Invasion 02 - Der Angriff
von mir noch nie jemand behauptet. Stur, das schon. Lästig, ja, das auch. Aber nicht gescheit.« Er sah zu dem Marine-Offizier hinauf, der zusammengekauert vorne auf einem Mannschaftssitz hockte. Bradleys waren nicht dafür konstruiert, Kampfanzüge aufzunehmen, und das war offenkundig. Die Truppe in diesem Fahrzeug war zusammengequetscht wie Sardinen. Er blickte auf die Stelle in der Gesichtsscheibe des Helms, wo er die Augen des Captain vermutete. »Aber dies sind meine Leute. Das gehört mit zu meinem Job. Ich will es einmal so ausdrücken: Wenn einer Ihrer Soldaten im Lazarett ist, besuchen Sie ihn dann?«
Der Anzug bewegte sich nicht, aber der Präsident bildete sich ein, dass sich die Haltung seiner Arme ein wenig veränderte. »Yeah.«
»Das ist dasselbe. Und manchmal sind die auch wütend auf einen.«
Der Captain hob beide Hände mit den Handflächen nach oben. Dagegen war nichts zu sagen.
Der Präsident drehte den Helm wieder zwischen den Händen und sah zu, wie das bewegliche Gel darin floss und Verdickungen bildete. Es sah aus wie etwas aus einem schlechten Horrorfilm – und das sollte er sich über den Kopf stülpen!? »Ich muss diese Leute besuchen. Wenn ich einfach vorbeirase und zusehe, so schnell wie möglich nach Camp David zu kommen, dann wäre das eine Ohrfeige, von der sich meine Administration vielleicht nie mehr erholt.« Er blickte auf, und seine Züge strafften sich. »Also, sagen Sie dem Fahrer, er soll dort hinüberfahren.«
Die Flüchtlinge waren eine formlose, ständig in Bewegung befindliche Menschenmasse. Tausende von Menschen, einzeln und ganze Familien, waren mit LKWs und Bussen hingekarrt und auf dem Golfplatz abgeladen worden. Eine Kompanie Militärpolizei bemühte sich redlich, aber ohne großen Erfolg, die Leute auseinander zu sortieren und Zelte bauen zu lassen, aber im Großen und Ganzen standen, saßen oder gingen die Flüchtlinge einfach herum, wie es ihnen passte. Der Kompaniechef der MPs hatte ein Platoon als Eingreiftrupp aufgestellt, und sie mussten gelegentlich in die Masse eindringen, um Prügeleien zu schlichten oder zu verhindern, dass größere Unruhen entstanden. Je mehr Zeit verstrich, umso mehr ähnelte das Ganze dem Umgang mit Kriegsgefangenen.
Die Bradleys und Suburbans des Präsidenten-Konvois bogen in den Arnold’s Drive auf das Veteran’s Hospital zu und hielten dann an. Da nicht alle Marines in die Bradleys und Offroader gepasst hatten, hatte sich eine Gruppe außen an den Panzern festgehalten. Diese Soldaten sprangen jetzt herunter, ehe die Ketten ganz zum Stillstand gekommen waren, und sahen sich mit den Gravgewehren im Anschlag um, ob irgendwo etwas die Sicherheit des Präsidenten bedrohte.
Die Flüchtlinge hatten das Herannahen des Konvois mit einer Mischung aus Neugierde und Unbehagen beobachtet. Die Suburbans deuteten daraufhin, dass es sich um eine höher gestellte Persönlichkeit aus der Regierung handeln musste, andererseits fehlte die übliche Stretchlimousine. Die gepanzerten Fahrzeuge andererseits, für die meisten ganz schlicht und einfach Panzer, erinnerten in beängstigender Weise daran, dass die Regierung nicht immer ein Freund war. Da die Umstände ohnehin bereits dazu geführt hatten, dass man sie effektiv wie Gefangene behandelte, stimmte sie der Anblick zusätzlicher militärischer Stärke und insbesondere die gepanzerten Kampfanzüge, die die einen als Heilige und die anderen als Dämonen betrachteten, nicht gerade wohlwollender. Als die Marines dann ihre Waffen senkten und nach äußeren Bedrohungen Ausschau hielten, ohne dabei daran zu denken, wie das auf die Zivilisten wirken würde, strömten sie zurück.
Die Medienvertreter hatten sich auf die Flüchtlingslager gestürzt wie Fliegen auf Marmelade. Aus den Live-Sendungen einiger ihrer Kollegen war offenkundig geworden, dass die Berichterstattung über das Vorrücken der Posleen dem Selbstmord gleichkam. Das nächst beste Thema für die Medien war daher Unfähigkeit der Regierung und Schikanen gegenüber der Bevölkerung. Da die »Regierung« nicht imstande gewesen war, unverzüglich Nahrung und Unterkunft für fünfzehntausend Flüchtlinge bereitzustellen, war sie offensichtlich unfähig. Wenn man die fast hunderttausend gefallenen Soldaten in Nord-Virginia mit dazuzählte, ergab das einen Scoop von geradezu legendären Ausmaßen. So schien es zumindest.
Mit der Zerstörung der Satelliten durch die Posleen waren die meisten Fernsehsender ausgefallen. Obwohl die
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