Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
dafür.«
Jake lächelte sanft, und ich spürte dieses Lächeln bis ins Mark. Schnell schaute ich weg und tat so, als würde ich mich im Raum umsehen. »Ich möchte, dass wir Freunde sind.«
Überrascht sah ich ihn wieder an. »Wie bitte?«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir sind beide für ein Jahr hier. Wie waren mal sehr eng befreundet …«
Plötzlich glaubte ich, in diesem Raum keine Luft mehr zu bekommen, stand auf und legte ein paar Münzen für den Kaffee neben meinen Becher. »Hör zu, Jake, es tut mir leid, wie ich auf der Party reagiert habe, und ich verspreche dir, von nun an höflich zu sein, wenn wir uns über den Weg laufen. Du hast in deinem Leben genug Mist erlebt und nicht noch mehr Scheiß verdient. Aber es ist lange her. Wir beide sind andere Menschen geworden. Lassen wir es dabei bewenden.«
Bevor er antworten konnte, ging ich und winkte dem Barkeeper lässig zu, als würde es für mich nicht zu den schrecklichsten Dingen auf dieser Welt gehören, mich von Jake Caplin zu entfernen.
»Wohin gehen wir?« Am Hoftor blieb ich stehen. Es war nach neun am Freitagabend, und auf dem Cowgate und dem Grassmarket waren schon jede Menge Leute unterwegs. Überall war Musik zu hören. Ich trug meine Jeans und das Pearl-Jam-T-Shirt, weil Claudia darauf bestanden hatte. Mir geisterte gerade im Kopf herum, was sie vor ein paar Tagen zu mir gesagt hatte, als sie mir endlich verriet, wo wir heute Abend hingingen.
»Beck hat uns eingeladen, beim ersten Gig der Band dabei zu sein. Sie spielen in dieser kleinen Bar weiter unten an dieser Straße.«
»Seit wann seid ihr, Beck und du, so dick befreundet?«, probierte ich eine Verzögerungstaktik. Ich brauchte eine Ausrede, um nicht mitgehen zu müssen.
»Ich habe dir doch gesagt, er will mit mir befreundet sein, und wenn er nicht gerade seine polygame Nummer durchzieht, ist er echt cool. Ich sehe kein Problem darin, mit ihm und seiner Band rumzuhängen.«
»Äh … Jake ist das Problem.«
»Jake gehört nicht zur Band.«
Ich hätte ihr am liebsten den Hals umgedreht. »Das weiß ich, Claud. Aber Jake ist Becks bester Freund. Also wird er da sein. Mit ihr.«
Sie ergriff meine Hand und drückte sie mitfühlend. »Süße, am besten tust du so, als wärst du drüber weg. Niemand wird merken, dass du es nur vortäuschst. Du bist smart, und du bist sexy, und sie wissen, dass du jeden haben könntest. Es gibt keinen Grund, warum sie denken sollten, dass du immer noch an ihm hängst.«
»Du bist süß, aber leider total voreingenommen.« Ich stöhnte frustriert. »Ich weiß einfach nicht, ob ich es ertrage, ihn zusammen mit Melissa zu sehen.«
Claudia zuckte mit den Schultern. »Dann such dir jemanden, der dich auf andere Gedanken bringt. Beck hat mir erzählt, dass Lowe dich ziemlich geil findet.«
Ich zeigte auf mein T-Shirt. »Das Pearl-Jam-T-Shirt … Er wird denken, dass ich auf ihn stehe.«
»Warum auch nicht? Lowe ist süß.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Er ist ein Bad Boy.«
»Na und? Du willst ihn ja nicht heiraten. Du suchst nur Ablenkung.«
»Du weißt, dass ich nicht durch die Betten ziehe.«
»Wer sagt denn, dass du mit ihm schlafen musst?«
»Du hast auf alles eine Antwort, stimmt’s?«
Plötzlich wurde meine Freundin ernst und drückte meine Hand so fest, dass es beinahe weh tat. »Ich dachte, du wärst über diesen Typ weg. Dann kommen wir her, er ist auch da, und plötzlich merke ich, dass du gar nicht über ihn weg bist, auch wenn du eine Weile lang nicht an ihn gedacht hast. Deshalb ist das hier die beste Gelegenheit, endlich mit ihm abzuschließen.«
Im Grunde wusste ich, dass sie recht hatte. Ich hatte an dem siebzehnjährigen Jake festgehalten, in den ich verliebt gewesen war. Aber den gab es nicht mehr. Wenn ich mehr Zeit mit dem einundzwanzigjährigen Jake verbrachte, der in Melissa verknallt war, würde ich das vielleicht endlich kapieren. Also gab ich nach und ließ Claudia vorangehen.
Die Band spielte in einer Bar namens Milk, die zwischen zwei Gebäudekomplexe gequetscht am Grassmarket lag.
Wir kannten uns in Edinburgh inzwischen schon ziemlich gut aus. Während der letzten Tage hatten Claudia und ich zwar morgens immer unseren Kater gepflegt, nachdem wir die Abende mit unseren Mitbewohnerinnen und Nachbarn gefeiert hatten. Aber wir hatten die Zeit auch genutzt, um die Stadt zu erkunden, die nun für neun Monate unsere Heimat sein würde. Wir waren durch die Old Town spaziert, hatten am Grab des berühmten Terriers
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