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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schwankte. »Meint Ihr nicht auch?«
    »Ich bin ganz und gar derselben Ansicht, Herr«, sagte BiLeth mit einem verächtlichen Blick zu DeWar.
    »Da haben wir es«, sagte UrLeyn. Er machte auf dem Absatz kehrt. »Kommt!« Er schritt davon.
    DeWar war immer noch neben ihm, ein Stück Schwärze, das sich über die Fliesen bewegte. ZeSpiole mußte schnell gehen, um Schritt zu halten. BiLeth machte längere Schritte. »Verschiebt das Treffen, Herr«, sagte DeWar. »Laßt es unter weniger offiziellen Umständen stattfinden. Ladet den Botschafter ein, Euch – sagen wir mal – im Bad zu treffen…«
    »Im Bad, DeWar?« höhnte der General.
    »Lächerlich!« sagte BiLeth.
    ZeSpiole schmunzelte nur.
    »Ich habe den Botschafter gesehen, Herr«, erzählte DeWar dem General, während die Türflügel für sie geöffnet wurden und sie die Kühle des großen Saals betraten, wo ein halbes Hundert Höflinge, Offizielle und Vertreter des Militärs über den schlichten Steinboden verstreut warteten. »Er erfüllt mich nicht mit Vertrauen, Herr«, sagte DeWar leise, wobei er sich schnell umsah. »Genauer gesagt, er erfüllt mich mit Mißtrauen. Besonders seit er um ein privates Treffen gebeten hat.«
    Sie blieben vor der Tür stehen. Der General deutete mit dem Kinn in Richtung eines kleinen, in die dicke Mauer eingelassenen Alkovens, der soeben genug Platz zum Sitzen bot. »Entschuldigt uns, BiLeth, Kommandant ZeSpiole«, sagte er. ZeSpioles Miene zeigte, daß er aus der Fassung gebracht war, doch er nickte. BiLeth wich ein wenig zurück, als ob er zutiefst beleidigt worden wäre, aber beide verneigten sich ernst. UrLeyn und DeWar setzten sich in den Alkoven. Der General hielt eine Hand hoch, um die Leute, die sich ihnen näherten, davon abzuhalten, zu nahe zu kommen. ZeSpiole breitete die Arme aus, um die Leute zurückzuhalten.
    »Was habt Ihr verdächtig gefunden, DeWar?« fragte er leise.
    »Ich bin noch nie einem Botschafter begegnet, dem er gleichen würde. Er hat nicht einmal das Aussehen von einem solchen.«
    UrLeyn lachte leise. »Was denn, trägt er etwa Seemannsstiefel und ein Sturmcape? Hat er Flußkrebse an den Absätzen und Seevogelkot auf der Mütze? Wirklich, DeWar…«
    »Ich meine sein Gesicht, seinen Ausdruck, seine Augen, sein ganzes Verhalten. Ich habe Hunderte von Botschaftern gesehen, Herr, und sie sind so vielfältig, wie man vermuten möchte, und um einiges mehr. Sie sind salbungsvoll, dem Anschein nach freimütig, aufgeblasen, zurückhaltend, bescheiden, nervös, ernst… es gibt alle Typen darunter. Aber sie alle wirken so, als ob ihnen etwas wichtig wäre, alle haben anscheinend ein gemeinsames Interesse an ihrem Amt und ihrer Funktion. Dieser hier…« DeWar schüttelte den Kopf.
    UrLeyn legte ihm die Hand auf die Schulter. »Dieser hier kommt Euch einfach nicht richtig vor, stimmt’s?«
    »Ich muß zugeben, Ihr habt es nicht besser ausgedrückt, als ich es gekonnt hätte, Herr.«
    UrLeyn lachte. »Wie ich bereits sagte, DeWar, wir leben in einer Zeit, in der sich Werte und Rollen und Leute ändern. Ihr erwartet doch wohl nicht von mir, daß ich mich genauso benehme, wie andere Herrscher sich benommen haben, oder?«
    »Nein, Herr, das tue ich nicht.«
    »Ebenso können wir nicht erwarten, daß jeder Funktionär jeder neuen Macht mit den Erwartungen übereinstimmt, die in den Tagen des alten Reiches entstanden sind.«
    »Das verstehe ich sehr wohl, Herr. Ich hoffe, daß ich dem bereits Rechnung getragen habe. Das, wovon ich jetzt spreche, ist nichts weiter als ein Gefühl. Aber es ist, wenn ich es so ausdrücken darf, ein professionelles Gefühl. Und das ist zum Teil der Grund dafür, daß Ihr mich eingestellt habt, Herr.« DeWar suchte mit den Augen den Blick seines Anführers, um zu sehen, ob dieser überzeugt war, ob es ihm gelungen war, von der von ihm empfundenen Befürchtung zu übermitteln. Aber die Augen des Protektors waren immer noch zusammengezogen, eher erheitert als besorgt. DeWar rutschte voller Unbehagen auf der Steinbank herum. »Herr«, sagte er und beugte sich mit geschmerztem Gesicht näher zu seinem Gesprächspartner. »Neulich wurde mir von jemandem, dessen Meinung ich zu schätzen weiß, gesagt, daß ich unfähig sei, irgend etwas anderes zu sein als ein Leibwächter, daß ich in jedem meiner wachen Augenblicke, auch wenn ich eigentlich ausruhen sollte, mit der Überlegung beschäftigt bin, wie ich noch wirkungsvoller Schaden von Euch abwenden könnte.« Er holte tief Luft. »Was ich

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