen wie Luft. Hanna würgte in mieser Stimmung ein paar Bissen hinunter, dann hielt sie es nicht mehr aus.
„Was soll der Psychoterror?“, fragte sie Nina direkt ins Gesicht.
„Lass uns in Ruhe!“, antwortete Nina kalt. „Warum unterhältst du dich nicht mit deiner Freundin und nervst uns nicht?“
Hanna blieb die Spucke weg. Mit dicker Luft hatte sie gerechnet, aber nicht damit, dass die Lage schon so schlimm war.
„Was ist, du Mimose, hat es dir die Sprache verschlagen?“, meinte Nina. „Auf einmal so sensibel, die Damen“, fügte sie an Sophie gerichtet hinzu. „So kennen wir sie gar nicht.“
„Seid ihr übergeschnappt?“, rief Hanna so laut, dass es der halbe Saal hören konnte.
Nina stand auf und nahm Sophie am Arm.
„Das müssen wir uns nicht anhören“, sagte sie. „Nicht von denen.“
Die beiden nahmen demonstrativ am Nachbartisch Platz. Dort, wo Angelika, Nadine und Jennifer saßen. Hanna verstand, was sie ihnen damit sagen wollten. Im Moment saßen sie sogar lieber bei Angelika und ihren Freundinnen als bei ihr und Leonie.
„Geht doch zu eurer Leberwurst“, zischte ihnen Leonie hinterher. Angelikas Eltern waren stolze Besitzer einer Wurstfabrik, daran wurde sie jedoch nicht so gern erinnert. Sie sprach lieber von einem Unternehmen der Nahrungsmittelbranche und man konnte sie immer bestens damit ärgern, wenn man sie an das erfolgreichste Produkt ihrer Eltern erinnerte: die Lüneburger Landleberwurst. Noch mehr ärgerte sich Angelika darüber, dass Lüneburger Landleberwurst schon so etwas wie ihr Spitzname geworden war. Den benutzten ihre Mitschülerinnen aber wirklich nur, wenn gar nichts mehr half. Denn wenn sie den hörte, konnte Angelika so richtig in die Luft gehen. Doch diesmal schien sie gar nicht hinzuhören, sondern lächelte Sophie und Nina an.
„Warum sind die auf einmal mit Angelika und ihrer Bande so innig?“, sagte Hanna mehr zu sich selbst als zu ihrer Freundin.
„Das kann ich mir auch nicht erklären“, antwortete Leonie. „Aber ich habe das Gefühl, hier läuft irgendein mieses Spie l …“
„Komm, wir gehen lieber“, raunte Hanna ihrer Freundin zu. Wütend verschwanden die beiden auf ihr Zimmer, ohne ihre Freundinnen, oder eher Ex-Freundinnen, noch eines Blickes zu würdigen. Sie hatten kaum etwas gegessen. Aber auch Nina und Sophie war der Appetit vergangen. Was sie mit Angelika reden sollten, wussten sie sowieso nicht. Deshalb verabschiedeten auch sie sich bald.
„Auweia, da geht es ja ganz schön rund“, meinte Nadine, nachdem Nina und Sophie gegangen waren. „Was ist denn in die Mädels gefahren, die sind doch sonst immer ein Herz und eine Seele?“
„Hast du schon vergessen, was ich dir vorhin erzählt habe?“, erinnerte sie Angelika. Nadine grinste über das ganze Gesicht. Ihre Freundin hatte ihr lang und breit von ihren Plänen berichtet. Aber sie hatte das nur für eine von Angelikas Schnapsideen gehalten und nicht an den Erfolg geglaubt. Dafür war die Intrige doch ein bisschen zu plump. Das war jedenfalls Nadines Meinung gewesen. Aber jetzt lief die Sache anscheinend noch viel besser, als selbst Angelika gedacht hatte.
„Du hast Ernst gemacht?“, fragte Nadine und grinste
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