Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
Aufmerksamkeit auf sich. Sie blickte demonstrativ zu Jake und dann zu mir. »Irgendwelche Vorschläge?«
Wie wäre es mit: Sie kennen mich schon mein ganzes Leben, warum nennen Sie mich also nie Charley?
»Nun?«
Ich seufzte und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. »Ehrlich gesagt hatten die für meinen Geschmack alle ein bisschen zu viel Schiss.«
Meine Klassenkameraden kicherten, und Mrs Tate runzelte die Stirn. »Du findest, dass bei Jane Austen alle zu viel Schiss haben?«
Offenbar war Tate nicht meiner Meinung. Na gut. »Es gab jede Menge Missverständnisse. Aber die hätte man klären können, wenn die beiden nur miteinander geredet hätten. Diese ganze Sache mit Edward und Elinor war doch lahm. Wenn er einfach nur zugegeben hätte, dass er sie liebt, und diese dämliche geheime Verlobung mit, wie hieß sie noch gleich, gelöst hätte, wäre Elinor nicht in diesen emotionalen Mist abgestürzt. Ich meine, sie ist ja sehr vornehm und so, aber sie verbringt den größten Teil des Romans damit, für einen Mann zu schwärmen, und sie weiß nicht einmal, ob er für sie genauso empfindet. Edward ist ein netter Kerl, aber man müsste ihm Feuer unterm Hintern machen, damit er in die Gänge kommt.«
Mrs Tate verschränkte unbeeindruckt die Arme. »Charlotte, wir reden hier über eine völlig andere Epoche, in der die Kultur und die gesellschaftlichen Gepflogenheiten nicht mit heute zu vergleichen sind. Von daher ist die ganze Situation ein wenig komplizierter.«
Na schön, vielleicht war das ja eine Projektion von mir.
Bevor ich antworten konnte, ertönte die Schulglocke, und die anderen schoben sofort ihre Stühle zurück, um möglichst schnell aus dem Raum zu kommen.
Als ich die Schulbücher in meine Tasche stopfte, fiel ein Schatten über meinen Tisch. Ich hob den Kopf. Es war Jake, er sah mich mit festem Blick an. »Was ist los?« Ich runzelte die Stirn, weil ich nichts Gutes ahnte. »Was willst du?«
»Ein Missverständnis klären.«
»Was meinst –«
Ich konnte die Frage nicht einmal beenden, denn Jake zog mich von meinem Stuhl hoch, legte eine Hand um meinen Nacken und presste seinen Mund auf meinen.
Der Schreck wich rasch der reinen Lust, als seine weichen Lippen mit meinen spielten. Meine Finger krallten sich in sein T-Shirt, und ich wurde von seinem Duft und Geschmack überwältigt. Mein Gesicht glühte von dem tiefen, feuchten Kuss, und mein ganzer Körper schrie: »Wow!«
Wer hätte gedacht, dass ein Kuss so sein konnte!
Gejohle und Pfiffe holten mich schließlich in die Realität zurück, und ich erinnerte mich mit brennenden Wangen, dass noch andere Schüler in der Klasse waren. Ich stieß behutsam gegen Jake, und er ließ mich los. Wir rangen nach Atem, und unsere Gesichter berührten sich fast. Jake drückte leicht meinen Nacken und grinste mich an. »Hammermäßig.«
Ich lachte, verlegen und auch erregt. Das brauchte er aber nicht zu wissen. »Geht so.«
»Hammermäßig.«
»Also wirklich, das reicht jetzt.« Mrs Tate tauchte in meinem Blickfeld auf, und ich wurde noch roter. »Jake, lass Charley bitte los.«
Ich blinzelte, weil sie mich bei meinem Spitznamen nannte. Jake hatte ein Wunder bewirkt. Als er sich von mir löste, sah ich, dass Mrs Tate nur mühsam ein Lächeln unterdrückte. Offenbar fand sie ihn charmant.
Ohne weiteres Theater verließen die anderen Schüler einer nach dem anderen den Raum. Jake hängte sich seinen Rucksack über die Schulter und hielt mir die Hand hin, ein freches Grinsen im Gesicht. »Kommst du?«
Ich nahm seine Hand.
»Jacob, solltest du je wieder eine Schülerin in meinem Unterricht küssen, wirst du nachsitzen«, warnte Mrs Tate mit milder Stimme, und ihre Mundwinkel zuckten.
Als wir an ihr vorbeigingen, zog Jake mich enger an sich. »Kommt nicht wieder vor, Mrs T.«
Mrs T? Jacob Caplin käme vermutlich sogar mit einem Mord davon.
Draußen im Flur merkte ich sofort, dass die Nachricht von Jakes kleiner Aufführung im Klassenzimmer bereits die Runde gemacht hatte. Während er mich zu meinem Schließfach begleitete, starrten uns alle an. Bevor ich mein Fach öffnen konnte, drehte mich Jake so, dass ich mit dem Rücken dagegenlehnte. Er stützte die Arme neben meinem Kopf ab, so dass ich wie in einem Käfig gefangen war.
»Unser erster Kuss war ja ziemlich öffentlich«, murmelte ich, unfähig den Blick von seinen warmen Augen loszureißen.
Jake lächelte. »Ich sagte dir ja, dass ich es tun würde, wenn du am wenigsten damit
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