Intimer Betrug
Baby nicht wäre …
Da wusste sie, dass ihr keine andere Wahl blieb.
»Ja, ich will«
Der Geistliche lächelte. »Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.«
Es war vorbei. Vincent drehte sie zu sich und senkte den Kopf. Er wollte sie küssen. Sie wusste es, bevor seine Lippen ihre berührten. Sie wollte es auch. Wollte eine kleine Erinnerung an die Intimität spüren, die sie einst geteilt hatten.
Seine Lippen waren fest und warm, fast so wie beim letzten Mal, als er sie geküsst hatte. Und doch vollkommen anders. In diesem Kuss lag kein Gefühl, keinerlei Empfindung. Nur eine Geste der Form halber, die in Grace eine Leere erzeugte, die sie sich nicht erklären konnte.
Und genauso rasch hob er den Mund wieder von ihrem.
Überrascht blickte sie zu ihm auf, doch er beachtete sie gar nicht. Sein Blick war auf die Gratulanten gerichtet, die sich um sie versammelt hatten.
»Herzlichen Glückwunsch!«, riefen ihre Schwestern im Chor und umarmten sie der Reihe nach fest.
Dienstboten brachten Tabletts mit Champagnergläsern herein und jeder ihrer Schwager brachte einen Toast auf die Gesundheit und das Glück des Duke und der Duchess of Raeborn aus.
Grace nippte nur einmal in ihrem Glas und kämpfte gegen eine Welle der Übelkeit an. Von da an gab sie nur vor zu trinken und suchte sich, so oft es ging, eine Stütze, an die sie sich lehnen konnte.
»Euer Gnaden«, sagte eine Stimme hinter ihr. »Ich möchte Ihnen zu Ihrer Vermählung gratulieren.«
Als Grace sich umdrehte, stand Kevin Germaine vor ihr. Plötzlich war Vincent an ihrer Seite, den Arm besitzergreifend um ihre Taille gelegt. Er hatte die zufriedene Miene aufgesetzt, die er inzwischen perfektioniert hatte und die er immer trug, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigten.
»Raeborn«, sagte Germaine und hob sein Glas zum Gruß. »Sie können sich nicht vorstellen, wie überrascht ich über die Einladung zu Ihrer Hochzeit war. Und wie erfreut.«
Ein Lächeln strahlte auf Germaines attraktivem Gesicht und Grace blickte auf, um zu sehen, wie ihr Mann reagierte. Der routinierte Gesichtsausdruck war noch da und Grace wünschte sich, nur eine Sekunde lang zu wissen, was er wirklich empfand. Diese Heuchelei war jetzt doch sicher nicht mehr nötig.
»Ich kann nicht glauben, dass Sie wieder geheiratet haben. Dass Sie den Schritt noch einmal gewagt haben. Ich freue mich sehr für Sie.«
»Danke, Kevin.«
»Und natürlich besonders für Sie, Euer Gnaden«, fügte er hinzu und nickte Grace zu.
»Danke, Mr. Germaine. Ich freue mich, dass Sie kommen konnten.«
»Ich fühle mich geehrt, dass Sie daran gedacht haben, mich einzuladen. Ich hätte es um nichts in der Welt verpassen wollen. Sie können sich nicht vorstellen, welche Aufregung Ihre Bekanntmachung in der feinen Gesellschaft ausgelöst hat. Inganz London gibt es keinen Club, kein Boudoir und keinen Salon, in dem heute Morgen nicht absolute Fassungslosigkeit und Ungläubigkeit herrschten. Natürlich rühmt sich jeder, einen Verdacht gehegt zu haben. Ihre gegenseitige Verbundenheit ist in letzter Zeit aufgefallen. Man ist nur überrascht, dass Sie so heimlich heirateten. Und zudem mit einer Sondererlaubnis.«
Grace wusste, dass sie feuerrot geworden war, und blickte verlegen zu Boden.
Vincent zog sie dichter an sich. »Unsere Vermählung hat wohl kaum heimlich stattgefunden. Sie war sogar sehr öffentlich«, widersprach er und warf einen Blick auf die Großfamilie, in die er soeben eingeheiratet hatte. »Was die Sondererlaubnis betrifft, kannst du ja mit eigenen Augen sehen, dass wir viel zu glücklich sind, um eine lange Verlobungszeit auf uns zu nehmen.«
»Nun, Sie haben jedenfalls alle überrascht. Es kommt nicht oft vor, dass jemand selbst die erfahrensten Klatschbasen der Gesellschaft hinters Licht führt. Doch Ihnen ist es gelungen. Aber ich freue mich für Sie beide. Wirklich sehr.«
»Danke«, antworteten sie gleichzeitig. Germaine trat zurück und Graces Schwestern umringten die Frischvermählten, um ihnen noch mehr Segenswünsche anzutragen.
Grace ließ alles über sich ergehen, lächelte zur rechten Zeit, lachte, wie sie selbst feststellte, mit erzwungener Heiterkeit und nahm Vincents Aufmerksamkeiten mit aller Herzlichkeit und Freude entgegen, die eine Braut ihrem frisch gebackenen Ehemann entgegenbringen sollte.
Unter anderen Umständen wäre es eine perfekte Feier gewesen.
Nach angemessener Zeit begaben sie sich in das formelle Speisezimmer und nahmen das Hochzeitsmahl ein, das
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