Invasion - Die Ehre des Clans - Ringo, J: Invasion - Die Ehre des Clans - Honor of the Clan
werden, das konnte man schließlich auch als ›in Mordermittlungen verwickelt‹ bezeichnen. Auf das Wort Ermittlungen kam es dabei gar nicht an. Wie auch immer.
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Samstag, 26. Dezember 2054
Johnny Stuart saß hinter seinem billigen Kunststoffschreibtisch, einem, der allerdings viel eher nach Holz aussah als seine Vorfahren vor beinahe einem Jahrhundert, und musterte seinen Cousin finster. Die Idee war gut, genau die Sorte von Plan, die er verlangt hatte. Sie war auch eiskalt. Er spürte gespenstische Regungen in den Überresten eines Gewissens, von dem er bisher gar nicht gewusst hatte, dass er es noch immer besaß, und malte sich unwillkürlich seine Tochter Mary Lynn als eines der Opfer aus. Aber die kurze Regung verflog schnell wieder; schließlich hatte er einen Auftrag zu erledigen.
»Wie wirst du verhindern, dass man die Leichen zu früh entdeckt? Oder dass die Medien über das Verschwinden der Leute berichten?«
»Das sollte nicht schwierig sein. An den ersten ein, zwei Tagen nach dem Verschwinden von jemandem regen sich die Leute meist nicht sonderlich auf, wenn die Polizei darauf beharrt, noch abzuwarten. Oh, sie schimpfen und meckern, ja, aber sie wenden sich nicht gleich an die Medien oder irgendwelche Anwälte. Wenn ein scheinbar freundlicher Cop oder zwei entgegen der Vorschrift trotzdem insgeheim ein paar Nachforschungen anstellen oder zumindest den Anschein erwecken, das zu tun, dann glauben die Familien schon, dass sie etwas gewonnen haben. Sie meckern, geraten in Panik, sind sauer – aber sie wenden sich noch nicht an die Medien oder Anwälte. Mit anderen Worten, in der Zeitspanne, die uns zur Verfügung steht, suchen wir uns die
richtigen Zielpersonen in der richtigen Reihenfolge aus und können das alles bis zum ersten Januar hübsch verdeckt halten. Dann sorgen die diversen anonymen Hinweise dafür, dass alles gleichzeitig an die Oberfläche kommt. Die Familien wollen die Hoffnung so lange nicht aufgeben, solange sie die Leiche nicht identifiziert haben. Wenn wir die richtigen Zielpersonen wählen und die richtige Reihenfolge einhalten, haben wir gewonnen«, versicherte ihm Bobby.
»Nehmen wir den ersten Schlag. Eine heiß geliebte Nichte und ihr Zwillingsbruder. Das Mädchen ist recht selbstständig – sie hat die Angewohnheit, einfach loszuziehen, ohne jemandem Bescheid zu sagen, wohin es geht. Wenn die sie dann nicht erreichen können, wird es eine Weile dauern, ehe sie sich zu große Sorgen machen. Der Zwillingsbruder wird einen sehr überzeugenden Autounfall haben – überzeugend, bis man den Polizisten das Beweismaterial auf den Tisch legt und meldet, wo die Leiche der Nichte liegt. Wir nehmen die beiden als erstes Ziel, weil die Wartezeit ziemlich lang ist, aber es ist nicht das beste Ziel, weil es nur entfernte Verwandte sind. Später können wir uns dann wesentlich wichtigere Ziele aussuchen, weil wir den Verdacht nicht so lange unterdrücken müssen.« Der Killer zuckte die Achseln. »Alles eine Frage des Timing.«
Manchmal wurde Johnny geradezu übel, wenn er überlegte, wie der Verstand seines Cousins funktionierte. Aber nur ein wenig. Schließlich war das sein Geschäft, und schließlich zahlte er Bobby für solche Dinge. »Okay. Was hältst du von einem extra Monat Gehalt für jeden Treffer?«
Sein Cousin nickte. »Pro Leiche, und die Hälfte davon in steuerfreier Ware. Außerdem kommst du natürlich für sämtliche Kosten auf, einschließlich der Honorare für zusätzliche Helfer, die ich engagieren muss.«
»Geht klar«, nickte Johnny. Das war zwar ein einigermaßen billiger Hit, aber es lag teilweise daran, dass Bobby auf ein regelmäßiges Gehalt zählen konnte und dazu noch auf eine Menge Vergünstigungen. Das mit der umsatzsteuerfreien
Ware war schlau, weil die Nutten in Anbetracht der hohen Preise und der Knappheit an manchen Verbrauchsgütern ihr Honorar in den meisten Fällen ganz oder teilweise in Naturalien annahmen. Hochklassige Huren taten für echtes französisches Parfüm oder Kaschmir beinahe alles. Und bei Bobbys Vorliebe für gewisse Praktiken war das dringend notwendig.
»Wie wär’s, wenn du mit der Kleinen am nächsten Wochenende zum Abendessen kämest, sobald wir die erste Runde dieser Geschichte erledigt haben? Dann kannst du mir auch dabei helfen, meinen Bonus zu feiern«, schlug Bobby vor.
»Klasse, ich komme gern.« Eine Gratismahlzeit war eine Gratismahlzeit, und Mary Lynn würde sich freuen, wieder einmal auswärts zu essen. »Hey,
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