Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
Melissa auf mich heruntersah. Ihre Miene konnte ich nicht deuten.
»Du machst uns das hier nicht gerade leicht«, sagte sie mit sachlicher Stimme.
Ich schluckte mühsam, und mir war plötzlich fürchterlich warm in meinem Kostüm. Mit ausgedörrter Kehle krächzte ich: »Was?«
Sie seufzte und wich meinem Blick aus. »Du warst seine erste Liebe und weißt, wie man Leute vor dem Überfahrenwerden rettet, und du willst Cop werden, und bist clever und selbstbewusst, und die Kerle fressen dir aus der Hand, sobald du nur den Mund aufmachst … Und jetzt bist du in deinem Supergirl-Kostüm zur heimlichen Phantasie jedes Typen geworden. Ich würde dich gern hassen.« Sie sah mir in die Augen. »Ich würde dich echt gern hassen, aber das kann ich nicht, weil Jake derjenige ist, der dich verlassen hat. Und vielleicht ist das Teil des Problems.«
Ich erkannte den Schmerz und die Sorge in Melissas Miene und verspürte den Drang, sie zu beruhigen. So weh es mir auch tat, das zu tun, hörte ich mich doch sagen: »Zwischen Jake und mir läuft nichts mehr. Beck meinte, dass du Jake geholfen hast, über seine schwierige Zeit wegzukommen. Meine Hilfe wollte er nicht. Das spricht ja wohl Bände. Du bist diejenige, die er liebt.« Bei jedem Wort fühlte es sich an, als würde ein Stück aus mir herausgerissen, aber irgendwie schaffte ich es, ein fröhliches Lächeln aufzusetzen. »Und was mich angeht, ich habe ein Date mit einem heißen Typen im letzten Semester. Wir sind also alle bestens versorgt.«
Melissa betrachtete mich misstrauisch, also lächelte ich tapfer weiter, bis sie unsicher zurücklächelte. Sie blieb bei mir, bis ich die Drinks bestellt hatte, und half mir, die Gläser zu den anderen zu tragen. Den ganzen Weg von der Bar bis zum Tisch spürte ich, wie Jakes Blick an uns klebte. Ich sah nicht zu ihm. Ich hatte zu viel Angst, er würde merken, dass ein winziger Stoß genügte, um mich umzuwerfen.
Sobald ich mich neben Claudia gesetzt hatte, beugte ich mich zu ihr und flüsterte, dass ich möglichst bald auf diese Party wolle.
»Alles in Ordnung?«, flüsterte sie zurück und betrachtete forschend mein Gesicht. Ich schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. »Ich will hier nicht bleiben.«
Claudia kapierte sofort und drückte unter dem Tisch meine Hand. »Wir trinken nur noch aus, und dann gehen wir.«
Die Jungs wirkten überrascht, dass wir nicht bis zu ihrem Auftritt blieben, aber wir versprachen, ein anderes Mal wieder dabei zu sein. Claudia gab ihnen die Adresse von der Party, und die Jungs versprachen, später nachzukommen. Ich sah nicht zu Jake. Kein einziges Mal.
Der Anblick von Aarons bewunderndem Blick, als wir auf die Party kamen, war Balsam für das Brennen in meiner Brust. Das Gespräch mit Melissa war mir an die Nieren gegangen. Um dieses blöde Gefühl wieder loszuwerden, betrank ich mich. Und Claudia folgte meinem Beispiel.
Wir hatten eine Menge Spaß, lachten und tanzten, wir vier in unserer kleinen Luftblase inmitten der anderen Studenten. Das Apartment war superschick, mit einer offenen Küche zum Wohnzimmer, bodentiefen Fenstern und Schiebetüren, die auf einen Balkon hinausführten, der groß genug war, dass sich ein guter Teil der Partygäste dort tummeln konnte. Und dazu noch freies Saufen und Essen? Kein Wunder also, dass die Wohnung brechend voll war mit Gästen, von denen die meisten kostümiert waren. Dadurch fühlten Claud und ich uns weniger deplatziert. Aaron und Zach trugen dunkle Anzüge, Hüte und Sonnenbrillen – die Blues Brothers. Das fand ich cool.
Betrunken fand ich alles cool.
Ein paar Stunden später hatte sich Claudia mit Zach verzogen. Aaron und ich blieben auf einem riesigen L-förmigen Sofa. Als er anfing, mich zu küssen, ließ ich es zu. Ich war betrunken und benebelt, verletzt und verwirrt, und seine Küsse und Berührungen ließen mich all das vergessen. Der Kuss wurde tiefer, und ich legte die Hand um Aarons Kopf, zog ihn näher zu mir und forderte ihn damit wortlos auf, weiterzumachen. Er küsste toll, und es fühlte sich gut an, wie er mit den Fingerspitzen meinen Oberarm streichelte.
Als er mich schließlich wieder zu Atem kommen ließ, murmelte er: »Wow.« Ich grinste, ein bisschen verlegen, weil wir in aller Öffentlichkeit so rumknutschten. Ich drehte den Kopf, um mich zu vergewissern, dass uns niemand beobachtet hatte, und spürte im nächsten Moment, wie sich meine Muskeln verkrampften. Am anderen Ende des Raumes standen Jake und Melissa. Plötzlich war
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