Invasion 02 - Der Angriff
Offiziere bieten konnte und dass auch dies einige Schwierigkeiten bereitete. Die Informationssysteme waren ebenso durcheinander wie alles andere auch, und in den meisten Fällen lagerten die Akten der Offiziere noch im Zentralarchiv in St. Louis. Das Einzige, woran Colonel Hanson sich noch erinnerte, war, dass der Chef seiner Bravo-Kompanie O’Neal hieß.
»Sir, hier ist ein Lieutenant Colonel Hanson, der Sie sprechen möchte«, meldete Stewart respektvoll durch die halb geöffnete Tür.
Colonel Hanson hatte Stewart bereits als eines jener Individuen eingestuft, die es bei jeder Truppe gibt und die imstande sind, über das Wohl und Wehe einer kleinen Einheit zu bestimmen. Man würde ihm irgendeinen klaren Verantwortungsbereich zuteilen müssen, und er würde seine Vorgesetzten respektieren müssen, andernfalls war zu befürchten, dass es in Kürze großen Ärger gab. Der Respekt, den er seinem Kompaniechef gegenüber an den Tag legte, verriet daher Hanson einiges. Der Zustand der Kompanie hatte das natürlich bereits ebenfalls getan, aber der konnte verschiedenen Ursachen zuzuschreiben sein. Vielleicht hatte dieser Captain O’Neal einen äußerst tüchtigen Senior Sergeant, vielleicht war er ein Schinder und so weiter und so fort. Aber es gab schon mal mindestens einen harten Brocken, der O’Neal aus der Hand fraß, und das sagte bereits eine ganze Menge über seinen Führungsstil. Jetzt war nur noch zu hoffen, dass er auch etwas von Taktik verstand.
Solche Gedanken gingen Fred Hanson durch den Kopf, als sich eine menschliche Gestalt durch die Tür wälzte, die fast ebenso breit wie hoch war und die er trotz einer dünnen Schweißschicht, die Hanson auf nur wenige Minuten zurückliegende athletische Übungen zurückführte, sofort aus zahlreichen Fernsehauftritten wieder erkannte. Als der Captain salutierte, bemerkte Hanson die Narben an O’Neals Unterarm.
»Captain Michael O’Neal, Sir, Commander Bravo Company, First Battalion, 555th Mobile Infantry Regiment. Was kann ich für Sie tun, Sir?«
Fred Hanson erwiderte die Ehrenbezeigung bedächtig und so korrekt, wie er das bisher nur selten in seinem Leben getan hatte. Aber so macht man das halt, wenn man die Ehrenbezeigung von jemandem erwidert, dem die Medal of Honor verliehen worden ist.
»Lieutenant Colonel Frederic Hanson«, erwiderte er dann in das eingetretene Schweigen hinein. »Ich bin im Begriff, das Kommando über die Eins-Fünf-Fünf-Fünf zu übernehmen und dachte mir, Sie würden vielleicht mitkommen wollen.«
Hanson bildete sich ein, ein kurzes Zucken unterdrückter Genugtuung über O’Neals Gesicht huschen zu sehen, aber in der Stille, die seinen Worten folgte, war das Schlurfen von Stewarts Stiefeln das einzige Geräusch.
»Yes, Sir, das würde ich sehr gern tun. Stewart, suchen Sie den Gunny und kommen Sie dann ins Bataillon.«
»Yes, Sir.«
»Wollen wir dann?«, fragte der babygesichtige Bataillonskommandeur.
»Nach Ihnen, Sir«, antwortete O’Neal, und seine Augen glänzten.
»Ich denke, das ist recht gut gegangen«, sagte der Colonel und schloss die Tür hinter dem Major, der soeben den Raum verlassen hatte.
»Ja, Sir. Ich glaube, Major Stidwell wird für die Standortkommandantur ein echter Gewinn sein«, nickte O’Neal. »Obwohl es ihm vielleicht nicht schaden würde, sich ein bisschen besser zu überlegen, wen er das nächste Mal als ›rotznäsigen Jungen‹ bezeichnet.«
»Ich denke auch«, fuhr der Colonel fort und grinste dabei leicht, »dass irgendwelche Beschwerden, die Major Stidwell vielleicht vorbringen könnte, trotz des Schadens, den das vielleicht seiner Karriere zugefügt hat, eher formaler Natur sein werden.«
»Sie haben doch sicherlich keine Zweifel, Sir, an der, äh … inneren Stärke des Majors, oder, Sir?«
»Eigentlich nicht«, sagte Colonel Hanson und musterte seinen nach Dienstalter jüngsten Kompaniechef über den breiten Schreibtisch hinweg. Dann fing der neue Bataillonskommandeur an, allmählich die umfangreiche »Ich-liebe-mich«-Wand des Major Stidwell zu demontieren. Sie war insgesamt ebenso wie individuell betrachtet äußerst beeindruckend. Angefangen mit seinem Diplom von West Point bis hin zu seinem Prüfungszertifikat des Command and Staff College, schien Major Stidwell sämtliche Leistungszertifikate zu besitzen, die einem Infanterieoffizier überhaupt zugänglich waren. Major Stidwell hatte sowohl die Ranger School wie auch den Qualifikationskurs der Special Forces absolviert und war
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