Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Sicht war wolkig, aber alles war unleugbar näher.«
    Der junge Botschafter hörte ihm anscheinend gar nicht zu. »Das Teleskop ist ein faszinierendes Gerät… ein überaus faszinierendes Gerät, und dieses hier ist ein besonders feines Exemplar.« Er zog das Gerät etwa auf das Dreifache seiner kompakten Länge auseinander, dann hielt er es sich ans Auge und sah zuerst UrLeyn, dann die bemalten Paneele ringsum im Raum an. UrLeyn bekam allmählich den Eindruck, einen auswendig gelernten Text zu hören. »Hmm«, sagte der junge Botschafter und nickte. »Außerordentlich. Würdet Ihr es gern ausprobieren, Sire?« Er stand auf und hielt dem Protektor das Instrument hin, während dieser den Botschafter zu sich heranwinkte. Den ledernen Schutzzylinder des Instruments linkisch in der anderen Hand haltend, trat der Kapitän vor und streckte UrLeyn das für die Augen bestimmte Ende des Geräts hin, woraufhin dieser sich auf seinem Stuhl vorbeugte und es artig entgegennahm. Der Botschafter ließ das dickere Ende des Instruments los. Es drohte zu Boden zu fallen.
    »Oh, es ist schwer, nicht wahr?« sagte UrLeyn, der schnell die andere Hand ins Spiel brachte, um das Gerät zu retten. Er mußte beinahe aus dem Stuhl springen, um das Gleichgewicht zu halten, während er sich auf ein Knie zu dem jungen Kapitän herabließ; dieser wich einen Schritt zurück.
    Botschafter Oestriles Hand hielt plötzlich einen langen, dünnen Dolch, mit dem er nach oben ausholte und den er dann schwungvoll herabsausen ließ. UrLeyn sah dies in dem Augenblick, als sein Knie auf dem Podest aufkam und er schließlich das Seh-Stück erwischte. Mit vollen Händen, immer noch aus dem Gleichgewicht und unter dem anderen Mann kniend, wußte UrLeyn sofort, daß er nichts tun konnte, um den Hieb abzuwehren.
    Der Armbrustbolzen krachte in den Kopf des Botschafters Oestrile, nachdem er den hohen Kragen seiner Jacke gestreift hatte. Der Bolzen blieb im Schädel gleich über dem linken Ohr stecken, wobei der größte Teil herausragte. Wenn einer der beiden Männer die Zeit und die Neigung gehabt hätte zu sehen, hätten sie bemerkt, daß ein kleines Loch in dem Gemälde mit der Darstellung des geschäftigen Stadtplatzes erschienen war. Oestrile taumelte nach hinten, immer noch den Dolch umklammernd, und seine Füße rutschten auf dem polierten Holzboden aus. UrLeyn ließ sich gegen den Stuhl zurückfallen und legte beide Hände um das schmalere Ende des Teleskops.
    Er schwenkte es hinter sich, in der Absicht, es als Keule zu verwenden.
    Botschafter Oestrile stieß ein bellendes Gebrüll voller Schmerz und Wut aus, legte eine Hand an den Armbrustbolzen und umfaßte ihn, schüttelte den Kopf und warf sich dann wieder nach vorn auf UrLeyn, den Dolch voraus.
    Mit lautem Krachen brach DeWar durch das dünne Gipspaneel mit der Darstellung des Stadtplatzes. Eine Woge von Staub rollte über den glänzenden Boden, und Gipsbrocken flogen in alle Richtungen davon, während DeWar, das Schwert bereits gezogen, mit der Klinge geradewegs auf das Zwerchfell des Botschafters zielte. Die Klinge zerbrach. DeWars Schwung trug ihn weiter, so daß er seitlich gegen den Botschafter prallte. Immer noch brüllend, wurde der Botschafter mit einem Klatschen zu Boden geworfen, den Dolch schwingend. DeWar zog das zerbrochene Schwert weg, wirbelte zur Seite und zog ebenfalls seinen Dolch.
    UrLeyn hatte das schwere Teleskop fallengelassen und stand auf. Er zog ein kleines Messer aus seiner Jacke und suchte Schutz hinter dem hohen Stuhl. Oestrile taumelte rückwärts auf die Beine, den Armbrustbolzen immer noch im Schädel. Seine Stiefel rutschten haltsuchend über den polierten Boden, während er auf den Protektor zutaumelte. DeWar, barfuß, war bei ihm, bevor er einen halben Schritt unternommen hatte, huschte schnell hinter ihn, legte ihm eine Hand übers Gesicht und zog seinen Kopf zurück, wobei er dem Mann jeweils einen Finger in die Nasenlöcher und ein Auge gedrückt hatte. Botschafter Oestrile schrie, als DeWar mit dem Dolch die freiliegende Kehle des Mann aufschlitzte. Blut spritzte heraus und blubberte, während der Schrei erstickt wurde.
    Oestrile sackte auf die Knie, ließ endlich den Dolch fallen und stürzte dann seitlich auf den glänzenden Boden, wobei immer mehr Blut aus seinem Hals quoll.
    »Herr?« fragte DeWar UrLeyn atemlos, wobei er immer noch mit einem Auge den am Boden zuckenden Körper beobachtete. Ein Tumult wurde vor der Tür des Raumes laut. Man hörte dumpfe

Weitere Kostenlose Bücher