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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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größere für mich, Herr. Dennoch, ich besitze bereits die Maske, die Ihr an mir seht und die Ihr bewundert habt, und ich kann nur eine zur selben Zeit tragen.«
    »Aber…«
    Doch damit war es wieder soweit, daß die beiden sich trennen mußten, und die Ärztin kehrte an meine Seite zurück.
    »Bekommst du all das hier mit, Oelph?« fragte sie, als wir wieder zu Atem gekommen waren und das Schlagen des Taktes mit den Füßen vollführten.
    »Herrin?«
    »Deine Partnerinnen schienen in deiner Gegenwart stumm zu werden, und dennoch sahst du aus wie jemand, der sich auf eine Unterhaltung konzentriert.«
    »Tat ich das, Herrin?« fragte ich und spürte, wie mein Gesicht unter der Maske rot anlief.
    »Das tatest du, Oelph.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Herrin.«
    »Ach, ist schon gut, Oelph. Mir macht es nichts aus. Hör ruhig weiter zu, du hast meinen Segen.«
    Die Musik veränderte sich wieder, und es war Zeit für die zwei Reihen von Tänzern, einen Kreis zu bilden und sich dann in einer wechselnden Anordnung neu aufzustellen. In dem Kreis hielt die Ärztin meine Hand fest, aber sanft, umfaßt. Ihre Hand, von der ich schwören würde, daß sie meine drückte, bevor sie sie losließ, fühlte sich warm und trocken an, und die Haut glatt.
    Nach kurzer Zeit tanzte ich in der Mitte des großen Ballsaals im zweiten Palast unseres Königreichs – und wohl im ersten, was den Prunk betrifft – mit einer lächelnden, kichernden, porzellanhäutigen Prinzessin aus den Halbverborgenen Königreichen in den hohen, von ewigem Schnee bedeckten Bergen, die fast bis zum Himmel hinaufreichten, jenseits der barbarischen Anarchie von Tassasen.
    Ihre wolkenweiße Haut war auf einem Augenlid und an der Schläfe tätowiert, und ihre Nasenflügel und das Septum zwischen Nase und Oberlippe waren mit Juwelen gespickt. Sie war klein, aber mit erstaunlichen weiblichen Rundungen ausgestattet, gekleidet in einer reich geschmückten und farbenprächtigen Version der eher schlichten, praktischen Mode ihres Volkes. Sie sprach nur wenig Imperialisch und überhaupt kein Haspidianisch, und ihre Kenntnisse der Tanzschritte waren eher bruchstückhaft. Dennoch gab sie sich alle Mühe, eine bezaubernde Tanzpartnerin zu sein, und ich gestehe, daß ich wenig von dem mitbekam, was sich zwischen der Ärztin und dem König abspielte, sondern lediglich bemerkte, daß die Ärztin sehr groß und elegant und korrekt aussah, während der König bester Laune und vergnügt wirkte, auch wenn seine Schritte nicht ganz so flüssig waren, wie sie normalerweise gewesen wären (die Ärztin hatte seinen Knöchel an diesem Nachmittag besonders fest umwickelt, da sie wußte, daß er bestimmt an der Tanzerei teilnehmen würde). Beide lächelten unter ihren Halbmasken.
    Die Musik schwoll an und rollte über uns hinweg, die hochwohlgeborenen Herrschaften und schönen Masken und Kostüme wallten und wirbelten um uns herum, und wir, in unserem feinsten Zeug prangend, waren der strahlende Mittelpunkt von allem. Die Ärztin bewegte und wiegte sich neben mir, und ab und zu umwehte meine Nase einen Hauch von ihrem Parfüm, welches ich niemals zu identifizieren vermochte; auch konnte ich mich nicht entsinnen, jemals gesehen zu haben, daß sie es benutzte. Es war ein erstaunlicher Duft. Er erinnerte mich sofort an verbrannte Blätter und Meeresgischt, an neu umgegrabene Erde und an blühende Sommerblumen. Es war auch etwas Finsteres und Eindringliches und Sinnliches an diesem Duft, und gleichzeitig etwas Süßes und Scharfes, gleichzeitig Zartes und Vollblütiges und äußerst Rätselhaftes.
    In späteren Jahren, als die Ärztin schon lange von uns gegangen war und es schwierig war, sich selbst an ihre ausgeprägtesten Züge mit vollständiger Klarheit zu erinnern, geschah es manchmal in Augenblicken persönlichster Intimität, daß mir ein Hauch von diesem Duft um die Nase wehte, doch die Begegnung erwies sich stets als flüchtig.
    Ich gestehe freimütig, daß bei solcher Gelegenheit die Erinnerung an jene lange zurückliegende Nacht, den prächtigen Ballsaal, den herrlichen Luxus der Tanzenden und die atemberaubende Gegenwart der Ärztin mir wie eine Winde aus Schmerz und Sehnsucht vorkommt, mit den Seilen der Erinnerung an meinem Herzen festgebunden, dieses drückend und straffend und zusammenziehend, bis es unvermeidlich erschien, daß es zerbersten mußte.
    Umtobt von diesem wilden Sturm von Sinneseindrücken durch Auge, Ohr und Nase, war ich gleichzeitig entsetzt und erheitert und

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