Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
Touristen sind ja Sie zuständig.“
Benno wollte um Maurice herumgehen, aber der machte sofort einen Schritt dorthin und verbaute ihm wieder den Weg.
„Wo waren Sie überhaupt heute Nacht?“
Benno unterdrückte ein Lächeln. Maurice war derart stinkwütend, dass es schon wieder lustig war. Zumindest bei Tageslicht und mit den ersten Besuchern in Sichtweite, deren Gegenwart eine Eskalation verhindern würde.
„Sie fragen, als hätten Sie einen ganz bestimmten Verdacht, wo ich gewesen sein könnte.“
„Sparen Sie sich Ihr Konjunktiv-Gewäsch. Ich will wissen, wo Sie waren?“
„Vielleicht im Bett? Sie wissen, dass ich gelegentlich mal ve rschlafe.“
„Das ist unmöglich.“
„Dass ich verschlafe?“
Benno sah ihn freundlich-fragend an. Maurice machte einen Schnaufer und trat zur Seite.
„Jetzt machen Sie schon, dass Sie Ihre Flugblätter verteilen.“
„Das hatte ich auch vor.“
„Und kommen Sie bloß nicht vor heute Abend zurück.“
Du bist am Ende, Freundchen, dachte Benno, als er lächelnd an ihm vorbeiging und dabei seine geballten Fäuste betrachtete. Du hast das Personal ein bisschen zu früh entlassen, und jetzt musst du selber ran. Bevor du zum Graben kommst, bin ich längst dort unten gewesen und habe das Geheimnis gelüftet. Genau d amit rechnest du, kannst nichts dagegen tun, und das macht dich rasend.
Als Benno, zwei große Kartons mit 5.000 Flugblättern neben sich auf dem Beifahrersitz, am späten Vormittag vom Parkplatz auf die Straße nach Trieffendorf einbog, kamen ihm Touristen-Autos beinahe Stoßstange an Stoßstange entgegen.
Zurück kam er am späten Nachmittag mit leeren Kartons, denn diesmal hatte er keine Pr ospektständer abgeklappert, sondern ausschließlich Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen. Die wenigsten Passanten, denen er seine Flugblätter anbot, hatten sie abgelehnt oder weggeworfen. Wenn nur jeder zehnte sich zu einem spontanen Besuch entschlossen hatte, würde er womöglich keinen Parkplatz bekommen.
Die Situation vor Ort traf ihn angesichts seiner Erwartungen wie ein Schock. Auf dem Par kplatz mit seinen über 500 Stellplätzen parkte unweit der Zugbrücke ein einziges Auto, ein dunkelblauer Opel Astra.
„Das gibt’s doch nicht!“
Kopfschüttelnd schaute er aufs Handy. Gerade mal kurz nach 17 Uhr, eigentlich die beste Zeit des Tages, weil jetzt auch die Einheimischen Feierabend und Zeit für einen Besuch hatten.
Er parkte hinter dem Astra und stieg aus. Kaum war sein Kopf aus dem Auto aufgetaucht, ging auch die Fahrertür des anderen Wagens auf. Eine Frau stieg aus, und Benno erlebte die nächste Überraschung.
„Martina!“
Sie lächelte und kam ihm entgegen.
„Hallo Herr Zenn.“
„Wie lang warten Sie denn schon hier?“
„Seit einer Stunde etwa. Haben Sie meine Nachricht nicht bekommen?“
„Was?“
Sie deutete mit dem Kopf auf sein Handy. Erst jetzt sah er das Briefsymbol für den Eingang einer neuen SMS.
„Ich war den ganzen Tag unterwegs und hatte das Ding im Auto gelassen, tut mir leid.“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich dachte, die Burg sei geöffnet und ich treffe Sie in off izieller Funktion an.“
„Ich hatte den ganzen Tag Außendienst, aber...“
Er schaute zur Zugbrücke und sah das Tor verschlossen.
„...dass der Park jetzt schon geschlossen ist, wundert mich noch viel mehr als Sie. Haben Sie versucht, ob das Tor sich öffnen lässt?“
„Ja. War fest verriegelt.“
„Ich verstehe das nicht. Warten Sie mal bitte.“
Er wählte die Nummer des Telefons auf dem Schreibtisch des Barons. Es läutete zwei mal, dann wurde abgehoben.
„Herr Zenn, einen Moment Geduld noch. Ihr Krempel wird Ihnen gleich vor die Tür gesetzt.“
„Was!“
„Sie haben mich schon verstanden.“
Es war die Stimme von Maurice Müller. Benno fragte sich, wie er ihn an der Nummer erkannt haben konnte – er hatte über dieses Handy nie mit ihm zu tun gehabt.
„Ich will sofort den Baron sprechen!“
„Das werden Sie auch. Er kommt zum Tor und bringt Ihnen Ihr Zeug.“
Es knackte, und die Verbindung war zu Ende. Benno drückte umgehend auf Wahlwiederh olung, ließ es einmal klingeln, zweimal, dreimal...
„Was ist denn los?“, fragte Martina.
Benno gab es auf und drückte auf Auflegen.
„Das wüsste ich auch gern. Angeblich kommt gleich jemand zum Tor.“
Er schaute sie etwas abwesend an.
„Was machen Sie überhaupt hier?“
„Nett gefragt. Ich habe Neuigkeiten, die ich Ihnen persönlich erzählen wollte.
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