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Intruder 3

Intruder 3

Titel: Intruder 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dich!«
    Er schrie jetzt nicht mehr und war beinahe selbst überrascht, wie ruhig und selbstsicher seine Stimme klang.
    »Was willst du von mir? Zeig dich!«
    Keine Antwort. Das unheimliche Wogen in der Dunkelheit zog sich in gleichem Maße vor ihm zurück, in dem er darauf zuging, aber es war trotzdem irgendwie deutlicher geworden.
    Mike spürte, dass dort etwas war, das auf seine Worte reagierte.
    Nein, nicht etwas.
    Jemand.
    Er musste aufhören, so zu denken. Nicht etwas, jemand.
    Dieser Unterschied war wichtig. Für ihn.
    »Ich weiß nicht, was das Theater soll, aber du kannst damit aufhören. Komm raus und zeig dich, oder verschwinde und lass mich endlich in ...«
    Der Rest des Satzes blieb ihm im Halse stecken. Buchstäblich. Das Wort schien zu einem harten Klumpen zu erstarren, der direkt in seiner Kehle saß und ihn am Atmen hinderte. Eine Woge prickelnder Kälte breitete sich, von seinem Nacken ausgehend, über Schultern und Hinterkopfaus, und er konnte spüren, wie seine Augen wortwörtlich aus den Höhlen quollen, während er das entsetzliche ... Etwas anstarrte, das hinter den 87
    abgestellten Motorrädern in der Dunkelheit Gestalt annahm.
    Die Formulierung war doch richtig gewesen, dachte er hysterisch.
    Nicht wer.
    Was.
    Es war das Bild. Er hatte es nur für ein oder zwei Sekunden gesehen, aber er erkannte es sofort und jenseits allen Zweifels wieder. Es war das verblichene Schwarz-Weiß-Foto, das an der Wand des Harley-Davidson-Ladens gehangen hatte, nun aber lebensgroß und dreidimensional und in den grauen Schattentö-
    nen der Nacht.
    Es war lebendig geworden und zu grässlicher Bewegung erwacht, mit einigen kleinen, aber entscheidenden Unterschieden. Der Indianer zur Linken war ein alter, aber noch immer aufrecht gehender und sehr starker Mann, der den gewaltigen Federkopfschmuck nicht gebraucht hätte, um königliche Würde auszustrahlen. Der zweite Indianer schien ein wenig jünger als auf dem Bild, hätte aber ansonsten der Sohn des Häuptlings sein können. Beide trugen außer ihrem prachtvollen Kopfschmuck nur lederne Lendenschurze und bestickte Mokassins. Auf ihren Gesichtern und den nackten Oberkörpern prangte eine barbarische Kriegsbemalung.
    Sie waren mit Steinbeilen und Bögen bewaffnet. In den ledernen Köchern auf ihren Rücken steckte jeweils ein einzelner Pfeil. Wie auf dem Foto stand eine betagte, aber tadellos gepflegte Harley-Davidson Electra Glide zwischen ihnen, in deren Sattel eine zwanzig Jahre jüngere und nicht so schrecklich übergewichtige Version des Harley-Davidson-Verkäufers saß, auf dessen Gesicht das typische, leicht verkrampfte Lächeln lag, das die meisten Menschen im Angesicht einer Kamera zeigten. Darüber hinaus befand sich eine Menge Blut auf seinem Gesicht. Die Kopfhaut des Mannes war entfernt worden, sodass der nackte, blutige Schädelknochen zum Vorschein kam. Der Harley-Mann war skalpiert worden, und 88
    unter all dem halb eingetrockneten Blut sah sein Gesicht ganz so aus, als hätte jemand auch daran mit einem stumpfen Messer, dafür aber umso größerer Begeisterung herumge-schnitzt.
    Mike spürte, wie ein hysterisches Lachen in seiner Kehle emporstieg; und er wartete darauf, dass irgendetwas Unvorstellbares geschah, sich der Boden auftat, um ihn zu verschlin-gen, oder sein Herz einfach aufhörte zu schlagen. Doch er stand einfach nur da, starrte das zu groteskem Leben erwachte Bild an, und sein Herz schlug so ruhig weiter, als wollte es sich über ihn lustig machen.
    Es ist ein Traum, dachte er hysterisch. Es war immer noch derselbe Traum. Er war nicht schlafgewandelt und dann die Treppe hinuntergefallen, sondern hatte nur geträumt, schlafzu-wandeln und dabei auf den Asphalt vor dem Apartmenthaus zu fallen. Das musste die Erklärung sein. Fotografien erwachten nicht zum Leben, nicht einmal solche, die an den Wänden eines unfreundlichen Harley-Davidson-Verkäufers aus Moab hingen.
    Es war ein Traum. Ein grässlicher, durch und durch Furcht einflößender Traum, aber nichtsdestotrotz nur ein Traum, verdammt, der ihm nichts anhaben konnte!
    Bist du da so sicher, weißer Mann?
    Die Lippen des Häuptlings bewegten sich nicht, als er sprach, und sein Gesicht blieb das des alten Indianers von der Fotografie, aber die Stimme in Mikes Kopf war die des Wendigo, eine alte, brüchige Altmännerstimme, erfüllt von einer Bosheit und einem Hass auf alles Lebende und Atmende. Allein der Klang genügte, dass Mike sich zusammenkrümmte wie ein getretener Wurm.
    Ich

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