Intimer Betrug
Fentington hinauswollte.
Wieder lachte Fentington. »Sie wollen unbedingt, dass ich es bin, nicht wahr? Sie wollen, dass ich derjenige bin, der Ihnen und Ihrer Frau nach dem Leben trachtet, damit Sie sich nicht eingestehen müssen, dass es jemanden gibt, der Sie noch mehr hasst als ich.«
»Aber Sie waren es!«
»Ach, Raeborn. Ihnen fällt bestimmt noch ein anderer ein, der Sie und Ihren Erben nicht am Leben lassen kann.«
Vincent hatte das Gefühl, als würde ihm gleich der Kopf platzen. Seine Brust schmerzte und er bekam nur mit Mühe Luft. Wenn Fentington nun die Wahrheit sagte?
»Denken Sie nach, Euer Gnaden. Wer ist der einzige Mensch, der von Ihrem Tod profitieren könnte? Der einzige Mensch, der alles verliert, wenn Ihr Erbe geboren ist? Wenn das Kind ein Junge ist?«
Vincent blickte ihn stumm an.
Fentington blieb neben Parkers Leichnam stehen. »Wie haben Sie von Mr. Parkers Talenten erfahren, Durchlaucht?« Er lachte. »Lassen Sie mich raten. Ich wette, Ihr Cousin, Mr. Germaine, hat ihn Ihnen empfohlen. Habe ich recht?«
Vincent konnte nicht antworten, keinen klaren Gedanken fassen.
Fentington sah sich im Raum um. »Wo ist Ihr Cousin überhaupt? Hier ist er jedenfalls nicht.«
Vincent schluckte heftig. »Er wollte Hilfe holen. Wedgewood und Carmody, falls ich sie brauche.«
»Sie sollten inzwischen hier sein. Meinen Sie nicht?«
Vincent wurden die Knie weich.
Fentington deutete zur Tür. »Gehen Sie ruhig. Schauen Sie nach. Sie hätten Zeit genug gehabt, hier zu sein. Sehen Sie sie?«
Vincent ging nicht zur Tür. Er wusste, dass sie nicht da waren. Wusste, dass Fentington die Wahrheit sagte. Dass sein Cousin derjenige war, der versucht hatte, ihn umzubringen. Dass Germaine, wenn er an den Titel und das Vermögen der Raeborns gelangen wollte, dafür sorgen müsste, dass Grace starb, noch bevor sie ihm einen Erben schenken konnte.
Ihm wurde schwindelig. Nichts hatte ihn auf die lähmende Angst vorbereitet, die er bei dem Gedanken verspürte, dass Grace in Gefahr schwebte – dass er sie verlieren könnte.
Er sah Fentington ins Gesicht und wusste ohne jeden Zweifel, wer ihm den Tod wünschte. Angst legte sich um sein Herz wie eine kalte Hand.
Fentington schüttelte den Kopf, wirkte mit einem Mal fast verloren. »Ich dachte, dass ich Sie tot sehen wollte – aber das tue ich nicht. Ich dachte, ich wollte, dass
sie
leidet, weil sie mich zum Narren gehalten hat, aber das tue ich nicht.« Er nahm wieder seine rastlose Wanderung durch den Raum auf und blieb dann stehen. »Ich habe meine Schwester besucht«, erklärte er und wandte sich zu Vincent um. »Sie hat mir klargemacht, dass unser Vater geisteskrank war. Dann hat sie mir die Augen dafür geöffnet, wie ähnlich ich ihm bin. Das hat mich zutiefst erschüttert, denn ihm zu gleichen, ist das Letzte, was ich will. Ich habe schon genug Schaden angerichtet, das ist mir schlagartig klar geworden.«
Fentington reichte Vincent seine Pistole. »Beeilen Sie sich lieber. Er kann es sich nicht leisten, sie am Leben zu lassen.«
Vincent nahm die Waffe entgegen und stürzte aus dem Haus. Er rannte so schnell, dass seine Lunge zu brennen schien, zu seinem Pferd. Was, wenn es schon zu spät war?
Kapitel 21
G race wusste nicht warum, aber ein beklemmendes Gefühl erfasste sie. »Wie sind Sie hereingekommen? Warum hat Carver Sie nicht angemeldet?«
Vincents Cousin stand auf und durchquerte langsam den Raum. »Ich fürchte, er hat mein Klopfen nicht gehört. Deshalb habe ich mir erlaubt, einfach einzutreten. Das stört Sie hoffentlich nicht.«
Grace wusste, dass er nicht geklopft hatte. Genau wie sie wusste, dass der Grund für sein Kommen kein guter war. »Ich wäre jetzt lieber allein, Mr. Germaine. Ich läute nach Carver, damit er Sie …«
Er hob die Hand, um sie vom Aufstehen abzuhalten. »Ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht erlauben.«
Sie musterte ihn genauer. Sein attraktives Gesicht hatte einen harten Zug, der ihr bisher nicht aufgefallen war. Der Ausdruck in seinen Augen war kalt und gefährlich. Ihr Puls raste. »Warum sind Sie hier?«
Sein Lächeln jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
»Um Ihnen Gesellschaft zu leisten, während Ihr Gatte den teuflischen Baron Fentington erledigt. Raeborn glaubt natürlich, dass ich Hilfe hole. Dass ich die Behörden alarmiere und Wedgewood und Carmody hole. Er wird schon bald bemerken, dass dem nicht so ist.«
Grace stand auf und machte einen Schritt von ihm weg, doch Kevin Germaine packte sie
Weitere Kostenlose Bücher