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Interwelt

Interwelt

Titel: Interwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isidore Haiblum
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Boden bockte wie ein störrisches Pferd, kam sie auf die Beine. »Dürfte ich meine Tasche wiederhaben?« bat sie honigsüß.
    »Nein!« weigerte sich Rand.
    Debbie bemühte sich immer noch um Wadsworth.
    »Wir verschwinden besser«, meinte Rand. »Ihn müssen wir eben tragen.« Er packte Wadsworth unter den Achseln.
    »Wenn Sie mir meine Tasche nicht zurückgeben, komme ich mit«, warnte Gloria Graham.
    »Was haben Sie denn so Kostbares in der Tasche? Den Goldschatz von Fort Knox?« fragte Lister und faßte Wadsworth an den Fußgelenken.
    Die fünf, mit Clayt wie eine Schaufensterpuppe waagerecht in der Mitte, hasteten den Gang entlang und stießen auf weitere Flüchtende aller Hautfarben. »Hat ja doch keinen Sinn«, keuchte ein fetter Mann. »Sie erwischen uns sowieso.«
    »Wer, Mann?« wollte Mark Rand wissen, aber der Fette zuckte lediglich die Schultern.
    Die Menge quoll jetzt durch eine breite Flügeltür in einen riesigen Raum, der mit seinen Sitzreihen ringsum einer kleinen Arena glich. Lister und Rand lehnten Wadsworth an eine Wand.
    »Bleiben wir hier?« fragte Debbie.
    »Hier an der Tür ist es am sichersten«, meinte Lister.
    »Meine Tasche!« verlangte Gloria.
    »Ich will noch nicht sterben!« wimmerte ein dünner Mann.
    Ein anderer, korpulenter, betete auf den Knien, und Tränen strömten ihm über die Wangen. Männer und Frauen schrien.
    »Armageddon«, murmelte ein distinguierter Indianer.
    »Arma was?« fragte Lister.
    »Das Ende – überall«, erklärte ihm Rand und kippte um.
    Der Boden hatte sich schiefgelegt. Die Explosion erschütterte das ganze Gebäude.
    »Eine Atombombe«, sagte ein Wachmann mittleren Alters, der auf Debbie Newberg zu liegen gekommen war. »Entschuldigen Sie.« Er rollte von ihr hinunter. »Ja, eine Atombombe.«
    »Wo ist Clayt?« schrie Debbie.
    »Hier, unter mir«, brüllte Lister zurück.
    Gloria Graham sprang auf Lister und entriß ihm ihre Umhängetasche.
    »Behalten Sie sie«, brummte Lister verärgert.
    »Vielleicht sollten wir beten«, meinte Debbie. »Zu wem?« brüllte Rand. »Siehst du denn nicht, daß das Satans Werk ist? Wir sind alle in seiner Hand.«
    »Kniet euch nieder vor dem Teufel!« schrie ein hysterischer Abgeordneter. »Alle Macht dem Teufel!«
    Wieder schüttelte etwas wie eine Riesenfaust das Gebäude.
    »Noch eine Atombombe«, erklärte der Wachmann deprimiert. »Irgendwo in der Stadt. Sie werfen Atombomben.«
    »Verzeihen Sie, kennen Sie vielleicht ein Gebet für Verstorbene?« fragte ein Mann schüchtern.
    »Ist denn jemand tot?« erkundigte sich Lister.
    Wieder legte der Boden sich schief wie das Deck eines Segelboots im Sturm. Große Trümmer hagelten von der Decke herunter. Eine Wand brach auf, und hinter breiten Rissen kamen rostende Stahlträger zum Vorschein.
    »Verrücktes Ende«, brummte Lister.
    »Leb wohl, Baby«, sagte Debbie zu dem immer noch völlig starren Wadsworth.
    Selbst jetzt, so kurz vor dem Weltuntergang, waren durch die Risse und Spalten Schüsse von Handwaffen zu hören.
    Gloria Graham schrie verzweifelt in ihre Puderdose.
    Das Gebäude wurde wie ein Malariakranker geschüttelt. Langsam spaltete sich der Fußboden. Eine ganze Menge heulender Abgeordneter verschwand in der so geschaffenen Kluft. Andere hielten sich schreiend an Stühlen und Tischen fest. Fast lautlos zerfiel eine Außenwand des Gebäudes und gab den Blick zum East River und zu einem brennenden Himmel frei.
    Der kleine Mann in der weißen Toga streckte den Kopf durch einen Spalt der Innenwand und schaute sich besorgt um.
    »Ah!« murmelte er, als er die Gruppe bei der Flügeltür entdeckte. Erleichterung zeichnete sich auf seinem Puttengesicht ab. »Endlich!« Das seltsame Gerät mit den vielen Lämpchen, das er auf die Gruppe richtete, machte Klick.
    Alles verschwand.
     
23.
     
    Die Straßen waren wieder um mich. Dunkle Häuser kauerten sich in langen, krummen Reihen aneinander. Bleiches Licht schien hinter schmutzigen Fensterläden. Nirgendwo zeigte sich ein Gesicht. Streunende Katzen und Ratten hatten die Bürgersteige für sich allein.
    Ich warf einen Blick über die Schulter und suchte das Haus, aus dem ich eben erst gekommen war. Es war nicht mehr da. Es sah überhaupt alles anders aus. Wo hatte ich meinen Wagen geparkt? Der Nebel begann erneut, Straßen und Häuser zu verhüllen, und mit ihm kam der Geruch des Meeres. Ich ging straßauf, straßab, bog um alle möglichen Ecken. Irgendwie waren die Fäden gerissen, die mich als Marionette bewegt

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