Invasion 01 - Der Aufmarsch
»Und wann kommen Sie nach?«, fragte er. Sein Argwohn war nicht zu übersehen.
Stewart schüttelte den Kopf. »Gunny, ich sag ja nicht, dass wir da nicht ein bisschen mitfeiern. Das müssen wir doch, sonst fallen wir auf. Aber bis Sonnenaufgang sind wir alle bei der Einheit. Da wieder rauszukommen wird schwieriger sein als reinzukommen. Die von Ihnen abzulenken ist dagegen eine Kleinigkeit.«
Pappas nickte und sah den Private weise an. »Mhm.« Er blies nachdenklich die Backen auf. »Wissen Sie, Stewart, irgendwann werde ich Sie mal fragen müssen, wie Sie es geschafft haben, Ihre ganze Straßengang durch sämtliche Filter der Personalabteilung von Fleet Strike in mein Platoon zu lotsen.« Er legte eine kurze Pause ein. »Komplett.«
Stewart lächelte knapp. »Aber nicht heute Nacht«, erklärte er entschieden.
»Nicht heute Nacht«, pflichtete Pappas ihm bei. »Aber ich werde mich nicht ganz allein auf Sie verlassen. Sobald wir durch sind, werden wir Sie und Ihre Leute beobachten, bis ich der Ansicht bin, dass alles richtig läuft. Sie brauchen sich nicht zu beeilen, wir bleiben so lange es nötig ist.«
»Ich krieg das hin, Sergeant«, sagte Stewart mit ruhigem Selbstbewusstsein.
»Okay, dann macht es Ihnen ja auch nichts aus, wenn wir zusehen?« Pappas lächelte, und Stewart schüttelte resigniert den Kopf. »Ganz wie Sie meinen, Boss.«
»Okay«, sagte Pappas, »die Party kann beginnen.«
Stewart wischte sich verstohlen die Hände an seiner Seidenkombination ab, trat dann vor und schlug dem breitschultrigen Soldaten vor ihm auf die Schulter. » Hola, 'migo, dónde 'stá el licor? « Für das, was sie vorhatten, brauchten sie Hochprozentiges.
Der kräftig gebaute hispanische Soldat drehte sich finster um. » Que chingadero quiere saber, camerón? «, erwiderte der Fremde, was sinngemäß so viel heißt wie: »Wie kommst du dazu, mich zu belästigen, du Pinscher?«
»Hey, wir sind gerade angekommen. Ich brauche einen Drink.« Wie durch Zauberei hielt Stewart plötzlich einen Zwanziger in der Hand. Seine Gruppe hatte sich hinter ihm aufgebaut, die Hände in die Hüften gestemmt oder in den Hosentaschen vergraben, sah sich um, wirkte so, als stünden sie an irgendeiner Straßenecke in Los Angeles. Stewart hatte die beiden Besenstiele hinten in seiner Jacke verstaut, sodass sie am Hals herausragten. Wenn nötig, würden sie sofort zur Hand sein.
Der Soldat, den er angesprochen hatte, musterte Stewart und seine Gang und überlegte es sich anders. Er hatte zwar seinen eigenen Schlägertrupp um sich herum versammelt, aber dies war jetzt nicht der Zeitpunkt für eine Prügelei, noch dazu bei so unklaren Chancen. Er war sich ziemlich sicher, dass er den Knirps mit bloßen Händen in Stücke reißen konnte, aber genau wusste man das nie. Der Typ wirkte verdammt selbstsicher.
»Schwer zu finden, Mann«, sagte er und nahm einen Schluck Tequila. »Maracone drüben bei den Tribünen hat gewöhnlich was.«
» Gracias «, sagte Stewart, und plötzlich steckte der Zwanziger in der Brusttasche des anderen.
» De nada «, erwiderte der und wandte sich wieder seinen Kumpels zu.
»Und?«, flüsterte Wilson.
»Der hatte ein Messer«, sagte Stewart leise, »und eine Pistole.«
»Hatte«, lächelte sein Stellvertreter.
»Hatte«, nickte Stewart völlig humorlos. Er war jetzt voll und ganz auf seinen Einsatz konzentriert. »Wir müssen einen Deal machen.«
Über den halben Platz hinweg war der Dealer nicht zu übersehen, ein kleiner Private, der wie eine Ratte wirkte, umgeben von ein paar Schwergewichten und einer Gruppe weiblicher Soldaten, die ihre Uniformen so zusammengeschnitten hatten, dass nur noch Shorts und eine Art Bikinitop übrig geblieben waren. Ein Wunder, dass sie in der kühlen, feuchten Herbstnacht nicht erfroren.
»Okay«, sagte Wilson und suchte das ganze Areal fast automatisch nach irgendwelchen Gefahren ab. Dann vergewisserte er sich, dass der Rest der Gruppe Stellung bezogen hatte und aufpasste. Das war der Fall, und er nickte befriedigt; alles war rikky-tik, wie der Gunny sagen würde.
»Dann werde ich mich mal an dem Degenschluckertrick versuchen«, fuhr Stewart fort. Seine Gedanken weilten bei zukünftigen Plänen und Taktiken, während Wilson für die Gegenwart und ihre Sicherheit verantwortlich war. Das war eine Arbeitsteilung, die im Barrio überlebenswichtig war und die sie bereits dort entwickelt hatten, ohne sich darüber klar zu sein, dass sie damit einfach nur die
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