Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
fast die ganze Zeit in meinem Zimmer verkrochen und mir beschissene Musik angehört. Und ich war ziemlich gut darin, mich taub zu stellen.«
»Was mit Brett passiert ist, war nicht deine Schuld, Jake«, erinnerte ich ihn leise.
»Das weiß ich.« Er nickte. »Jetzt weiß ich es. Aber damals bekam ich diesen ganzen ›Was-wäre-wenn‹-Scheiß nicht aus dem Kopf. Und oft genug hab ich dir die Schuld zugeschoben.«
Als er sah, wie ich zusammenzuckte, erschien ein reuevoller Ausdruck auf seinem Gesicht. »Drei Monate nach unserem Umzug hatte ich immer noch jede Menge unausgepackte Kisten in meinem Zimmer stehen. Meine Eltern hatten das meiste Zeug von einem Umzugsunternehmen einpacken und nach Chicago bringen lassen. Als ich eine der Kisten öffnete, traf mich fast der Schlag. Ich hatte nicht mehr an die Karten für Blind Side und das gerahmte Foto auf meinem Nachttisch gedacht …«
Ich erinnerte mich an das Bild, das Lukas von Jake und mir gemacht hatte. Wir lehnten an Hendrix, und Jake hatte die Arme um mich gelegt. Meine Hand ruhte auf seinem Bauch, und ich lächelte zu ihm hoch. Jake lächelte nicht, aber wer in sein Gesicht sah, der wusste sofort, dass er mich liebte.
Dieses Foto war mir total wichtig gewesen. Und Jake auch.
Tränen stiegen in meine Augen, doch ich versuchte eisern, sie zurückzuhalten.
»Während ich das Foto betrachtete, wurde ich wie von einer Flutwelle überrollt. Ich erinnerte mich an alles. Daran, wie sehr ich dich liebte. Wie glücklich du mich machtest. Wie sehr du mich immer wieder überrascht hast. Wie du mich zum Lachen bringen konntest. Wie es sich anfühlte, wenn du in meinen Armen lagst. Dich zu halten. Zu küssen. In dir zu sein.« Er sah mich so traurig an, dass mir der Atem stockte. »Mir fiel auch wieder alles ein, was ich zu dir gesagt hatte. Ich erinnerte mich an jede Träne in deinem Gesicht, als ich mit dir Schluss gemacht habe, und ich konnte es auf einmal nicht glauben, dass ich derjenige gewesen war, der dich zum Weinen gebracht hatte. Und da wusste ich: Es gab kein Zurück. Als ich dich von mir stieß, habe ich tief in meinem Innern geglaubt, dass es nicht endgültig war. Dass unsere Beziehung das aushalten würde. Zu spät erkannte ich die Wahrheit. Nach allem, was ich getan hatte, würde ich dich nie zurückgewinnen können.« Er sah mich unsicher an. »Ich hatte alles verloren. Die Vorwürfe, das schlechte Gewissen, die Wut und der Verlust, all das hat mich förmlich verschluckt. Meine Eltern hörten mich schreien. Als sie in mein Zimmer gerannt kamen, hatte ich bereits alles zertrümmert und mir die Hände am Glas des Fotorahmens verletzt.« Er zuckte mit den Schultern. »Hört sich an, als wäre ich durchgeknallt, ich weiß … Aber stell es dir mal aus meiner Perspektive vor. In dem Moment war es für mich so, als wärst du auch gestorben.
Meine Eltern sorgten dafür, dass ich mit jemandem redete, und das hat mir bei dem ganzen anderen Zeug geholfen – Bretts Tod, die Hasskampagne seines Vaters und die Frage, ob ich Verantwortung für all das trug. Ich verstand schließlich, dass ich keine Schuld hatte. Ich werde diese schreckliche Geschichte nie vergessen, aber ich leide nicht mehr darunter. Doch über dich hinwegzukommen« – Jakes Lächeln war schief und reumütig – »war viel schwerer. Also wurde mein Leben wieder so, wie es vor unserer Begegnung gewesen war.«
Was bedeutete, dass er durch die Gegend vögelte. Ich ignorierte das unangenehme Ziehen in meinem Bauch. »Und dann bist du Melissa begegnet.«
»Du musst wissen, dass ich mich für Edinburgh angemeldet hatte, weil ich hoffte, dich dort zu treffen und um Verzeihung bitten zu können, endlich irgendwie mit der ganzen Sache abschließen zu können. Ich habe nicht eine Sekunde geglaubt, ich könnte dich zurückgewinnen.«
»Du hattest uns also aufgegeben und hast fröhlich weitergelebt.«
Wieder blieb Jake stehen, berührte mit der Hand behutsam meinen Ellenbogen. »Baby, ich hab nicht fröhlich weitergelebt.« Er trat näher zu mir, und seine dunklen Augen waren so hypnotisierend wie eh und je. »Und zum ersten Mal wage ich zu hoffen, dass es bei dir auch so ist.«
Ich hielt den Atem an und spürte, wie mein Körper schwankte. »Jake, ich kann nicht.« Ich wich einen Schritt zurück.
Jake ignorierte meine wortlose Bitte um Abstand und kam mir viel zu nahe. Der Duft seines Aftershaves stieg mir in die Nase, und ich musste gegen das Verlangen ankämpfen, meine Lippen auf seinen Hals zu
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