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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Ich machte mir allmählich Sorgen darüber, wieviel Schmähungen ein Paar voller roter Lippen wortlos vermitteln konnten.
    »Also dann«, sagte Walen. »Bis später, Madame.« Er nickte.
    Die Ärztin vollführte eine angedeutete Verbeugung. Herzog Walen machte kehrt und führte seine Gruppe in den Ballsaal.
    Wir setzten uns. Ich nahm die Maske ab und wischte mir das Gesicht ab. »Ich glaube, der Herzog hat ein bißchen zuviel Wein erwischt, Herrin«, sagte ich.
    Die Spiegelmaske wandte sich mir zu. Mein eigenes Gesicht sah mich an, verwirrt und gerötet. Die beiden roten Lippen umspielte ein Lächeln. »Ja. Meinst du, es wird ihm etwas ausmachen, wenn ich ihm keinen drezenischen Tanz bieten kann? Ich kann mich wirklich an keinen erinnern.«
    »Ich finde, der Herzog hat sich Euch gegenüber sehr ungezogen verhalten, Herrin. Es war vor allem der Wein, der aus ihm gesprochen hat. Ihm ging es nur darum… nun, ich bin sicher, er als Edelmann wollte Euch nicht demütigen – aber er hat sich vielleicht einen Spaß mit Euch gemacht. Die Einzelheiten des Gesprächs sind nicht wichtig. Wahrscheinlich wird er das meiste von dem, was hier abgelaufen ist, vergessen.«
    »Das hoffe ich. Hältst du mich für eine schlechte Tänzerin, Oelph?«
    »O nein, Herrin! Ich habe bis jetzt keinen einzigen falschen Schritt bei Euch gesehen.«
    »Das ist mein ganzes Bestreben. Sollen wir…?«
    Ein junger Mann in einer Leder-und-Halbedelstein-Maske, der die Paradeuniform eines Hauptmanns der Königlichen Grenzwache trug, erschien neben uns. Er verneigte sich tief. »Meister Oelph? Madame Doktor Vosill?« fragte er.
    Es entstand eine Pause. Die Ärztin sah mich an. »Ja!« platzte ich heraus.
    »Der König hat mir befohlen, Euch zum nächsten Tanz zusammen mit der königlichen Gesellschaft einzuladen. Er beginnt gleich.«
    »Oh, Scheiße!« hörte ich mich selbst sagen.
    »Wir sind entzückt, die Einladung des Königs anzunehmen«, sagte die Ärztin, wobei sie sich geschmeidig erhob und dem Offizier zunickte. Sie hielt mir den Arm hin. Ich nahm ihn in meinen.
    »Bitte, folgt mir«, sagte der Hauptmann.
     
    Wir waren Teil einer Figur aus sechzehn Tänzern, zu denen König Quience gehörte, außerdem eine kleine, dralle junge Prinzessin aus einem der Konfiszierten Königreiche in den Bergen jenseits des Landes Tassasen, ein hochgewachsenes Geschwisterpaar von Prinz und Prinzessin aus dem Äußeren Trosile, Herzog Quettil und dessen Schwester, die Dame Ghehere, der Herzog und die Herzogin von Keitz (Onkel und Tante von Wachkommandant Adlain), deren erstaunlich proportionierte Tochter und ihr Verlobter, Prinz Hilis von Faross, der Wachkommandant Adlain selbst und die Dame Ulier sowie schließlich noch eine junge Dame, der ich vorgestellt wurde und die ich schön öfter am Hof gesehen hatte, deren Name mir jedoch früher schon entfallen war und den ich auch jetzt nicht behielt, sowie deren Begleiter, der Bruder der Dame Ulier, der junge Herzog Ulresile, dem wir zum ersten Mal am Königstisch im Verborgenen Garten begegnet waren.
    Mir entging nicht, daß der jugendliche Herzog sich in unserer Hälfte der Figur aufstellte und damit sicher sein konnte, daß er zwei Gelegenheiten haben würde, mit der Ärztin zu tanzen, anstatt nur eine.
    Man wurde sich gegenseitig vorgestellt, und ein sehr eindrucksvoll gewandeter Wiester kündigte den Tanz an; er trug eine schlichte schwarze Maske. Wir nahmen unsere Plätze in zwei Reihen ein, immer ein Mann einer Frau gegenüber. Der König nahm einen letzten Schluck aus einem Kelch, stellte ihn aufs Tablett zurück, schickte den Diener, der es hielt, mit einer Handbewegung weg und nickte Wiester zu, der seinerseits dem Dirigenten des Orchesters zunickte.
    Die Musik setzte sein. Mein Herz schlug heftig und schnell. Ich war einigermaßen vertraut mit der Figur, die wir zu tanzen hatten, dennoch hatte ich Angst, ich könnte einen Fehler machen. Ebensoviel Angst hatte ich, die Ärztin könnte einen schwerwiegenden falschen Schritt machen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie schon einmal eine so komplizierte Figur getanzt hatte.
    »Erfreut Ihr Euch an dem Fest, Madame?« fragte Herzog Quettil, als er und die Ärztin sich einander näherten, sich verneigten, bei den Händen hielten, eine Kreis drehten und weiterschritten. Ich war auf gleiche Weise mit der Dame Ghehere beschäftigt, die durch ihr Auftreten und Gehabe deutlich zu verstehen gab, daß sie keinerlei Interesse hatte, sich mit dem Gehilfen einer Frau zu

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