Invasoren der Erde
existierten, genügte ihm. Vielleicht hielten sie ihn für tot, vielleicht glaubten sie, daß er bei der Vernichtung der verborgenen Station ums Leben gekommen war. Vielleicht war das seine Trumpfkarte. Denn er war durchgekommen und hatte sein Wissen bewahrt. Aber noch genügte es nicht.
Er mußte mehr zusammentragen. Ein Glück, daß seine Finanzen geregelt waren. Das würde ihn eine Zeitlang über Wasser halten – ein Jahr etwa, wenn er sparsam lebte. Er konnte es nicht riskieren, in seine Wohnung und an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren.
Er mußte allein, im geheimen, arbeiten und den unumstößlichen Beweis für die Existenz der Fremden erbringen. Von nun an würde sein ganzes Trachten auf dieses Ziel gerichtet sein.
David Vincent ging allein durch die leere Straße. Er schleppte die Bürde seines Wissens mit sich.
Teil II
1
Von seinem Platz in der engen Ecknische des schäbigen Speiselokals beobachtete David Vincent die Gäste an der kupferbeschlagenen Theke: ein stämmiger Lastwagenfahrer mit einer abgeschabten Lederjacke, ein schmaler Kerl mit einem Kaninchengesicht, der über dem Overall einen kurzen Mantel trug, eine ausgemergelte, müde dreinblickende Frau, die sich in den letzten fünf Minuten mit zitternden Fingern drei Zigaretten nacheinander angezündet hatte. Keine vornehme Tischgesellschaft – aber nur zu menschlich. So menschlich wie die fette Frau mit den plumpen Fingern, die hinter der Theke saß, und der Alte, der sich an einem Tisch neben der Tür niedergelassen hatte und die Hände an der Kaffeetasse wärmte.
Hinter dem Fenster, das durch Neonröhren erleuchtet wurde, drängte sich der Abend. Es war nun drei Monate her, seit Davids Leben durch die Entdeckung der Fremden, der Invasoren, von Grund auf geändert worden war. Drei Monate, seit er sich unauffällig herumtrieb. Er hatte seine Stellung, seine Wohnung und seine Freunde verlassen. Drei Monate des Herumwanderns, in denen er keine zwei Nächte an einem Ort geschlafen hatte, immer auf der Hut, immer bestrebt, zu enge menschliche Kontakte zu vermeiden, und immer, immer auf der Suche nach irgendeinem Hinweis auf die Fremden, von denen nur er wußte.
Die Bedienung – ein schlankes Mädchen mit kastanienbraunem Haar, das nur schwache Ähnlichkeit mit der dicken Köchin, zweifellos ihre Mutter, hatte – stellte einen Teller vor ihn hin.
»Noch eine Tasse Kaffee?« fragte sie einladend. Ihre braunen Augen versuchten seine Blicke festzuhalten. Sie lächelte. Aber er sah weg und murmelte knurrig: »Nein.«
»Hoffentlich sind die Eier so richtig«, beharrte das Mädchen.
»Ja«, brummte er und entfaltete betont seine Zeitung. Er sah dem Mädchen nach, als sie wegging.
Tut mir leid, dachte er. Aber ich kann es nicht riskieren, daß jemand in die Sache verwickelt wird. Schon ein freundliches Wort ist zuviel. Denn ich weiß nie, wer – oder was – mich beobachtet …
Eine Überschrift in der Zeitung fiel ihm ins Auge:
UFO-ANHÄNGER WOLLEN »BEWEISE« BRINGEN!
David las weiter:
Es gibt Fremde unter uns – zumindest glauben das die treuen Anhänger der Interplanetarischen Überwachungsgesellschaft in Waynetown. Heute abend findet im Hauptquartier der Gruppe, im früheren Stadtopernhaus, eine Sonderveranstaltung statt, in der Beweise zur Untermauerung dieser Theorie gebracht werden sollen. Mister Aphonse Cabrito, der Präsident der Organisation, kündete heute an, daß neue Daten, die ihm erst jetzt zugänglich gemacht wurden, Tausende von Zweiflern bekehren werden. In einem Exklusiv-Interview sagte Mister Cabrito: »Jeder, der unsere Welt aufmerksam beobachtet, wird sich darüber im klaren sein, daß bösartige fremde Kräfte am Werk sind …«
Der Artikel ging noch weiter, in der gleichen hochmütigen, spöttischen Art. Er beschrieb die Tätigkeit der Klubmitglieder und betonte das Lächerliche daran. Aber Davids Lächeln war eher bitter als amüsiert. Artikel wie dieser erschienen praktisch täglich in irgendeiner Zeitung des Landes. Wenn die Invasoren es sich zur Aufgabe gemacht hätten, in der Öffentlichkeit Skepsis und Zweifel zu wecken, um in aller Ruhe operieren zu können, dann wären diese Zeitungsberichte das ideale Mittel dazu gewesen …
Wenn die Invasoren es sich zur Aufgabe gemacht hatten …
Es war eine Möglichkeit. Der Gedanke kam David blitzschnell. Auch wenn die Invasoren die UFO-Masche nicht selbst erfunden hatten, so war ihnen vielleicht doch der Gedanke gekommen, sie für ihre Zwecke
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