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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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trat in den Raum. »Wo ist mein Junge?« rief er.
    »Vater!« Lattens rannte zu ihm und warf sich ihm in die Arme.
    »Uff! Du liebe Zeit, wie schwer du geworden bist!« UrLeyn sah zu DeWar und Perrund hinüber und zwinkerte ihnen zu. Er setzte sich mit dem Jungen auf die Couch in der Nähe der Tür, und sie kuschelten sich aneinander.
    Perrund stand auf und trat zu DeWar. »Nun, mein Herr, Ihr müßt mir versprechen, daß Ihr sowohl auf den Protektor als auch auf Euch selbst gut aufpaßt«, sagte sie zu ihm und sah ihm ins Gesicht. Ihre Augen leuchteten. »Ich wäre zutiefst betrübt, wenn einem von Euch beiden etwas zustoßen würde, und so kühn Ihr auch sein mögt, so treibt Eure Kühnheit Euch doch hoffentlich nicht weit genug, daß ich bekümmert sein müßte.«
    »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu gewährleisten, daß wir beide unbeschadet zurückkehren«, antwortete DeWar. Er ordnete seinen Umhang, den Hut und die Taschen neu, indem er sich von den letzteren die eine über einen Arm und die andere über den anderen hängte, bevor er sich die Satteltaschen über die Schulter warf und den Hut so über den Kopf stülpte, daß er an einem Riemen auf seinem Rücken hing.
    Perrund beobachtete dieses Herumgeschiebe von hinderlicher Last mit einer Art trauriger Belustigung. Sie legte ihm die unversehrte Hand auf den Arm und unterbrach ihn bei seinem Tun. »Paßt auf Euch auf«, sagte sie leise. Dann wandte sie sich ab und setzte sich so hin, daß sie UrLeyn und er sie sehen konnte.
    DeWar betrachtete sie einen Augenblick lang, während sie dort saß und sich das lange rote Kleid glattstrich; ihr Gesicht war ruhig und schön. Dann wandte auch er sich ab und ging zur Tür.

 
17. Kapitel
Die Ärztin
     
     
    Meister, natürlich wurde irgendwann ein Mörder für Herzog Walen auserkoren. Anders hätte es nicht sein können. Der Mord an einer so bedeutenden Persönlichkeit darf einfach nicht ungesühnt bleiben. So sicher wie der Erbe für einen freigewordenen schwerwiegenden Titel gefunden werden muß, hinterläßt ein solches Ereignis ein Loch im Material der Gesellschaft, das mit dem Leben eines anderen geflickt werden muß. Es ist ein Vakuum, in das irgendeine Seele hineingesogen wird, und in diesem Fall war die Seele ein armer Verrückter aus der Stadt Mizui, der sich mit allen Anzeichen von Glück und sogar Erfüllung bereitwillig in diese Leere warf.
    Sein Name war Berridge, ein einstiger Zunderbüchsenhersteller im vorgerückten Alter, der in der ganzen Stadt als Verrückter bekannt war. Er lebte mit einer Handvoll anderer Verzweifelter unter der Brücke der Stadt, in den Straßen um Geld bettelnd und den Marktplatz nach weggeworfenen oder verfaulten Lebensmitteln absuchend. Als am Tag nach dem Maskenball der Mord an Herzog Walen in Mizui bekanntgemacht wurde, wurde Berridge im Büro des Ordnungshüters vorstellig und legte ein umfassendes Geständnis ab.
    Das war auf Seiten des Ordnungshüters kein Anlaß für großes Erstaunen, da sich Berridge ständig im Zusammenhang mit irgendwelchen Morden in oder in der Nähe der Stadt, für die es keinen offenkundigen Schuldigen gab, als Täter bezichtigte, und tatsächlich auch für einige, bei den der Schuldige nicht eindeutiger auf der Hand hätte liegen können. Seine Schuldanerkenntnisse vor Gericht, zu denen er beispielsweise auch trotz der Tatsache stand, daß ein für seine Gewalttätigkeit bekannter Ehemann volltrunken im selben Zimmer wie die Leiche seiner niedergemetzelten Ehefrau aufgefunden wurde, das Messer immer noch mit der blutigen Hand umklammernd, boten Stoff für viel Erheiterung bei jenem Teil der Bevölkerung, die den Königshof als eine Art Gratistheater betrachten.
    Normalerweise wäre Berridge zur Tür hinaus und in den Dreck der Straße geworfen worden, ohne daß der Ordnungshüter auch nur einen Augenblick überlegt hätte. Bei dieser Gelegenheit jedoch, aufgrund des schwerwiegenden Delikts und der Tatsache, daß Herzog Quettil gerade erst an diesem Morgen dem Ordnungshüter gegenüber seinen Unmut darüber zum Ausdruck gebracht hatte, daß innerhalb kurzer Zeit ein zweiter nicht zu duldender Mord innerhalb seiner Gerichtsbarkeit stattgefunden hatte, hielt es der Ordnungshüter für besser, die Behauptungen des Verrückten nicht einer solchen automatischen Verwerfung zu unterziehen.
    Zu seiner ungeheueren Überraschung und Befriedigung wurde Berridge im Stadtgefängnis eingesperrt. Der Ordnungshüter ließ eine Nachricht an

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