Invasion 06 - Callys Krieg
Das einzige Problem war, dass bis jetzt alles auf Indizien beruhte. Irgendwelche konkreten Tätigkeiten hatte es nicht gegeben. Und das bedeutete, dass er sich täuschen konnte. Und das wiederum erforderte, ganz gleich wie man es auch sah, dass er sich weiter mit dem Privatleben von vierzehn unschuldigen Leuten befasste.
»Alles abschalten, Diana. Zeit für eine Ladung Tacos.« Tacos. Mhm. Manchmal hatte er das Gefühl und wusste zugleich, dass es mehr als das war, dass ein ganzes Leben vergangen war, seit er sich in seinem Bemühen, die Entbehrungen seiner Kindheit hinter sich zu lassen, völlig anglisiert hatte. Damals hatte er es für notwendig gehalten. Rückblickend wusste er jetzt, dass das nicht der Fall gewesen war. Oh, hie und da hatte es ihm die Vorurteile mancher Leute erspart, aber was ihn wirklich umgedreht hatte, waren der gute Einfluss und das Beispiel von Gunny Pappas und Mike O’Neal gewesen. Sie hatten ihm den Traum von Demokratie und Freiheit vermittelt, manchmal ohne auch nur ein Wort zu sagen. Gute Männer am Ende eines guten Zeitalters. Wie schade, dass der Traum gestorben war. Er wusste nicht, wie es dazu gekommen war. Vielleicht als der Präsident das Capitol per Dekret nach Chicago verlegt hatte. Der Vorwand, die Verfassung nicht zu ändern, war der nationale Notstand gewesen, und die Zahl von Bundesstaaten, die der Feind überrannt hatte. Vielleicht hatte es damit angefangen, als die Kandidaten
für öffentliche Ämter und die Überreste der politischen Parteien angefangen hatten, anonyme Spenden in FedCreds anzunehmen und niemand etwas dagegen unternommen hatte. Vielleicht auch damit, dass sie die Bewohner der SubUrbs dazu gebracht hatten, durch Unterschrift auf gewisse Rechte zu verzichten und sich damit ihr Wohnrecht zu sichern. Vielleicht, als man die Büros der Toledo Blade angezündet hatte. Nein, der Schaden war schon vorher angerichtet worden. Das war nur der offensichtlichste Nagel im Sarg dieses Traums. Statt einer echten Ermittlung hatte man nur ein wenig daran herumgestochert, und dann waren die restlichen Zeitungen auf die Linie der Regierung umgeschwenkt. Nicht, dass er es ihnen eigentlich hätte verübeln können. Er hatte die Bilder des Redaktionsstabs gesehen, Bilder, die die Gerichtsmediziner geliefert hatten.
Er ging um seinen Schreibtisch herum und legte fast liebkosend die Hand auf das kalte Glas mit dem papierenen Strand darunter. Ein schöner Traum war das gewesen. Er seufzte. Auf ins La Colima .
13
Donnerstag, 13. Juni
Eine Woche später – sie hatte inzwischen dreimal mit dem General geschlafen, aber keine weiteren brauchbaren Informationen erhalten, und die Umgebung seines Büros gründlich, aber ohne Erfolg durchsucht – konnte Cally sich nicht länger der Erkenntnis verschließen, dass es Zeit für Plan B war. Die Bereiche, zu denen sie keinen Zugang hatte, verfügten über wirksame Sicherheitsvorkehrungen, die auch ihrem von Tommy beschafften Spezialgerät widerstanden hatten, als sie einmal das Glück gehabt hatte, außer Sichtweite eines Militärpolizisten an dem Schloss hantieren zu können.
Allerdings hatte sie es geschafft, die Akte mit den Zugangsberechtigungen auf einen Würfel zu kopieren, und nachdem sie den an Tommy weitergeleitet hatte, hatte ihr der die interessante Information geliefert, dass zwar sie zu diesen Räumen keine Zugangsbefugnis hatte, wohl aber der Adjutant des Generals, Pryce. Und das führte dazu, dass sie beim Sortieren der morgendlichen E-Mail-Ausdrucke für Beed über die ihr gar nicht so unsympathische Alternative nachdachte, Plan B in die Tat umzusetzen. Ganz und gar nicht unsympathisch.
Sich an Pryce heranzumachen würde freilich durch Beeds widerwärtige, ständige Kontrollen erschwert werden, eine Angewohnheit, die sich in den letzten Tagen bei ihm eher noch verstärkt hatte. Trotzdem würde ihr dabei auch einiges zustatten kommen. Zuallererst die Tatsache, dass der General offenbar nichts dagegen einzuwenden hatte, wenn sein Adjutant mit ihr Kontakt hatte, wohingegen er bezüglich anderer Männer geradezu eifersüchtig
darüber wachte, sie nicht mit ihnen allein zu lassen. Ob dies nun Pryces niedrigem Rang zuzuschreiben war oder der Tatsache, dass seine schreckliche Tollpatschigkeit und sein Stottern sich in Anwesenheit des Generals eher noch verstärkten, jedenfalls schien Beed ihm gegenüber so etwas wie einen blinden Fleck zu haben. Und sie war natürlich fest entschlossen, durch ihr Verhalten in der
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