Intimer Betrug
jemanden gebraucht hatte.
Noch lange nach ihrem Liebesspiel lösten sie sich nicht voneinander, sondern blieben mit verschlungenen Armen und Beinen liegen, ihre Körper noch vereinigt im Schein des wolkenverhangenen Mondes. Sie streichelte über seine Haut, die festen Muskeln seiner Schultern und Arme.
»Geht es dir gut?«, fragte er, stützte sich auf die Ellenbogen und blickte auf sie herab.
Kleine Sorgenfalten zeigten sich auf seinem Gesicht und sie strich ihm lächelnd eine dunkle Locke aus der Stirn.
»Mir geht es wunderbar. Du warst wunderbar.«
Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Sie hielt seinen wundervoll starken Körper, streichelte seine schweißfeuchte Haut und staunte über die Empfindungen, die sie gerade erlebt hatte. Tränen traten ihr in die Augen, Tränen voller Gefühl. Tränen der Liebe.
»Du wirst mich zwingen, alles zu riskieren, nicht wahr?«, fragte er und drehte sich mit ihr auf die Seite. Er drückte sie fest an sich und zog fürsorglich eine Decke über sie.
»Was für ein Leben würden wir führen, wenn ich es nicht täte?«
Grace lag an ihn geschmiegt, den Kopf unter seinem Kinn. Er küsste sie auf den Scheitel, streichelte sie mit leichten, zarten Bewegungen, fuhr mit den Fingern an ihren Armen auf und ab, über ihren Rücken. Ihr Körper wurde von seinen Berührungen warm und sie wusste, dass sie auf so gut wie alles verzichten könnte, wenn es einfach immer so sein könnte.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Mut dazu aufbringe, Grace. Ich habe …«
Er zögerte und Grace wusste, wie schwer es ihm fiel, die Worte zu finden. Wie schwer es für ihn war, einzugestehen, welche Ängste er ausstand.
»Ich weiß, was du verloren hast. Aber ich habe genug Mut für uns beide.« Sie legte die Hand an seine Wange und zwang ihn, sie anzusehen. »Versprich mir, nie an mir zu zweifeln. Immer zu wissen, dass ich dich nie verlassen werde.«
In seinen Augen lag Traurigkeit, ein Anflug von Bedauern. Ein tiefes Gefühl, das ihr ins Herz schnitt. Sie konnte es sehen. Seinen Kampf, sein Herz zu schützen. Ja, es würde all ihren Mut brauchen. Und ihre Geduld. Und ihre Liebe.
Grace verflocht ihre Finger in seinem Nacken und zog seine Lippen auf ihre. Das Gefühl seiner Haut auf ihrer jagte glühend heiß wie Feuer durch sie hindurch, wärmte ihren Körper, kreiste und drehte sich, bis alle Empfindungen miteinander zu einem unglaublichen Ganzen verschmolzen.
Er küsste sie mit einer Zärtlichkeit, die sie mit Liebe erfüllte, küsste sie leidenschaftlicher, als sie den Mund öffnete, um ihn in sich aufzunehmen. »Liebe mich, Vincent.«
»Bist du sicher?«, flüsterte er an ihrem Mund, während er mit den Händen über ihren Körper strich.
Sie lächelte. »Vertrau mir.«
Er küsste sie noch einmal. »Du lässt mir keine große Wahl, Weib.«
Kapitel 16
V incent hatte recht behalten. Die feine Gesellschaft gestand ihnen genau zwei Wochen der Ruhe zu, bis die Ersten den Frischvermählten ihre Aufwartung machten. Volle vierzehn Tage behelligte sie keine Menschenseele. Es waren die schönsten zwei Wochen ihres Lebens und sie war noch nie so glücklich gewesen.
Vincent war ein wunderbarer, aufmerksamer Liebhaber. Dass die Liebe zwischen Mann und Frau etwas ganz Besonderes war, hatte sie schon immer gewusst. Doch bevor sie Vincent kannte, hatte sie keine Vorstellung davon gehabt, wie wunderschön das Leben sein konnte.
Sie wünschte, ihre gemeinsame Zeit allein würde nie zu Ende gehen. Sie nutzten die Tage und Abende, um sich kennenzulernen, spazierten durch den prachtvollen Garten hinter dem beeindruckenden Stadthaus der Raeborns und liebten sich bisweilen auch am Nachmittag.
Oft saß Grace und las, während Vincent die Bücher durcharbeitete, die sein Verwalter Henry James ihm vorlegte. Er suchte unablässig nach Möglichkeiten, das Ererbte zu mehren und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, für die er verantwortlich war. Er befragte seinen Verwalter stundenlang nach dem Zustand der Ländereien und der Tiere, nach dem Wohlergehen seiner Pächter und dem baulichen Zustand ihrer Häuser.
Abends spielte Grace immer für ihn. Seiner aktuellen Gemütsverfassung entsprechend wählte sie etwas aus, das ihm ihrer Meinung nach gefallen würde. Etwas Ernstes und Besinnliches oder etwas Schwungvolles und Spielerisches. Gelegentlichauch eines von Beethovens leidenschaftlicheren Werken. Sie vermutete, dass er die am liebsten mochte.
Wenn sie fertig war, setzte
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