Invasoren der Erde
nicht«, rief er. »Der Rückweg ist einfacher.«
»Es macht mir Spaß«, erwiderte David. »Ich habe das Gefühl, daß ich einer großen Sache auf der Spur bin.«
»Und ob, Mister Vincent – und ob …«
Am Ende der Treppe erstreckte sich ein nackter, schmuckloser Korridor in beide Richtungen. Thrall winkte David an sich vorbei.
»Nach Ihnen«, meinte David.
Thrall warf ihm einen durchdringenden Blick zu, schob sich an ihm vorbei und führte ihn zu der Tür am Ende des Korridors. Er ließ die Hand auf dem großen Türknopf ruhen.
»Sehr wenige Menschen haben gesehen, was sich hinter dieser Tür verbirgt, Mister Vincent«, sagte er. »Ich hoffe, Sie machen sich auf … einen Schock gefaßt.«
»Natürlich«, sagte David. Thrall nickte kurz. »In diesem Falle …« Er stieß die Tür weit auf, tastete mit der Hand über die Wand und drückte auf einen Schalter. Der Raum wurde von Licht überflutet.
David trat einen Schritt nach vorn, sah an Thrall vorbei in das Zimmer – und zuckte bei dem Anblick zusammen: weiße Kachelwände, blitzblank polierter Boden, ein schmaler, eins achtzig langer Tisch mit einer Schaumgummilage darüber. Der Tisch wurde von Leuchtstoffröhren angestrahlt. Daneben befand sich ein Stahlkasten von der gleichen Größe wie der Tisch und eine Ablage, auf der in säuberlicher Anordnung glitzernde Instrumente aufgereiht waren. An einer Seite sah Vincent ein Paneel mit Instrumenten und Sprechgittern, Knöpfen und Lichtern.
»Überrascht, Mister Vincent?« fragte Thrall leise.
»Es sieht wie ein Operationssaal aus«, sagte David.
»Ich hätte es Ihnen vorher sagen sollen – ich bin Mediziner, wenn ich auch nie praktiziert habe. Das Kartell, das die Lizenzen vergibt, sorgte dafür, daß ich keine bekam.« Thralls Stimme wurde bei den letzten Worten spröde. »Dennoch, ich habe meine Erfahrung …« Er unterbrach sich. »Aber das interessiert Sie sicher nicht, Mister Vincent, habe ich recht?«
»Ich möchte gern mehr über die Fremden erfahren, die unter uns sind«, stellte David ruhig fest.
»Ich muß gestehen, daß ich nicht ganz ehrlich mit Ihnen war«, sagte Thrall. »Ich erklärte Ihnen, daß die Invasoren sich durch ihre Unterstützung der UFO-Organisationen verraten könnten.«
David nickte.
Thrall beugte sich vor. »Sie könnten es nicht nur, sie haben es bereits getan!« zischte er. Er entblößte die Zähne zu einem wilden Grinsen. »Sie waren hochmütig und haben alle Terraner als Narren abgetan – als blinde, leichtgläubige Narren. Aber sie hatten sich getäuscht, Mister Vincent! Ich ließ mich nicht an der Nase herumführen, von Anfang an nicht. Da – sehen Sie selbst!« Mit einer schnellen Bewegung trat Thrall an den Stahlkasten und drückte mit dem Fuß auf einen Hebel. Das Ding klappte auf wie eine übergroße Muschel und enthüllte die hohlen, starrenden Augen, die hagere, zusammengeschrumpfte Brust und die runzligen Beine eines Toten. Der Mann mußte schon sehr lange hier liegen.
*
David richtete die Augen fest auf das gräßliche Schauspiel. Er zwang sich dazu, das Grauen zu verbergen, das ihn beim Anblick des trockenen, bräunlichen Fleisches und der schrecklichen Wunden überkam. Er sah, wo der Brustkorb geöffnet worden war, wo die Schädeldecke durchsägt worden war, und er sah die skeletthafte, zerfetzte Hand.
»Das ist der letzte von den Leuten, die sich für so klug gehalten haben.« Thralls Stimme war jetzt ein hämisches Gurren. Seine Augen glitzerten den verstümmelten Kadaver tierhaft an. »Er kam her …« Thrall kicherte trocken zwischen zusammengepreßten Lippen – »um mich hier in die Falle zu locken, hier in meinem eigenen Haus. Der Kretin! Was für eine Meinung diese Leute von unserer Intelligenz haben müssen, Mister Vincent! Mich hierher zu verfolgen, in mein Labor, zu meinen Geheim… aber ich rede zuviel. Es soll genügen, daß ich ihm zeigte, wer der Herr hier ist.«
»Sie lasen ihn bei einer Versammlung der ISIS-Organisation auf?« fragte David in einem beiläufigen Ton.
»Aber nein. Es war ein Treffen der Brüder des Göttlichen Lichtes.« Wieder kicherte er. »Er bot mir an, daß er mir die innere Bedeutung der Sternbilder erklären wolle. Ich erzählte ihm, daß ich ein Privatobservatorium besäße, und der arme Tropf dachte, er hätte mich in der Falle!«
»Sie haben ihn also umgebracht?«
»Natürlich. Er stellte eine Drohung für meine Welt dar.«
»Und Sie haben ihn seziert?«
Thrall nickte. »Um die anatomischen
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