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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Patienten.
    Trotz der offenkundigen Gesundheit des Königs fanden er und die Ärztin anscheinend immer noch irgendwelche Vorwände, um sich zu sehen. Der König machte sich Sorgen, daß er zu dick werden könnte, so wie es seinem Vater in späteren Jahren gegangen war, und deshalb ließ er sich von der Ärztin hinsichtlich einer Diät beraten. Das kam jenen von uns, für die das Dickwerden ein sicheres Zeichen dafür war, daß man gut genährt wurde, wenig arbeitete und ein überdurchschnittliches Alter erreichte, recht abwegig vor, aber andererseits zeigte es vielleicht auch, daß ein gewisses Maß an Wahrheit an den Gerüchten war, daß die Ärztin dem König einige seltsame Gedanken eingegeben hatte.
    Die Zungen wetzten sich auch über den Umstand, daß die Ärztin und der König zuviel Zeit miteinander verbrachten. Soweit ich weiß, kam es während der ganzen Zeit niemals zu irgendwelchen Intimitäten. Ich war stets, wenn die Ärztin sich mit dem König beschäftigte, an ihrer Seite, mit Ausnahme einiger weniger Gelegenheiten, als ich zu krank war, um das Bett zu verlassen; während dieser Zeit war ich eifrig bestrebt, durch meine Assistentenkollegen wie auch durch bestimmte Diener herauszufinden, wie sich die Dinge zwischen der Ärztin und dem König entwickelt hatten.
    Ich kann voller Zufriedenheit sagen, daß mir nichts entging und daß ich bisher über alles berichtet habe, was für meinen Meister irgendwie von Bedeutung hätte sein können.
    Der König befahl die Ärztin fast jeden Abend zu sich, und wenn er keine offensichtlichen Beschwerden hatte, dann verschob er mit großem Aufhebens die Schultern und behauptete mit einem angedeuteten Stirnrunzeln, daß da vielleicht in der einen oder der anderen eine kleine Verspannung sein könnte. Die Ärztin war anscheinend nur allzu gern bereit, als Masseuse zu arbeiten, und sie rieb vergnügt ihre verschiedenen Öle in die goldbraune Haut des königlichen Rückens, indem sie ihn knetete und mit den Handflächen und Fingerknöcheln die Gegend entlang seiner Wirbelsäule, über der Schulter und am Halsansatz bearbeitete.
    Manchmal unterhielten sie sich bei solchen Gelegenheiten leise, meistens jedoch schwiegen sie, abgesehen von den sporadischen Grunzlauten, die er von sich gab, wenn die Ärztin besonders verhärtete Muskelknoten löste. Auch ich verhielt mich natürlich ruhig, da ich den Bann nicht brechen wollte, der in solchen von Kerzenlicht beschienenen Augenblicken herrschte, und ich wurde von einer sonderbaren süßen Melancholie ergriffen, während ich voller Neid diese kräftigen, schlanken Finger beobachtete, die von parfümierten Ölen glänzten und sich an dem ergiebigen Fleisch des Königs zu schaffen machten.
     
    »Ihr seht heute abend müde aus, Doktor«, sagte der König, während sie den oberen Teil seines Rückens massierte. Er lag bis zur Taille nackt auf seinem breiten, von einem Baldachin überdachten Bett.
    »Findet Ihr, Herr?«
    »Ja. Was ist mit Euch los?« Der König wandte sich zu ihr um. »Ihr habt Euch doch nicht etwa einen Liebhaber genommen, Vosill, oder?«
    Die Ärztin errötete, was bei ihr oft geschah. Ich glaube, jedesmal, wenn ich Zeuge eines solchen Geschehnisses war, befanden wir uns in der Gegenwart des Königs. »Nein, das habe ich nicht, Herr«, sagte sie.
    Der König legte das Kinn wieder auf die Hände. »Vielleicht wäre das gut für Euch, Doktor. Ihr seid eine schöne Frau. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr nicht die ganz große Auswahl hättet, falls Euch der Sinn danach stünde.«
    »Euer Majestät schmeicheln mir.«
    »Nein, ich spreche einfach nur die Wahrheit aus, wie Ihr sicher wißt.«
    »Ich füge mich Eurer Ansicht, Herr.«
    Der König drehte sich um und sah mir direkt ins Gesicht. »Findest du nicht, äh…?«
    »Oelph«, sagte ich schluckend. »Herr.«
    »Also gut, Oelph«, sagte der König mit hochgezogenen Augenbrauen. »Findest du nicht auch? Ist die treffliche Ärztin nicht ein erfreulicher Anblick? Glaubst du nicht, sie könnte das Auge jedes normalen Mannes ergötzen?«
    Ich schluckte. Ich warf einen Blick zur Ärztin, die mich mit einem Blick ansah, der mahnend oder sogar flehentlich hätte sein können.
    »Gewiß, Herr«, setzte ich an. »Meine Meisterin ist eine überaus eindrucksvolle Persönlichkeit, Euer Majestät, Herr«, murmelte ich und spürte, wie ich rot anlief.
    »Eine eindrucksvolle Persönlichkeit, ist das alles?« Der König lachte, wobei er mich unentwegt musterte. »Aber findest du

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