Intimer Betrug
stand Parker und nickte ihm zu. Vincent nickte zurück und schloss zu ihm auf.
Tief gebückt folgte er dem Fußweg und erstarrte, als sich die Tür einen spaltbreit öffnete und Fentington laut verlangte:
»He! Alle beide! Kommt raus, damit ich euch sehen kann.« Der Lauf einer Waffe erschien im Türspalt und zielte in ihre Richtung.
Vincent, der seine Pistole noch unter seinem Rock versteckt hielt, richtete sich auf. »Sag deinem Lakai, er soll hervorkommen, Raeborn.«
Vincent gab Parker ein Zeichen, aus der Deckung zu treten.
Nach kurzem Zögern verließ Parker sein Versteck. Als sie beide zu sehen waren, öffnete sich die Tür und Fentington erschien auf der Türschwelle.
Seine Kleider waren schmutzig und unordentlich, seine Haare zu lang. Bartstoppeln verdunkelten sein Gesicht, das seit Wochen nicht rasiert worden war. Zum ersten Mal trug er nicht wie üblich Weiß, sondern schwarze Reithosen mit einer fleckigen grauen Weste und einem schmutzigen Rock. Sein Hemd mochte einst weiß gewesen sein, war es aber nicht mehr.
»Rein da«, befahl Fentington und riss die Tür auf. »Ich würde Ihnen ja Tee anbieten, aber die Dienstboten haben heute frei.«
Vincent trat durch die Tür und durchquerte die Eingangshalle.
Parker folgte ihm widerwillig.
Fentington hob seine Pistole und richtete sie auf Vincents Brust. »Legen Sie Ihre Waffen auf den Boden und schieben Sie sie mit dem Fuß zu mir.«
Nach kurzem Zögern griff Vincent in seine Tasche und tat, was der andere verlangt hatte, genau wie Parker.
Fentington griff mit seiner freien Hand nach der Pistole, an die er am besten herankam. Mit einer fließenden Bewegung hob er die Waffe auf und feuerte.
Vincent zuckte zusammen und drehte sich zu Parker um.
Mit leerem Blick und einem Einschussloch auf der Stirn sackte dessen schlaffer Körper zu Boden. Seine Hand umklammerte noch die Pistole, die er hatte ziehen wollen.
Vincent schaute wieder zu Fentington, erwiderte seinen Blick.
»Sind Sie überrascht?«, fragte Fentington und ließ die abgefeuerte Pistole achtlos fallen.
Vincent wappnete sich. Wenn er es nicht schaffte, an Fentingtons Waffe zu gelangen, wäre er schon bald so tot wie Parker. »Wohl kaum. Ich war selbst schon einmal Adressat einer Ihrer Kugeln.«
Fentington runzelte die Stirn, als wüsste er nicht, wovon Vincent sprach. Doch dann breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht aus. »Ach ja. Die Kugel, die Sie auf dem Weg zu ihrer Liebsten abbekommen haben.«
Vincent biss sich auf die Zunge und sagte nichts.
Fentington schritt von einer Seite der Halle zur anderen und hielt die Waffe die ganze Zeit über auf Vincent gerichtet. »Was würden Sie erwidern, wenn ich Ihnen sagte, dass ich nicht auf Sie geschossen habe?«
»Ich würde Sie einen Lügner nennen.«
Fentington blieb vor Vincent stehen und starrte ihn an. Der Ausdruck in seinen Augen verfinsterte sich, ein Muskel in seiner Wange zuckte. »Schauen Sie sich ihn an.« Er deutete auf Parkers leblosen Körper auf dem Boden.
Vincent drehte den Kopf und blickte kurz auf Parkers Leiche. Dann wandte er sich wieder zu Fentington um.
Fentington feuerte ohne Vorwarnung über Vincents Schulter.
Vincent spürte den Luftzug der Kugel, die ihn nur knapp verfehlte. Am anderen Ende des Raumes zersprang ein Lampenschirm. Fentington zog noch eine Waffe aus der Tasche legte die andere neben sich auf die Kommode.
»Wenn ich auf Sie geschossen hätte, wären Sie jetzt tot. Ich hätte Sie nicht verfehlt.«
Vincent war verwirrt. Erste unangenehme Zweifel stiegen in ihm auf. »Aber ich habe Sie gesehen. Ich habe Ihr weißes Pferd gesehen«, beharrte er.
Fentington grinste. »Ich habe auch nicht behauptet, dass ich nicht dort war. Ich habe nur gesagt, dass ich nicht derjenige war, der auf Sie geschossen hat.« Er lief weiter auf und ab. »Haben Sie je in Erwägung gezogen, dass Ihnen noch jemand anders den Tod wünschen könnte, Euer Gnaden?«
Vincent starrte ihn an. Fentington zwang ihn, eine Möglichkeit in Betracht zu ziehen, die so verwerflich war, dass sie sein Vorstellungsvermögen überstieg. »Ich habe Sie gesehen. Warum sonst hätten Sie dort sein sollen?«
Fentington lächelte. »Ich habe sie beobachtet – Ihre Hure. Eigentlich hätte ich sie heiraten sollen. Ich hätte es auch getan – bis ich erfuhr, dass sie nicht mehr rein war. Dass sie sich schon einem anderen hingegeben hatte.« Er gestikulierte wild mit einer Hand. »Ich konnte wohl kaum eine Dirne zur Frau nehmen. Eine Frau, die
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