Intruder 4
dass sie sich langsam und beharrlich immer weiter von ihrem Navajo-Führer und seinem Pick-up entfernten. Was, wenn sie zurückkamen und er nicht mehr da war? Sie befanden sich tief in der Wüste, sicherlich drei oder vier Meilen von ihren Maschinen entfernt. Bei den hier herrschenden Te mperaturen, dem schwierigen Gelände und vor allem ihrer vollkommen unpassenden Kleidung eine Distanz, die zu Fuß kaum zu 56
bewältigen war.
Mike verscheuchte den Gedanken. Von irgendwoher zurück-zukommen, setzte voraus, dass sie erst einmal irgendwo hingingen. Wohin zum Teufel führte sie dieser Kerl? Vor ihnen war nichts als Hitze, glühend heißer Fels und noch einmal Hitze. Was hatte Frank vorhin gesagt, wohin Strong gefahren wäre? Straight ahead to hell? Geradewegs in die Hölle?
Jeder weitere Schritt bestärkte Mike in dem Gefühl, dass er damit Recht gehabt hatte.
Der Fuß der Felswand wurde von einem Gewirr teilweise Einfamilienhaus großer Felstrümmer gebildet, die im Laufe der Jahrtausende von der Kante des Steinkolosses abgebrochen waren und nun ein Labyrinth aus Schutt, scharfen Kanten und nachtschwarzen Schatten bildeten, das kaum zu überwinden war. Mike balancierte mit ausgebreiteten Armen hinter Strong und den beiden anderen her, und es kam ihm selbst wie ein kleines Wunder vor, dass er nicht längst gestürzt war und sich schwer verletzt hatte. Den Fehler, sich an einem der Felsvor-sprünge festhalten zu wollen, hatte er nur ein einziges Mal begangen. Der Stein war so heiß, dass er sich die Finger daran verbrannte.
Strong marschierte zielstrebig und ohne sich ein einziges Mal zu ihnen herumgedreht zu haben auf einen der schwarzen Schlagschatten zwischen den Felstrummern zu - und verschwand darin. Verblufft stellte Mike fest, dass es kein Schatten war, sondern der Durchgang zu einer niedrigen, aber sehr lang gestreckten Höhle, die offensichtlich tiefer in den Berg hineinführte. Wie weit, konnte er nicht sagen. Nach der grellen Sonnenglut draußen war er im ersten Moment praktisch blind. Aber die lang anhaltenden hallenden Echos verrieten ihm, dass sie groß war. Wenigstens war es kühl hier.
Mit einem erleichterten Seufzen setzte Frank die Sonnenbrille ab, und Stefan ließ sich mit einem gleichartigen Laut gegen die schräge Seitenwand sinken. Er stieß sich dabei den Kopf an der 57
niedrigen Decke, aber das schien ihn nicht weiter zu stören.
»Nur keine Müdigkeit vorschützen, Freunde«, sagte Strong spöttisch. »Wir haben noch ein Stück vor uns. Das Schlimmste ist geschafft. Wir können natürlich auch eine kleine Pause einlegen, wenn ihr müde seid.«
Stefan stieß sich trotzig vo n der Wand ab, während Frank sich zu Mike umdrehte und ihm einen raschen, fast besorgten Blick zuwarf. Schaffst du das ?
Mikes Antwort bestand in einem gedachten, ganz entschiede-nen Nein und einem umso entschlosseneren Blick, der ein Ja signalisierte. Sie setzten ihren Weg fort. Mikes Augen gewöhnten sich ganz allmählich an das rotbraune Dämmerlicht, sodass er seine Umgebung - zumindest schemenhaft - erkennen konnte. Offensichtlich handelte es sich nicht um einen Hohl-raum, den die heruntergestürzten Felstrümmer bildeten; wenigstens nicht mehr nach den ersten Schritten. Vielmehr schien der gesamte, riesige Felsen geborsten zu sein. Sie bewegten sich nicht nur tiefer in ihn hinein, sondern zugleich auch nach oben. Mike versuchte vergeblich, sich gegen die schreckliche Vorstellung von Felswänden zu wehren, die sich nach Millionen Jahren entschlossen, wieder in ihre ursprungli-che Lage zurückzurutschen und alles, was sich zwischen ihnen befand, einfach zu zerquetschten. Auch wenn er im Allgemeinen ganz gut davon lebte: Manchmal war es ein Fluch, eine rege Fantasie zu haben.
Sie mussten seit gut zehn Minuten unterwegs sein. Von irgendwoher kam immer noch Licht, auch wenn es Mike ein Rätsel war, woher. Der Weg führte weiterhin beharrlich nach oben. Schließlich blieb Frank stehen, ließ sich mit einem hörbaren Knacken der Gelenke in die Hocke sinken und musterte aufmerksam die Wand vor sich.
»Was hast du da?«, fragte Stefan.
»Nichts«, antwortete Frank. »Ich schaue nur nach, ob ich irgendwo eine Nachricht von Arne Saknussem finde.«
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Stefan blinzelte verständnislos, und Mike sagte müde: »Du solltest solche intellektuellen Scherze vielleicht besser lassen.«
»Und du«, knurrte Stefan gereizt, »solltest besser überlegen, was du sagst.«
»Hehe!«, meldete sich Strong von der Spitze der
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