Inversionen
meine Hingabe, meine eigene Ehre verwandelten sich zu Wasser und sickerten durch die Fersen hinaus. Was immer man von mir würde hören wollen, ich würde es sagen, um mich selbst zu retten.
Das Schicksal der Ärztin war besiegelt, davon war ich überzeugt. Nichts, was ich hätte tun oder sagen können, würde sie retten. Ihre Handlungen waren der geplanten Anschuldigung angepaßt worden. Die verdächtige Notiz, der seltsame Schauplatz, der Weg, der dem wahren Mörder geöffnet worden war, das zeitrichtige Erscheinen der Wachen, noch dazu als so zahlreiche Meute, sogar der Umstand, daß Meister Ralinge so strahlende Augen hatte und so glücklich darüber aussah, uns zu sehen, und dafür gesorgt hatte, daß alle Kerzen brannten, und sein Kohlebecken geschürt hatte… all das zeugte von einem Komplott, einem heimlichen Einvernehmen. Die Ärztin war in diese Lage gezwungen worden, von Leuten, die über große Macht verfügten, und deshalb gab es nichts, das ich hätte tun können, das sie vor ihrem Schicksal bewahrt oder in irgendeiner Weise ihre Bestrafung gemildert hätte.
Jene von Euch, die dies lesen und denken: nun, ich hätte alles in meiner Macht Stehende getan, um ihre Qualen abzuschwächen, bitte ich, noch einmal nachzudenken, denn Ihr seid sicher nie in eine Folterkammer gebracht worden und habt nie die Gerätschaften gesehen, die einen dort erwarten. Wenn man die sieht, dann denkt man an nichts anderes mehr, als sich etwas einfallen zu lassen, um zu verhindern, daß sie bei einem selbst angewendet wurden.
Die Ärztin wurde ohne Gegenwehr zu einem Abfluß im Boden gebracht, wo man sie zwang, sich hinzuknien, während man ihr die Haare abschnitt und den Kopf rasierte. Das schien sie in Rage zu bringen, denn sie fing an zu schreien und zu kreischen. Meister Ralinge führte das Schneiden und Rasieren eigenhändig durch, auf eine beinahe liebevolle, behutsame Weise. Er umfaßte jedes Bündel Haare, das er vom Kopf der Ärztin entfernt hatte, mit der Faust, hob es an die Nase und schnupperte daran. Ich wurde unterdessen senkrecht an den Streckrahmen gebunden.
Ich kann mich nicht erinnern, was die Ärztin schrie oder was Meister Ralinge sagte. Ich weiß nur, daß sie Worte wechselten, das ist alles. Die Sammlung nicht zusammenpassender Zähne des Foltermeisters schimmerte im Kerzenlicht.
Ralinge fuhr mit der Hand über den Kopf der Ärztin, und an einer Stelle, über dem linken Ohr hielt seine Hand inne, und er sah genauer hin, wobei er mit seiner weichen Stimme etwas murmelte, das ich nicht verstand, dann befahl er, daß man sie auszog und auf ein Eisenbett bei dem Kohlebecken legte. Während die Ärztin von den beiden Wachen, die sie an diesen schrecklichen Ort gebracht hatten, grob festgehalten wurde, löste der Foltermeister gemächlich die Schlaufe seiner dicken Lederschürze und zog sie aus, dann fing er an, auf eine absichtsvolle Weise seine Hose aufzuknöpfen. Er nickte den beiden Wachen zu – die zeitweise vier gewesen waren, denn die Ärztin hatte einen bemerkenswert kraftvollen Kampf geliefert –, und sie zogen meine Herrin nackt aus.
Und so sah ich, was ich immer gehofft hatte zu sehen, und bekam das zu Gesicht, was ich mir während meiner vielen Hunderten von schändlichen Einschlafbilder vorgestellt hatte.
Die Ärztin, nackt.
Und es bedeutete gar nichts. Sie zappelte, zerrte und bäumte sich auf und versuchte zu boxen und zu kicken und zu beißen, ihre Haut gefleckt von der Anstrengung, das Gesicht heiß von Tränen und gerötet vor Angst und Wut. Dies war kein süßer, lustvoller Traum. Hier war keine wohlige Vision von Schönheit. Hier war eine Frau, die auf die niederträchtigste und ekelerregendste Art vergewaltigt, dann gefoltert und schließlich getötet werden sollte. Sie wußte das genausogut wie ich, und genausogut wie Ralinge und seine beiden Gehilfen, und genausogut wie die beiden anwesenden Wachmänner.
Welches war meine inbrünstigste Hoffnung an diesem Punkt?
Sie war, daß die Männer von meiner Hingebung an die Ärztin nichts wußten. Wenn sie mich für gleichgültig hielten, würde ich vielleicht nur ihre Schreie hören müssen. Wenn sie auch nur einen Augenblick lang dächten, einen Herzschlag lang, daß ich sie liebte, dann würden die Regeln ihres Berufsstandes erfordern, daß mir die Augenlider abgeschnitten würden und ich gezwungen wäre, ihre Qualen bis zum letzten Augenblick mitanzusehen.
Ihre Kleider wurden weggeworfen und landeten auf einem Haufen in einer Ecke
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