Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
Seite in einer offenen Nische und giftete den Barkeeper an.
Ich ignorierte meine weichen Knie und schlenderte auf ihn zu. Mein Selbstvertrauen geriet jedoch ins Schleudern, als sich unsere Blicke trafen. Jake musterte mich von Kopf bis Fuß, und sein Blick fuhr mir durch jeden einzelnen Nerv. In seinem Kinn zuckte ein Muskel, und er presste sich gegen den Rücken der Lederbank, als könne er es plötzlich kaum erwarten, von hier wegzukommen.
»Jake«, begrüßte ich ihn mit ausdrucksloser Stimme und glitt auf die gegenüberliegende Bank.
»Hey, Charley.« Er hob die Hand, um den Barkeeper heranzuwinken. Der Typ kam an unseren Tisch, und wir bestellten Kaffee, wobei es ein bisschen peinlich war, wie er mich ansah. Ich war erleichtert, als er endlich ging.
Während wir warteten, breitete sich ein unbehagliches Schweigen aus. Das hatten Jake und ich früher nie erlebt. Als der Kaffee kam, trank Jake einen Schluck und begann zu reden. »Dein Haar ist viel heller. Sieht gut aus.«
Ich ließ mir nicht anmerken, dass mich sein Kompliment rührte, und starrte ihn ausdruckslos an.
Er änderte die Taktik. »Ich weiß, dass ich es vermasselt habe.«
Ich stellte meinen Kaffeebecher auf die Untertasse und seufzte, als hätte ich keine Zeit für solchen Scheiß. »Bin ich deshalb hergekommen, Jake? Um mir anzuhören, dass du mir etwas sagst, was sowieso klar ist?«
»Ich strenge mich hier echt an. Du hast Ehrlichkeit immer bewundert. Hast du dich etwa verändert?«
Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich bin jetzt niederträchtiger. Das habe ich von dir gelernt.«
Jake legte die Ellenbogen auf den Tisch, damit er sich näher zu mir beugen konnte, und sah mich eindringlich an. »Ich hab mich dir gegenüber wie ein Arschloch verhalten. Das kann ich nicht rückgängig machen. Aber ich kann um Entschuldigung bitten. Ich kann versuchen, es dir zu erklären.«
Ich nickte kurz und ermunterte ihn dadurch zum Weiterreden.
»Als es passierte, war ich mit meinem Kopf irgendwo anders, Charley. Ich habe nichts und niemanden mehr gesehen. Ich war wütend, weil die Situation so außer Kontrolle geraten war, und gab mir die Schuld. Und dich hat es dabei irgendwie mit erwischt.«
»Ich habe dich nicht hängenlassen. Wieso warst du sauer auf mich?«
Er runzelte die Stirn und schloss die Augen, als hätte er Schmerzen. »Ich war nicht sauer auf dich. Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht so meinte. Ich wollte nur weg und die ganze Sache hinter mir lassen. Als ich dann zurückschaute, war es zu spät. Ich konnte nicht rückgängig machen, was ich dir angetan hatte. Ich konnte nicht zurückholen, was ich zerstört hatte. Ich dachte, es wäre das Beste, einfach weiterzuziehen. Wir waren noch Kids, Charley.«
Er sagte das, als wäre es deshalb nicht so schlimm gewesen. Genau solche Sachen hatten auch die anderen zu mir gesagt, nachdem er mich verlassen hatte, als sei unsere Beziehung nicht echt gewesen, weil wir erst sechzehn waren, und dass ich deshalb gar nicht so hart und tief fallen konnte. Dass Jake sich dieser Meinung anschloss, tat höllisch weh. »Weiterziehen – weg von mir oder weg von dort?«
»Von dort. Von dir auch. Du warst Teil des Ganzen, sosehr ich auch wünschte, es wäre nicht so.«
Das sah ich anders. »Wenn du das immer noch so siehst, ist es gut, dass du nicht zurückgekommen bist.«
»Charley, alles, woran ich mich bei dir jetzt noch erinnere, sind die schönen Dinge. Den ganzen Mist hab ich ganz tief vergraben.« Seine Wimpern senkten sich, und er starrte in seinen Kaffee. »Du warst der beste Freund, den ich je hatte. Ich vermisse dich. Du hast mir immer gefehlt, und ich habe immer bereut, dass ich damals abgehauen bin. Aber auf der Party … die Art, wie du mich angesehen hast« – ihm blieb der Atem weg –, »das war hart. Ich hatte mir irgendwie eingeredet, es wäre dir egal. Aber du hast mich schnell vom Gegenteil überzeugt.«
Seine aufrichtige Entschuldigung und das Geständnis, dass er mich vermisst hatte, war gleichermaßen schmerzhaft wie tröstlich. Ich entspannte mich ein wenig und umfasste den Kaffeebecher, der eine beruhigende Wärme abgab. »Ich weiß, dass es für dich und deine Familie nicht leicht war, Jake. Und mir ist klar, dass das die größte Untertreibung des Jahrhunderts ist. Trotzdem habe ich mich bemüht. Ich habe versucht zu verstehen, aber ich kann dir nicht verzeihen, was du mir angetan hast. Das heißt nicht, dass deine Entschuldigung keine Hilfe ist. Danke
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