Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
wieder von dir verletzt zu werden.«
Nachdem sie sich ein paar Sekunden lang wütend angestarrt hatten, ließ Jake müde die Schultern sinken und rieb sich mit den Händen durchs Gesicht.
Mir war ganz elend zumute.
Ich hätte mir nie träumen lassen, dass sich mal zwei Jungs wegen mir prügelten, schon gar nicht Freunde, und ich wollte ganz bestimmt nicht der Grund dafür sein, dass Lowe jetzt eine blutige Lippe hatte und Jake diesen Blick in den Augen.
»Rede mit ihm«, flüsterte Claudia und drückte meine Hand. »Wir kümmern uns um Lowe und gehen dann runter in die Stadt. Du machst mit Jake einen Spaziergang. Ihr müsst das klären, bevor es zur Katastrophe kommt. Du kannst ihm nicht länger aus dem Weg gehen.«
Ich schluckte die Übelkeit hinunter, nickte und schaute zu, wie sie alle bis auf Jake ins Haus trieb.
Claudia warf mir einen letzten aufmunternden Blick zu und schloss dann die Tür.
In Jakes dunklen Augen tobte ein Sturm der Gefühle. Ich spürte, wie diese Gefühle auf mich einschlugen und von mir Besitz ergriffen, mich anflehten, zu ihm zu gehen. Stattdessen drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung und spazierte langsam los in der Hoffnung, dass er mir nachkommen würde.
Tat er auch.
Seite an Seite gingen wir den Berg hinunter. Die Atmosphäre zwischen uns war dick, wutgeladen und ein bisschen beängstigend.
»Der Gedanke«, begann er plötzlich, mit kratziger, schroffer Stimme, »der Gedanke, dass du mit ihm zusammen bist, mit irgendjemandem … Ich hab da drin gesessen und versucht, damit klarzukommen, habe mir gesagt, dass es mich nichts angeht … aber es hat immer weiter an mir genagt, und dann konnte ich mich nicht mehr beherrschen.«
»Weshalb du Lowe eine verpasst hast!«
»Ich habe nicht nachgedacht.«
Ich atmete tief die kühle frische Luft ein, und meine Stimme zitterte, als ich antwortete: »Wir sind nicht zusammen. Es sollte dir egal sein, mit wem ich schlafe.«
»Ist es aber nicht.«
»Jake …«
»Hat dich denn nicht auch die Vorstellung, dass ich mit Melissa zusammen bin, gequält?«
Das saß. Ich blieb stehen und starrte ihn wütend an. »Auf diese Frage verdienst du keine Antwort.«
Jake senkte traurig die Lider. »Ich weiß. Aber es ist mir wichtig, dass du antwortest.«
Ich schwieg einen Moment lang, aber schließlich entlockte mir seine beklommene Miene Worte, die allzu schnell aus meinem Mund purzelten. »Was denkst du wohl, warum ich dir zuletzt aus dem Weg gegangen bin? Ich muss endlich von dir loskommen, Jake. Aber das schaffe ich nicht, wenn du ständig um mich bist … du und Melissa. Und als ich hörte, dass du dich von ihr getrennt hast … hat das nicht wirklich etwas an meinen Gefühlen geändert.«
Er raufte sich das Haar. »Du hast dich gut verstellt. Ich habe geglaubt, dich gut zu kennen und zu durchschauen, und demnach schien es dir gutzugehen. Ständig habe ich nach Anzeichen gesucht, nach dem kleinsten Hinweis …« Er zuckte unglücklich mit den Schultern. »Und dann das Verhalten deines Vaters am Flughafen … Das bekam ich nicht mehr aus dem Kopf. Was hatte es zu bedeuten? Warum war er immer noch so sauer? Warst du etwa doch noch in mich verliebt?« Er seufzte leise. »Melissa und ich haben uns deshalb wieder einmal heftig gestritten. Wir haben in dem verdammten Taxi Schluss gemacht«, fügte er geknickt hinzu.
Seine Worte hatten den gleichen Rhythmus wie mein pochendes Herz. »Kommt sie damit klar?«
Er schüttelte den Kopf. »Am Anfang nicht. Aber jetzt ist es fast einen Monat her, also … keine Ahnung. Ich wollte ihr nicht weh tun. Nie. Aber plötzlich hatte ich den Verdacht, dass es dir nicht gutgeht. Dass du nur so tust, um dich zu schützen. Und dann deine Frage im Zug …« Er sah mich unter seinen Wimpern her forschend an. »Das hat mir Hoffnung gemacht. Bis du dann wieder anfingst, mir aus dem Weg zu gehen.«
Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch. »Hoffnung?«
Jake nickte und schob nervös seine Hände in die Manteltaschen. »Ich habe nichts von dir erwartet, konnte mir im Traum nicht vorstellen, dass du mich zurückhaben willst. Nicht nachdem ich mich so aufgeführt hatte.« Er setzte sich wieder in Bewegung, und ich musste mich anstrengen, um mit ihm Schritt halten zu können. Und dann machte Jake mir ein Geständnis, das alles veränderte.
»Obwohl wir wieder nach Chicago gezogen waren, ging es mir monatelang immer noch nicht besser. Ich redete nicht mit meinen Eltern, meine Noten wurden schlecht. Ich habe mich
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