Invasoren der Erde
normale, verantwortungsbewußte Leute wie Sie und ich diese Versammlungen besuchen und die Vorgänge registrieren, läßt sich vielleicht ein Unglück verhindern. Die anderen dürfen die Macht nicht ergreifen.«
»Die anderen?« David sah ihn stirnrunzelnd an.
»Nun gut.« Der Fremde zuckte mit den Schultern und lächelte ein wenig. »Selbst auf die Gefahr hin, daß es melodramatisch klingt – ich nenne sie die Invasoren …«
Seine Blicke streiften David. Einen Moment lang war ein unerklärlicher Ausdruck in ihnen. Dann wurden sie undurchsichtig. »Wenn sie hier sind«, fuhr er leise fort, »wenn das hier eine Deckung für ihr wahres Treiben ist – dann möchte ich soviel wie möglich über sie erfahren. Machen Sie mit?«
»Meinetwegen.« David spürte, wie seine Erregung wuchs. »Ich sehe mir die Sache einmal an.«
2
Im Innern des düsteren, pompösen Saales, der von gelblichen Leuchtkörpern an den Wänden nur unvollkommen erhellt wurde, nahmen David und sein neuer Bekannter – er hatte sich als Winnifer Thrall vorgestellt – in der ersten Reihe Platz. Sie wurden flankiert von einem hageren, eifrigen Mann mit hohlen Wangen und glattem, grauem Haar und von einem dicklichen Chinesen, der in seinem Wollanzug sichtlich schwitzte.
»Hat keinen Sinn, weiter hinten zu sitzen«, flüsterte Thrall. »Da sieht man die Tricks nicht.«
»Welche Tricks?« Der Chinese sah Thrall vorwurfsvoll an. »Freund, wenn Sie nur hier sind, um Tricks zu finden …«
»Ich habe nicht mit Ihnen geredet, Sir«, erklärte Thrall ruhig. »Mein Freund und ich …«
»Was ihr Kerle braucht, ist ein Päckchen von Madame Chows garantiert glücksbringenden Räucherstäbchen«, fuhr der Orientale fort und zog mühsam eine Schachtel aus der Tasche. »Zufällig habe ich welche bei mir. Sie verkünden die Zukunft, bringen Glück im Beruf, führen Sie mit dem Mädchen Ihrer Träume zusammen …« Seine schwarzen Knopfaugen taxierten David. »Und das alles für einen Dollar fünfzig – pro Stück«, fügte er hinzu, als er bemerkte, daß die Kleider zwar abgetragen, aber teuer waren.
»Bitte – sparen Sie sich den abergläubischen Blödsinn für einen anderen«, zischte Thrall, als der mottendurchlöcherte Vorhang sich bewegte.
Ein schwacher Scheinwerfer erwachte zu Leben, huschte über aufgeworfene Bretter und glänzte auf einem Paar Schuhen, die unter dem Vorhang hervorspitzten.
Das Licht ging höher, als sich der Vorhang teilte. Eine Frau trat auf die Rampe. Sie blinzelte in den Scheinwerfer. Es war Mrs. Creel, die knochige Witwe mit der Vorliebe für schweren Tweed. Sie wartete, bis der spärliche Applaus vertropft war, dann sagte sie mit durchdringender Stimme:
»Mitglieder unseres Vereins, Freunde, sehr verehrte Gäste und – jawohl, ich wende mich auch an jene, die nur aus Neugier gekommen sind. Auch sie sind willkommen, wie alle, die unsere Versammlung aufgesucht haben, um den Worten unseres erleuchteten Führers zu lauschen. Hier ist der weitsichtige Prophet, der das Geschehen unserer Zeit durchdringt – Mister Alphonse Cabrito!«
Wieder ein schwaches Beifallklatschen, als sich die Frau umdrehte, am Vorhang zupfte, sich in den dicken Falten verfing und dabei den unheimlich mageren Mann übersah, der heraustrat und wie eine Eule in die Runde blickte.
Im gleichen Moment, in dem die Frau sich aus den Falten befreite, stieß sie mit dem Redner zusammen. Das Mikrophon stürzte um und krachte geräuschvoll zu Boden. Als sich die beiden bückten, um es aufzuheben, stießen sie mit den Köpfen zusammen. Cabrito wirkte sehr verärgert, als die Frau sich durch den Vorhang in den Hintergrund kämpfte und ihm die Bühne überließ.
»Heute abend«, begann er mit nasaler Stimme, wobei seine Augenlider flatterten, »werde ich Ihnen etwas demonstrieren, das die Welt der sogenannten Naturwissenschaften auf die Knie zwingen soll. Man wird mich inständig betteln, um einen Einblick in das Material zu bekommen, das ich während meiner jüngsten Forschungen erarbeitet habe. Es waren Monate harter Arbeit, die ich in meinem privaten physikalischen Forschungsinstitut verbracht habe – übrigens das einzige Privatinstitut in ganz Amerika mit Ausnahme des Richmond-Instituts von Red Owl, Pennsylvania, das aber, soviel ich hörte, von den Geheimdiensten der Regierung umstellt ist und die Wahrheit nicht mehr verkünden kann …«
Während die dünne, fanatische Stimme weiterleierte, studierte David unauffällig die Gesichter der Anwesenden.
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