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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sagen will, ist folgendes: Wenn ich nur dafür lebe, Euch gegen jede Gefahr abzuschirmen, und an nichts anderes denken kann, auch wenn ich es wollte, um wie vieles mehr muß ich meine Befürchtungen wahrnehmen, wenn ich mich mitten im Herz meiner Pflichterfüllung befinde, so wie jetzt?«
    UrLeyn betrachtete ihn eine Zeitlang. »Ihr verlangt von mir, daß ich Eurem Mißtrauen traue.«
    »Jetzt hat der Protektor es besser ausgedrückt, als ich zu tun vermocht hätte.«
    UrLeyn lächelte. »Und warum sollte irgendeiner der Meeresgesellschaften überhaupt an meinem Tod gelegen sein?«
    DeWar senkte die Stimme noch mehr. »Weil Ihr mit dem Gedanken spielt, eine Marine aufzubauen.«
    »Tue ich das?« fragte UrLeyn, allem Anschein nach überrascht.
    »Tut ihr das etwa nicht, Herr?«
    »Warum sollte irgend jemand das annehmen?«
    »Ihr habt einen Teil des Königlichen Waldes dem Volk übereignet und neulich davon gesprochen, daß einiges vom älteren Baumbestand ausgedünnt werden könnte.«
    »Diese Bäume sind gefährlich.«
    »Sie sind gesund, Herr, und haben genau das richtige Alter und die Form für Schiffsbalken. Dann gibt es da das sogenannte Seemannsheim in Tyrsk, in Wirklichkeit eine Seefahrerschule, und…«
    »Genug! War ich so indiskret? Sind die Spione der Meeresgesellschaften so zahlreich und so aufmerksam?«
    »Und Ihr habt mit Haspidus und Xinkspar Gespräche darüber geführt, so kann ich mir vorstellen, wie der Wohlstand des einen und das Können des anderen bei der Bildung einer solchen Marine eingebracht werden könnten.«
    UrLeyn machte jetzt ein bestürztes Gesicht. »Davon wißt Ihr? Eure Lauscher müssen sehr weit reichen, DeWar.«
    »Ich höre nichts, von dem Ihr nicht annehmen könnt, daß ich es aufgrund schlichter Nähe höre, Herr. Was mir zu Ohren kommt, sind Gerüchte, ohne daß ich mich eigens darum bemühe. Das Volk ist nicht dumm, und Funktionäre haben ihre Spezialbegabungen, Herr, Bereiche, in denen sie besonders erfahren sind. Wenn ein Ex-Admiral zu Besuch kommt, dann geschieht dies nicht, so darf man getrost annehmen, um über die Züchtung besserer Lasttiere für die Durchquerung der Atemlosen Ebenen zu sprechen.«
    »Hmm«, sagte UrLeyn und blickte hinaus zu den Leuten, die um sie herum versammelt waren, ohne sie jedoch zu sehen. Er nickte. »Man kann die Jalousien in einem Bordell zuziehen, trotzdem wissen die Leute, was man tut.«
    »Genau, Herr.«
    UrLeyn schlug sich aufs Knie und stand auf. DeWar war als erster auf den Beinen. »Sehr wohl, DeWar, um Euch einen Gefallen zu tun, werden wir uns im bemalten Zimmer treffen. Und wir werden das Treffen in einem noch privateren Rahmen abhalten, als er es erbeten hat, nämlich nur ich und er. Ihr könnt uns belauschen. Seid Ihr zufrieden.«
    »Herr.«
     
    Flottenkapitän Oestrile, Botschafter der Meeresgesellschaft von Kepshafen, gekleidet in eine Schmuckversion einer nautischen Uniform, mit langen umgeschlagenen Stiefeln aus blauem Leder, Beinkleidern aus grauer Hechthaut und einem dicken Gehrock mit hohem Kragen in Aquamarinblau, abgesetzt mit Gold – alles gekrönt von einem Dreispitz, auf dem Engelsvogelfedern prangten –, trat gemächlich ins bemalte Zimmer im Palast von Vorifyr.
    Der Botschafter schritt über einen schmalen, aus Goldfäden gewirkten Teppich, der an einem kleinen Hocker endete, ein paar Schritte von der Vorderseite des anderen Einrichtungsstücks entfernt, der auf dem hochglänzenden Holzboden stand, nämlich ein kleiner Podest mit einem Stuhl oben drauf, auf dem der Erste Protektor, Oberster General und Großädil des Protektorats Tassasen saß, General UrLeyn.
    Der Botschafter nahm den Hut ab und vollführte eine kleine Verbeugung vor dem Protektor, der den Botschafter mit einer Handbewegung zum Hocker wies. Der Botschafter betrachtete den niedrigen Hocker eine Zeitlang, öffnete dann ein paar Knöpfe am unteren Rand seiner Jacke und nahm vorsichtig Platz, wobei er den extravagant gefiederten Hut zur einen Seite neben sich legte. Er trug keine offensichtlichen Waffen, nicht einmal ein Zeremonienschwert, obwohl um seinen Hals ein Gürtel war, der einen gedrungenen Zylinder aus poliertem Leder hielt, an einer Seite mit Knöpfen, an der anderen mit einer einem filigranen, goldgestanzten Muster verziert. Der Botschafter ließ den Blick über die Wände des Zimmers schweifen.
    Die Wände bestanden aus einer Reihe von bemalten Paneelen, die die verschiedenen Teile des Königreichs Tassasen darstellten: ein Wald voller

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