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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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empfand diese seltsame Mischung von Emotionen – halb Hochstimmung, halb Fatalismus –, die einem das Gefühl geben, es wäre irgendwie eine segensreiche Sache und der Höhepunkt des Daseins, wenn man genau in diesem Augenblick sterben würde, plötzlich und schmerzlos (genauer gesagt aufhören würde zu sein, anstatt überhaupt den Vorgang des Sterbens durchzumachen).
    »Der König macht einen glücklichen Eindruck, Herrin«, bemerkte ich, als wir wieder einmal nebeneinander standen.
    »Ja, aber er fängt an zu humpeln«, sagte die Ärztin und warf stirnrunzelnd einen sehr flüchtigen Blick in Herzog Quettils Richtung. »Das war eine unkluge Wahl eines Tanzes für einen Mann, dessen Knöchel noch nicht richtig verheilt ist.« Ich sah zum König hin, aber natürlich tanzte er in diesem Augenblick nicht. Dennoch konnte ich nicht umhin zu bemerken, daß er, anstatt die überbrückenden Zwischenschritte zu machen, still dastand, das Gewicht auf das andere Bein verlagert, und statt dessen den Takt mit den Händen mitklopfend. »Wie ist deine Prinzessin?« fragte die Ärztin mich lächelnd.
    »Sie heißt Skuhn, glaube ich«, sagte ich mit einem Stirnrunzeln. »Oder vielleicht ist das auch der Name ihres Heimatlandes. Oder ihres Vaters. Ich bin mir nicht sicher.«
    »Sie wurde als Prinzessin von Wadderan vorgestellt, glaube ich«, sagte die Ärztin. »Ich bezweifle, daß Skuin ihr Name ist. So nennt man die Art des Kleides, das sie trägt, ein Skuin-Trel. Ich kann mir vorstellen, daß sie dachte, du würdest darauf deuten, als du sie nach ihrem Namen gefragt hast. Wenn man jedoch davon ausgeht, daß sie ein weibliches Mitglied der königlichen Familie der Wadderani ist, dann fängt ihr Name sehr wahrscheinlich irgendwie mit Gul… an.«
    »Ach, Ihr kennt Euch mit ihrem Volk aus?« Das verwirrte mich, denn die Konfiszierten oder Halbverborgenen Königreiche gehören zu den abgelegensten und am strengsten gegen die Außenwelt abgeschotteten Orte der bekannten Welt.
    »Ich habe darüber gelesen«, erklärte die Ärztin leichthin, bevor sie in die Mitte gezogen wurde, um mit dem hochgewachsenen trosilianischen Prinzen zu tanzen. Seine Schwester und ich bildeten ebenfalls ein Tanzpaar. Eine schlaksige, im großen und ganzen reizlose und eher nichtssagende Frau, tanzte sie dennoch ziemlich gut und schien genauso vergnügt zu sein wie der König. Sie freute sich, mich in eine Unterhaltung zu verwickeln, obwohl sie mich anscheinend für einen Adeligen von einiger Bedeutung hielt, eine Illusion, die ich wahrscheinlich zu langsam war zu zerstören.
    »Vosill, Ihr seht großartig aus«, hörte ich den König der Ärztin zuraunen. Ich sah, wie sie den Kopf ein wenig neigte, und dann murmelte sie ihrerseits ihm etwas zu, das ich nicht verstand. Ich empfand einen Stich der Eifersucht, die sich für einen Augenblick in Angst und Schrecken verwandelte, als mir klar wurde, wer das Objekt meiner Eifersucht war. Vorsehung, kein anderer als unser lieber König!
    Der Tanz ging weiter. Wir trafen auf den Herzog und die Herzogin von Keitz, dann bildeten wir wieder einen Kreis – die Hand der Ärztin war so fest und warm und trocken wie zuvor –, dann formierten wir uns wieder zu unserer anfänglichen Achtergruppe. Inzwischen atmete ich heftig, und ich wunderte mich nicht, daß Leute im Alter von Herzog Walen für gewöhnlich diese Art von Tanz ausließen. Besonders wenn man maskiert war, war dies ein langwieriges, heißes und ermüdendes Unterfangen.
    Herzog Quettil tanzte mit der Ärztin in frostigem Schweigen. Der junge Ulresile sprang netterweise in die Mitte unserer Gruppe, um sich die Ärztin als Tänzerin zu sichern, und fuhr in seinen Bemühungen fort, ihr ein Stück aus seinem Familienschatz aufzudrängen, während sie jedem Vorschlag ebenso geschickt begegnete, wie er ungeschickt vorgebracht wurde.
    Endlich (und dankenswerterweise, denn meine Füße schmerzten allmählich in meinen neuen Festtagsschuhen, und ich empfand ein gewisses Bedürfnis, mich zu erleichtern) bildeten wir eine gemeinsame Formation mit der Dame Ulier und dem Wachkommandanten Adlain.
    »Erklärt mir doch bitte, Doktor«, sagte Adlain, als sie miteinander tanzten, »was ist ein… Gahan?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Meint Ihr vielleicht einen Gaan?«
    »Natürlich! Ihr sprecht es viel besser aus als ich. Ja. Ein Gaan.«
    »Das ist der Titel eines hohen Beamten im Zivilstab von Drezen. Auf haspidianisch oder imperialisch würde das etwa einem Bürgermeister oder

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