Invasion 04 - Die Rettung
noch ein Monat, und alle Transporte würden verboten werden. Miguels Vater, Jose Castanuelo, war Arzt und eines der Opfer eines postrevolutionären Lieblingsspiels gewesen, das da hieß: Fang den Batista-Anhänger.
Dr. Jose Castanuelo hatte nichts mit der Batista-Regierung zu tun gehabt, aber als ein Kollege ihn als Batista-Anhänger denunziert hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein würde, bis man ihn in ein »Umerziehungslager« sperren würde. Und um dem zu entgehen, hatte er seine Familie auf ein baufälliges Boot gepackt und versucht, in die Freiheit zu entkommen.
In den Vereinigten Staaten waren ein kubanisches Examen in Medizin und ein Doktortitel allerdings nicht viel mehr als ein interessantes Stück Papier, doch davon ließ Jose sich nie beeinträchtigen. Er fand eine Familie in Atlanta, Georgia, die ihn sponserte, und zog mit seiner Familie dorthin. Anschließend hatten er und seine Frau, die aus einer prominenten Familie stammte und bisher nie echte Arbeit gekannt hatte, Anstellung in einem Restaurant gefunden. Er besuchte Abendkurse an der Georgia State University und anschließend in Emory, während seine Kinder dank Stiftungen der Pfarrei zuerst die Grundschule Christ the King und dann die Pope Pius X High School besuchten.
Nach einer Weile stellten seine Professoren fest, dass sie da nicht etwa einen Studenten, sondern einen höchst erfahrenen Kollegen in ihrer Mitte hatten, der Opfer eines bürokratischen Albtraums geworden war. Der Rest seines Medizinstudiums verlief ziemlich glatt. Er habilitierte sich (ein zweites Mal als Doktor der Medizin), blieb in Emory und übernahm dort schließlich eine Professur. Seine Frau hatte unterdessen ein kubanisches Restaurant eröffnet, das sich großer Beliebtheit erfreute und demzufolge auch erfolgreich war. Gemeinsam hatte ihr Einkommen schließlich wieder die Höhe erreicht, wo sie vor beinahe zehn Jahren aufgehört hatten.
Miguel Castanuelo war unterdessen fast völlig amerikanisiert worden. Die hispanische Gemeinde in Atlanta war in den siebziger Jahren winzig klein, und sein Vater hatte nicht die Absicht, seinen Sohn als Bürger zweiten Grades zu erziehen. So wurde aus Miguel schnell Mickey, und er sprach zuhause selten und in der Öffentlichkeit nie Spanisch. Er spielte Football wie ein Amerikaner und unterschied sich durch nichts von den Chads und Tommies und Blakes seiner Umgebung, bis ein Stadionsprecher einmal versuchen musste, seinen Familiennamen auszusprechen. Aber in seinem Abschlussjahr auf St. Pius war das zu einem Spiel geworden. Jedes Mal, wenn der Stadionsprecher bei einem Auswärtsspiel stockte, tönte die gesamte Pius Fangemeinde: »Cast-a-new-Way!-lo!«
Schon vor dem Examen hatte er beschlossen, zum Militär zu gehen, sehr zum Missvergnügen seiner Eltern. Aber Mickey war mehr als nur amerikanisiert worden, er war zum glühenden Patrioten geworden. Alles, was in seinem Leben etwas bedeutete, verdankte er jenem Kutter der Coast Guard, die ihn und seine Familie aus der stürmischen See gerettet hatte, den Familien, die sie mit offenen Armen aufgenommen und gesponsert hatten, und der Gesellschaft, die seinem Vater eine nur allzu seltene zweite Chance gegeben hatte. Deshalb hatte er das Gefühl, dass er diesem Land etwas schuldete. Und wenn das eine Dienstzeit beim Militär bedeutete, ehe er aufs College ging, dann würde er die auch ableisten.
Doch dann hatte in seinem ersten Jahr auf der High School der Vater eines seiner Klassenkameraden im Physikunterricht einen Vortrag gehalten. Der Vater war hoher Offizier in der Navy und am Georgia Institute of Technology stationiert. Dieser Vater äußerte sich über die Chancen, die intelligente junge Männer (und Frauen) hatten, die bereit waren, sich auf ein paar Jahre bei der US Navy zu verpflichten. Die Navy war stets an jungen Leuten interessiert, die sich den akademischen Herausforderungen im Kernkraftbereich stellen wollten. Und Georgia Tech besaß eine der hervorragendsten Unterrichtsstätten für dieses Thema. Die Navy würde die Ausbildung geeigneter Männer und Frauen übernehmen, die bereit waren, dafür sechs Jahre ihres Lebens der Navy zu widmen.
Nichts hätte Miguel davon abhalten können, sich zu verpflichten.
Die Georgia Tech nahm ihn sofort mit offenen Armen auf, da er über hervorragende Examina verfügte (lediglich in Latein hatte er bloß eine Zwei), und er legte sein Examen bereits nach vier Jahren mit einem Diplom in
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